Der Fluch des Khan
er, als sie schlitternd zum Stehen kamen. Dann sprang er hinaus und suchte den Boden ab, bis er einen großen, flachen Stein fand. Er drehte kurz am Lenkrad, bis das Hinterrad wieder gerade stand, legte den Stein auf das Gaspedal und sprang zurück. Das gelbe Gefährt fuhr den Kiesweg entlang und verschwand leise surrend in der Nacht.
»Ein Jammer. Ich hatte mich grade an die Kiste gewöhnt«, grummelte Giordino, als sie die Böschung hinaufstiegen.
»Vielleicht kann ein Kamelhirt in der Gobi etwas damit anfangen.«
Oben angekommen, duckten sie sich hinter eine bröckelnde Mauer der ausgebrannten Bäckerei und spähten nach vorn, auf das unbebaute Grundstück. Korsows Wagen war nirgendwo zu sehen.
»Erinner mich dran, dass ich bei nächstbester Gelegenheit in aller Öffentlichkeit über den KGB herziehen wollte«, sagte Giordino.
Etwa eine halbe Meile entfernt sahen sie plötzlich rote Bremslichter aufleuchten.
»Hoffentlich ist das unser Mann«, sagte Pitt.
Die beiden verließen das Gemäuer und rannten zur Straße.
Sobald sie die Reifen auf dem Kies knirschen hörten, sprangen sie an den Straßenrand, zögerten aber kurz, als sich ein Auto mit ausgeschalteten Scheinwerfern aus der Dunkelheit löste. Es war der graue Toyota.
»Guten Abend, meine Herren.« Korsow grinste, als Pitt und Giordino in den Wagen stiegen. Er hatte eine Wodkafahne. »Ein erfolgreicher Ausflug?«
Hinter der Bäckerei sahen sie tanzendes Scheinwerferlicht, das den Hang herabfiel. Wortlos wendete Korsow den Wagen und gab Gas. Binnen weniger Minuten raste er durch Nebenstraßen in die Innenstadt, bis der Hintereingang des Hotels plötzlich vor ihnen auftauchte.
»Gute Nacht, meine Herren«, sagte Korsow mit leichtem Lallen. »Wir setzen uns morgen wieder zusammen. Dann können Sie mir Bericht erstatten.«
»Danke, Iwan«, sagte Pitt. »Fahren Sie vorsichtig.«
»Aber natürlich.«
Als Pitt die Tür zuschlug, schoss der Toyota davon und verschwand mit quietschenden Reifen um die nächste Ecke.
Giordino blieb stehen und deutete auf die andere Straßenseite.
Musik und Gelächter drang aus dem kleinen Café, in dem es auch zu später Stunde noch hoch herging.
Dann wandte er sich an Pitt und lächelte. »Ich glaube, ich habe noch ein Ablenkungsmanöver bei dir gut, Boss.«
19
T heresa saß im Arbeitszimmer und las mit geistesabwesendem Blick einen seismischen Bericht durch. Schwermut und Trauer, durchsetzt mit Wut, hatten das anfängliche Entsetzen über den brutalen Mord an Roy abgelöst. Er war für sie wie ein Bruder gewesen, und nur mühsam konnte sie sich mit seinem Tod in der Nacht zuvor abfinden. Zumal das Ganze noch schlimmer wurde, als kurz darauf Tatiana auf den Hof kam. Mit funkelndem Blick hatte sie Theresa gemustert und sie dann angeherrscht.
»Wenn du nicht parierst, wird es dir genauso ergehen!«
Danach hatte sie der Reiter, der Roy getötet hatte, auf ihr Zimmer geschleift, wo ein bewaffneter Posten auf sie aufpasste.
Von da an standen sie und Wofford unter ständiger Überwachung. Sie ließ den Blick zum Eingang des Arbeitszimmers schweifen, wo zwei Wärter standen und sie mit versteinerter Miene anstarrten. In ihrem leuchtend bunten
Del,
einer Seidentunika, wirkten sie gar nicht so grimmig, aber seit letzter Nacht wusste sie, dass es hervorragend ausgebildete Killer waren.
Wofford, der neben ihr saß und sein schmerzendes Bein auf einen Stuhl gelegt hatte, war in einen geologischen Bericht vertieft. Auch er war über Roys Tod schockiert gewesen, war allem Anschein nach aber rasch darüber hinweggekommen.
Wahrscheinlich nutzte er die Aufgabe, mit der er betraut war, jedoch nur dazu, um seine wahren Gefühle zu verbergen, vermutete Theresa.
»Vielleicht sollten wir einfach die Arbeit erledigen, die sie uns gegeben haben«, hatte er zu ihr gesagt. »Das könnte der einzige Grund sein, dass sie uns am Leben lassen.«
Möglicherweise hat er recht, dachte sie und konzentrierte sich wieder auf den Bericht, der vor ihr lag. Es war eine geologische Beurteilung eines großen Beckens in einer nicht näher gekennzeichneten Ebene. Spalten in Sand- und Kalksteinschichten waren von undurchlässigen Deckschichten aus Tonerde und Schiefer überlagert, die sich über das ganze Areal erstreckten.
Es waren genau die stratigraphischen Voraussetzungen, die auf unterirdische Erdölvorkommen hindeuteten.
»Die geologischen Verhältnisse sehen vielversprechend aus, wo immer das auch sein mag«, sagte sie zu Wofford.
»Schau es
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