Der Fluch des Lono (German Edition)
»Ist sowieso nur Blödsinn«, sagte er. »Wir leben vom Lügen, aber wir sind anständige Menschen.«
Er beugte sich über die Theke und schüttelte dem Barkeeper die Hand. Der war froh, dass wir abzogen. Auf dem Weg in die Lobby reichte mir Skinner eine Kopie des Marathon-Terminplans und erklärte mir, wir träfen uns dann auf der Party. Er winkte mir aufgekratzt zu und signalisierte dem Hotelboy, er solle seinen Wagen vorfahren.
Fünf Minuten später, während ich immer noch auf den Fahrstuhl wartete, hörte ich kurz das fiese metallische Röhren des GTO draußen in der Auffahrt, dann verhallte der Lärm im Regen. Der Fahrstuhl kam und ich drückte den Knopf fürs oberste Stockwerk.
ER WAR KEINER VON UNS
Ralph wurde von einer älteren Japanerin massiert, als seine Frau mich in die Suite einließ. Seine achtjährige Tocchter starrte grollend auf den Fernseher.
»Du darfst ihn jetzt nicht aufregen««, warnte mich Anna. »Er glaubt, dass seine Wirbelsäule gebrochen ist.«
Ralph war im Schlafzimmer, lag ausgestreckt auf einem Gummilaken und stöhnte erbärmlich, während die Alte seinen Rücken malträtierte. Auf der Anrichte stand eine Flasche Glenfiddich und ich goss mir einen Drink ein. »Wer war dieser fiese Schlägertyp, den du mir in der Lounge vorgestellt hast?«, fragte er.
»Das war Skinner«, erklärte ich. »Unser Kontaktmann für den Marathonlauf.«
»Was?«, rief er. »Bist du wahnsinnig? Der Mann ist drogensüchtig! Hast du nicht gehört, was er zu mir gesagt hat?«
»Worüber?«
»Du hast ihn doch gehört!«, schrie er mich an. »Der Weiße Tod!«
»Du hättest ihm was anbieten sollen«, sagte ich. »Du warst unhöflich.«
»Es war deine Schuld«, zischte er. »Du hast ihn überhaupt erst auf die Idee gebracht.« Er fiel aufs Gummituch zurück, verdrehte die Augen und bleckte die Zähne, von krampfartigen Schmerzen gepeinigt. »Zum Teufel mit dir«, ächzte er. »Deine Freunde sind alle krank, und jetzt hast du auch noch einen verdammten Drogensüchtigen aufgesammelt!«
»Beruhige dich, Ralph«, sagte ich. »Hier sind alle drogensüchtig. Wir können von Glück sagen, dass wir einen von den Guten getroffen haben. Skinner ist ein alter Freund. Er ist der offizielle Fotograf.«
»O mein Gott«, seufzte er. »Ich hab geahnt, dass es so kommen würde.«
Ich warf einen Blick über die Schulter, ob seine Frau uns zusah, dann schlug ich ihm hart gegen die Schläfe, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Er brach auf dem Bett zusammen … und in eben diesem Moment kam Anna ins Zimmer. Auf einem Flechttablett brachte sie ein paar Tassen und eine Kanne Tee, die sie beim Zimmerservice bestellt hatte.
Der Tee beruhigte ihn und schon bald redeten wir wieder ganz normal miteinander. Der 12 000-Meilen-Trip von London war eine entsetzliche Tortur gewesen. Seine Frau hatte bereits in Anchorage versucht, das Flugzeug zu verlassen, und seine Tochter hatte während der gesamten Reise unaufhörlich geweint. Beim Anflug auf Honolulu war die Maschine zweimal vom Blitz getroffen worden, und eine massige schwarze Frau aus Fiji, die neben ihnen saß, hatte einen epileptischen Anfall erlitten.
Nachdem sie endlich gelandet waren, erfuhr er, dass unterwegs sein Gepäck verloren gegangen war, und der
Taxifahrer verlangte für die Fahrt zum Hotel 25 Pfund. Im Hotel nahm ihm der Mann an der Rezeption die Pässe ab, weil er kein amerikanisches Geld bei sich hatte. Der Hotelmanager legte den Rest seiner englischen Pfunde zur Sicherheit in den Safe, gestattete ihm jedoch, gegen eine Unterschrift die Schnorchelausrüstung an der Surferbude bei der Ho Ho Lounge auszuleihen.
Zu diesem Zeitpunkt habe er sich verzweifelt nach einem Rückzugsort gesehnt, erklärte er, wollte nur noch allein sein und sich im Meer entspannen … also zog er seine Schwimmflossen an und paddelte hinaus zum Riff, wo ihn dann die Welle mitriss und auf eine schartige Korallenbank schleuderte, die ihm den Rücken aufriss und ein Loch in die Wirbelsäule stanzte. Wie ein ertrunkenes Tier wurde er schließlich an den Strand geschwemmt.
»Fremde Menschen schleppten mich in eine Art Hütte«, sagte er. »Dort haben sie mich mit Adrenalin vollgepumpt. Irgendwann hatten sie mich so weit, dass ich eigenständig zur Lobby zurückgehen konnte, und als ich dort anlangte, war ich schweißüberströmt und schrie wie am Spieß. Man musste mir ein Beruhigungsmittel verabreichen und mich im Dienstaufzug nach oben bringen.«
Nur ein Anruf bei Wilbur und
Weitere Kostenlose Bücher