Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
in Arithons grüne Iris. Obwohl er einen Kopf größer und doppelt so muskulös war, ging der Barbar nicht das Risiko ein, nach seinem Dolch zu greifen; die Klinge an seinem Hals war einfach zu ruhig.
    »Sei nicht dumm«, sagte Arithon. Er betrachtete seinen schwergewichtigen Gegner mit einem Ausdruck unerbittlicher Härte. »Bei der Liebe der Frau, die dich geboren hat, fordere ich dich auf, nachzudenken. Überlege dir, warum ich etwas tue, und dann alles aufs Spiel setze, was ich erreicht habe.« Sehr langsam zog er das Schwert zurück und ließ es mit der Spitze zuerst zwischen die Schnürstiefel seines Gefangenen fallen.
    Der Stahl bohrte sich durch den Schnee und blieb bebend stecken. Gleich einer gefahrvollen Herausforderung zum Kampf glänzten die silbernen Intarsien in dem grauen Stahl. Mühsam unterdrückte der Barbar seinen Zorn. Für einen Moment war nur das Heulen des Windes zu hören. Feuchter Schnee wirbelte durch die Luft, und von den Fingern einer schwieligen Hand tropfte Blut auf den Boden. Der rauchdunkle Stahl steckte noch immer unberührt inmitten der scharlachroten Blutflecken im Schnee. Dann, als stünde ihm nichts weiter im Wege, verzog der Barbar die Lippen zu einem unheilverkündenden und humorlosen Lächeln. »Beweg dich, und du bist tot«, erklärte er Arithon. »Hinter dir stehen sechs meiner Leute, und jeder von ihnen ist bewaffnet.«
    Arithon fühlte ein unangenehmes Kribbeln an seiner Lendenwirbelsäule. Doch nicht einmal solchermaßen in die Enge getrieben, ließ er sich in seiner selbstzufriedenen Haltung erschüttern. »Ihr erwartet von mir, daß ich mich zweimal ergebe?«
    Die selbstverständliche Klarheit seiner Sprache brachte Bewegung in die Meute, die ihn gestellt hatte.
    Nur der Bogenschütze rührte sich nicht. »Schnappt euch den Aufschneider«, kommandierte er barsch.
    »Grithen, du irrst dich«, protestierte jemand; die Stimme klang weiblich. »Dieser Bursche ist ganz bestimmt kein Städter.«
    »So?« entgegnete der Rädelsführer verärgert. »Siehst du denn irgendein Clankennzeichen bei diesem Bastard? Einen Akzent kann man lernen. Und falls dieser Mann doch aus einem Clan stammt und gemeinsame Sache mit den Stadtregenten macht, dann hätte er die Stadt besser nicht verlassen sollen.«
    In dem unangenehm kräftigen Wind blickte Arithon Grithen gelassen an. »Und wenn ich weder das eine noch das andere bin?« Sein nichtssagender Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »Was dann?«
    »Nun, wem auch immer deine tollkühne Haut etwas wert ist, er wird uns einen stattlichen Preis dafür zu bezahlen haben.« Mit der Linken winkte Grithen seinen Leuten zu, und dieses Mal folgten sie seiner Anweisung.
    Arithon wurde mit dem Gesicht voran zu Boden gestoßen. Hände durchsuchten seine Kleider nach Waffen, fanden keine und fesselten ihn schmerzhaft gründlich. Arithon drehte den Kopf zur Seite. »Bei allen Qualen von Sithaer!« rief er, und seine Stimme troff geradezu vor Hohn. »Hätte ich einen Kampf gewollt, hätte ich dann nicht mehr als nur die Bogensehne mit meinem Dolch getroffen?«
    »Warum hast du dich dann überhaupt erst versteckt?« Streitsüchtig wie ein Wolf forderte Grithen Tribut für die zuvor erlittene Schmach. »Bindet ihn.«
    Auf die Füße gezerrt beobachtete Arithon mit seemännischem Blick, wie die Kundschafter ihre groben Lederbänder dazu nutzten, seine Handgelenke zu verschnüren. Dann wandte er den Blick ab, spuckte das Blut aus seiner aufgeplatzten Lippe aus und erduldete die Erniedrigung, während die Clanmitglieder weitere Lederstricke um seine Fußgelenke wickelten. Noch einmal wandte er sich in ätzendem Tonfall an Grithen: »Der Kern des Problems lautet: Habe ich nun aus Torheit oder aus einer Absicht heraus gehandelt? Besser, du findest das heraus und zwar schnell.«
    Weiter unten auf dem Weg hatten Asandir und die anderen ihre streunenden Tiere erfolgreich wieder eingefangen und machten sich nun mit offensichtlicher Eile und Sorge erneut auf, den Paß hinaufzureiten. Obwohl niemand sie zu beobachten schien, wurde doch jeder ihrer Schritte zur Kenntnis genommen.
    »Nimm an, ich hätte einen Begleiter, der zu stolz ist, sich einer Bedrohung zu unterwerfen.« Scharf blickte Arithon den Mann an, der mit gerunzelter Stirn das Blut von seinem Wams wischte. »Sagen wir, mein Freund hätte keine Angst vor der Gefahr und würde Euch zwingen, ihn gewaltsam zu überwältigen. Das könnte ein hoher Preis sein, denn seine Haut ist wahrhaft unsagbar

Weitere Kostenlose Bücher