Der Fluch des Koenigs
vorüber. Moa hätte sich gerne zu ihnen gesellt.
„Stimmt es“, fragte Aeshin ehrfurchtsvoll, „dass Joesin auf einem Greifen geritten ist?“
Moa musste lachen. „Oh ja. Durchaus. Ein ziemlich großer sogar.“
Das milderte Aeshins Trauer deutlich. Sie lächelte. „Dann hat er tatsächlich nicht gelogen.“
Moa runzelte die Stirn. „Was meinst du?“
Aeshin pflückte eine gelbe Rose von einem Strauch und verteilte die Blütenblätter auf dem Brunnenwasser. Die winzigen Goldfische schossen heran und zupften an den Blüten. „Als wir noch klein waren“, sagte sie und beobachtete die Fische, „erzählte uns eine alte Frau aus dem Fischerdorf die Geschichte der Greifen. Wollt Ihr sie hören, Prinzessin?“
Moas Hand glitt zu dem Staubdiamanten in ihrer Rocktasche. Sie nicken.
„Als die Welt noch jung war“, begann Aeshin, „war der Ozean der einzige Ort, an dem es Leben gab. Riesige Fischwesen durchzogen seine unendlichen Gewässer. Sie hatten wunderschöne Schuppen, die glänzten wie poliertes Silber. Einige von den Fischwesen schauten in den Nachthimmel und sehnten sich danach, die Leere zu füllen. Denn dort oben gab es nur den Mond und er war einsam. Die Fischwesen beschlossen, ihre nasse Heimat zu verlassen und krochen an den Strand. Als der Mond das sah, fragte er sie, weshalb sie an Land gekommen waren. Die Fischwesen sagten, sie hätten seine Einsamkeit bemerkt und ebenso wie die Leere des Himmels bei Nacht, betrübe sie dies. Aus Dankbarkeit für ihre Anteilnahme schenkte der Mond den Fischwesen Flügel und so wurden aus ihnen die ersten Greifen. Da gaben die Fischwesen ihre silbernen Schuppen auf und schenkten sie dem Nachthimmel. Seit dem gibt es Sterne. Und wo sie zu Boden fallen, werden sie zu Staubdiamanten.“
Die gelben Blütenblätter der Rose zogen langsame Bahnen auf dem Wasser. Die winzigen Fische hatten mittlerweile verstanden, dass sie nicht essbar waren. Moa schaute auf und sah Aeshin an. Sie schien weit fort zu sein.
„Das ist eine schöne Geschichte“, flüsterte Moa.
Aeshin lächelte und nickte. „Das fand Joesin auch. Er war regelrecht besessen von ihr. Er hat geschworen, einen Greifen zu finden und es scheint, als wäre ihm das gelungen.“ Aeshin sah Moa und in ihren hellblauen Augen sammelten sich Tränen. „Bei den Klippen“, flüsterte Aeshin. „Ich wünschte, Joesin wäre hier. Ich wünschte, er würde mich in den Arm nehmen und - “ Sie unterbrach sich und legte eine Hand über ihre Augen.
Ein seltsames Gefühl der Enge legte sich um Moas Herz. Fühlte sich so Eifersucht an? Sie drängte den Gedanken beiseite und beschloss stattdessen, das Thema zu wechseln.
„Weshalb ist Caruss so grausam?“, fragte sie nach einer Weile der Stille.
Aeshin sah auf und schnaubte. Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Brunnen. „Wenn ich diese Frage beantworten könnte, würden sie mich sicher in die Schule der Alchemisten einlassen.“ Sie wischte sich die letzten Tränen vom Gesicht und kreuzte sie Arme vor der Brust. „Ihr habt Caruss doch gesehen. Sein Geist entgleitet ihm. Das macht ihn unberechenbar.“ Aeshins Blick wurde finster. „Und es bereitet Dargaros wahnsinnigem Ehrgeiz den Weg.“
Bei der Erwähnung des Aschejägers zog Moa ihren Umhang fester um sich. „Er will die Krone“, sagte sie. „Er will mich benutzen, um den verdammten Thron zu besteigen.“
Aeshin hob eine Braue. „Prinzessin“, sagte sie mit gespieltem Entsetzen. „Ihr flucht?“ Doch dann wurde sie wieder ernst. „Hat Dargaros das tatsächlich gesagt?“, fragte sie.
„Ich denke“, setzte Moa an und schüttelte den Kopf. Sie konnte noch immer nicht glauben, was der Aschejäger sich herausgenommen hatte. „Ich denke, er hat mir einen Antrag gemacht oder zumindest etwas, das er dafür hält. Er will alles, einfach alles in seiner Gewalt haben. Die Burg, die Aschewesen, das Land, mich ...“
„Oh ja.“ Auf Aeshins Gesicht zeigte sich unverhohlener Hass. „Die übrigen Reiche, die Klippen und den Oberbefehl über das Heer nicht zu vergessen.“ Sie ballte die Hände zu Fäusten. Wilder Kampfgeist loderte hell in ihren Augen auf. Aeshin schlug mit der Faust auf den Rand des Brunnens. „Aber Dargaros wird den Thron nie besteigen! Die Krone gehört rechtmäßig dem Prinzen.“
„Alawas?“, fragte Moa zweifelnd. Der Gedanke an den schwachsinnigen Thronfolger weckte in ihr nicht gerade Hoffnung auf Besserung.
„Hmpf“, machte Aeshin nur und es klang ziemlich
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