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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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»Bei Ath, er ist von königlichem Geblüt, und wer sonst sollte sein Sprecher sein als der Königsmacher persönlich, Asandir?«
    Wie vom Donner gerührt sah Lysaer, wie Asandir mit einem knappen Nicken antwortete. »Wenigstens eine unter Euch erinnert sich der Traditionen. Ich bringe Euch Prinz Lysaer, Teir’s’Ilessid, Sproß der Hohekönige von Tysan und durch das Erbe seines Geschlechtes Euer oberster Herrscher.«
    Plötzlich schien der Schnee zu weiß, die Luft zu schmerzlich dünn und zu kalt zu sein, sie zu atmen; vollkommen verblüfft stand Lysaer bewegungslos da, als wäre er paralysiert.
    Der Anführer der Räuberbande verlor seine Rüpelhaftigkeit und wurde aschfahl. Er war der erste, der zutiefst betroffen demütig und mit weichen Knien zurücktrat. »Gnädiger Ath, wie hätte ich das wissen sollen?« Mit der Spitze voran trieb er Arithons Schwert zu Lysaers Füßen in den Schnee und fiel auf die Knie. »Mein Gebieter«, sagte er entschuldigend mit erstickter Stimme. »Ich übergebe mich und meine Leute Eurer Gnade.«
    »Wenigstens sind Euch die Anstandsregeln Eurer Vorväter noch geläufig, Grithen, Sohn des Tane.« Asandirs kühler Blick glitt über die Barbaren hinweg, die sie in einem verwirrten, ungleichmäßigen Kreis ehemaliger Angreifer umgaben und langsam ihre Bogen und Speere senkten, ehe sie alle ihre Waffen zu Boden fallen ließen und sich in Bewegung setzten. Nacheinander sanken alle Kundschafter in die Knie, bis schließlich nur noch Asandir und ein vollkommen verblüffter Lysaer aufrecht standen.
    Einige Herzschläge lang rührte sich außer dem vom Wind herumgewirbelten Schnee nichts auf der ausgedehnten Hochebene, und der zurückgekehrte Erbe des Königreiches Tysan vermochte nur vermittels seines geübten königlichen Stolzes, ruhig stehenzubleiben.
    Dann, durch Asandirs aufmunterndes Lächeln ermutigt, wurde er sich wieder seiner Führungsmentalität bewußt. »Bring meinen Halbbruder zurück auf sicheren Boden und befreit ihn«, befahl er.
    Hastig sprangen einige der Kundschafter auf, verschreckt durch die Bemerkung, daß auch ihr Gefangener von königlichem Geblüt war. Lysaer zeigte sich wenig gnädig angesichts ihrer Bestürzung. Statt dessen ergriff er Arithons Schwert. »Du«, sagte er kalt und legte die Klinge auf Grithens Nacken. »Die Stadtregenten mögen Erdane beherrschen, und dennoch darf die Ehre nicht vergessen werden. Du wirst auf deinen Knien bleiben, bis mein Halbbruder sicher an meiner Seite ist. Dann werde ich dein Schicksal in Asandirs Hände legen, da mein Zorn mein Urteilsvermögen trüben könnte.«
    »Das wird nicht notwendig sein«, unterbrach der Zauberer. »Die Bruderschaft der Sieben richtet nicht über Menschen, aber Maenalle, Dienerin von Tysan, wird diese Aufgabe ehrenvoll bewältigen. Sie ist die Richtige, hat sie doch das königliche Recht in Abwesenheit ihres Gebieters in den letzten zwei Dekaden mit großem Geschick angewandt.«
    Frierend in seinen von schmelzendem Eis verkrusteten engen Hosen, beschämt von dem Stahl, der ihm den letzten Rest seiner Würde raubte, ergab sich Grithen wortlos seinem Schicksal. Wenn der Prinz zu s’Ilessid verärgert war, ob der groben Vorgehensweise seiner Mannen, dann würde Maenalle gedemütigt sein. Grithen wußte ohne Zweifel, daß ihr Urteil seinen Ruin bedeuten würde. Auch konnte er sich keine Unterstützung durch den Clanältesten, Tashan, Herzog von Taerlin erhoffen, hatte dieser doch seinem Vorhaben von Anfang an kritisch gegenübergestanden. Sicher hatte der alte Fuchs gewußt, daß ein Zauberer auf dem Paß unterwegs war, dachte Grithen. Wahrscheinlich wußte inzwischen jeder in der Umgebung des Passes von Asandirs Reisegruppe.
    Während ihn seine schmerzhaft krampfenden Muskeln und das drohende Urteil zum Schweigen verdammten, verfluchte Grithen im Stillen sein unglückliches Los. Angesichts Maenalles Unerbittlichkeit würde es ihn nicht im mindesten verwundern, wenn er wegen dieses fehlgeschlagenen Raubzuges von seinem Erbe ausgeschlossen würde.

 
Ankunft
     
    Obwohl Asandir darauf bestanden hatte, daß Grithen niemanden voraussandte, um die Nachricht von der Ankunft des Prinzen Lysaer und seiner Begleiter zu überbringen, wurden sie doch am Eingang des Tales von Maenalle selbst willkommen geheißen. Gemeinsam mit einer berittenen Eskorte nahm sie die Reisenden feierlich in Empfang.
    Zwar war der Sturm vorüber, und die Wolken verzogen sich allmählich, doch der Nebel hing noch immer über dem Land.

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