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Der Fluch des Koenigs

Der Fluch des Koenigs

Titel: Der Fluch des Koenigs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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Träume verfolgte.
    Sie erwachte erneut, zitternd vor Kälte. Joesin hatte den Blick auf seine Hände gerichtet. Er riss ein grünes Stück Stoff in Fetzen und band es zu einem komplizierten Geflecht zusammen. Es sah aus wie ein Netz, geknüpft mit den geschickten Händen eines Fischersohns. Während er arbeitete, bewegten sich seine Lippen, als spräche er mit jemandem, doch kein Laut drang an Moas Ohren.
    Irgendwann glaubte sie zu spürten, wie Joesin seine Jacke aus Hirschleder über sie breitete. Oder hatte er das Netz über sie gespannt und sie gefangen? War sie verloren in einem unendlichen Flusslauf? Es gab nichts, woran sie sich festhalten konnte. Sie würde ertrinken.
    Unruhig warf sie sich hin und her, wimmerte im Schlaf und tastete nach Rettungsseilen, die es nicht gab.
     
    Ein einzelner, frecher Sonnenstrahl bahnte sich einen Weg durch die raschelnden Blätter der Bäume über ihr und kitzelte sie im Gesicht. Halb im Traum, halb erwachend, hob Moa eine Hand, um ihn zu verjagen.
    Wo war Gella, ihr Zofe, die ihr morgens den Tee brachte, das Bett aufschlug und ihr beim Ankleiden half? Sonst war das erste, das Moa hörte, Gellas Stimme, die fröhlich und unbeschwert ein Lied trällerte, um den Tag zu begrüßen. Alles, was nun an ihre Ohren drang, war ein leises Rauschen und Vogelstimmen überall um sie herum.
    Ungehalten versuchte Moa den störenden Sonnenstrahl zu vertreiben, doch sie hing an irgendetwas fest. Verwirrt öffnete sie die Augen. Da war etwas an ihrem Arm. Moa lächelte. Es war hübsch. Neugierig geworden, betrachtete sie es genauer - und stutzte.
    Ein schier unendlich fortlaufendes Muster ineinander verschlungener, grünschimmernder Seidenbänder, schmiegte sich um ihr Handgelenk. Es war wie ein flüssiges Schmuckstück. Fasziniert setzte Moa sich auf und folgte dem kunstvoll geflochtenen Band mit den Augen bis hinauf zu einer Astgabel. Joesins Hirschlederjacke rutschte von ihrem Rücken, doch die bemerkte es nicht.
    „Bei den tausend Flüssen!“
    Ungläubig starrte sie auf das Band, das einst Teil ihres Verlobungsgewandes gewesen war, und sie nun an den windgebogenen Baum hinter ihr fesselte. Man hätte es für ein edles Geschmeide halten können, wäre seine Funktion eine andere. Spöttisch glitzerte es in den Strahlen der aufgehenden Sonne.
    Moa sah sich nach Joesin um, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Sein Bündel lag außerhalb ihrer Reichweite im taunassen Gras. Er musste zumindest in der Nähe sein.
    „Mann von den Klippen!“
    Ihr wütender Ruf schnitt in den friedlichen Morgen und jagte einen Schwarm kleiner Vögel aus dem Schilf in den Himmel. „Klippenmann!“
    Sie starrte auf die Reihen der Schilfrohre, die sie von allen Seiten umgaben. Ihr war, als ob sie miteinander flüsterten und sie verhöhnten.
    Moa presste die Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen und blickte zurück zu der Unverschämtheit, die sich um ihr Handgelenk schlang. Als ob es nicht genug war, sie hungrig und durstig durch das Schilfmeer zu schleppen und sie auf dem Boden schlafen zu lassen, erdreistete sich dieser, dieser ... Narr auch noch, sie an einen Baum zu binden wie eine gemeine Gefangene.
    Wie besessen zerrte Moa mit den Fingern an der grünen Seide. Unter keinen Umständen würde sie es dulden, dass dieser Kerl sie wie eine Verbrecherin behandelte. Er war derjenige, der in den Kerker gehörte!
    Sie zog und riss an dem Seidenband, schob ihre Fingernägel zwischen die einzelnen Bänder und nahm schließlich sogar ihre Zähne zur Hilfe.
    Alles, was sie erreichte, war, dass sich die Seide noch fester zusammenzog.
    Moa schob sich blonde Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, nahm das Band an ihrem Handgelenk in beide Hände, und zog.
    Der Ast, um den es gewickelt war, neigte sich ihr zu. Sie konnte sehen, wie der knorrige Baum verbissen gegen die Misshandlung ankämpfte. Er war zäh und hart, er würde sich nicht einfach geschlagen geben. Entschlossen stemmte Moa sich mit ihrem gesamten Gewicht gegen das Seidenband.
    „Das ist zwecklos, Prinzessin.“
    Erschrocken fuhr sie herum und der Ast schnappte zurück. Die ruckartige Bewegung ließ Moa taumeln und brachte sie beinahe aus dem Gleichgewicht.
    Joesin war zwischen den Schilfrohren aufgetaucht. In seinen Kleidern und in dem dunklen Haar glitzerten Tautropfen. In der Hand hielt er zwei Rebhühner und ein Bündel Pflanzen mit dicken, gelblichen Knollen. Er hielt den Kopf leicht schräg, so als überlege er, ob er

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