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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Wegetransfers hatte ruhighalten sollen, hatte er sich die Schulter ausgerenkt, und wenn Sethvir seine Gewohnheiten nicht grundlegend geändert hatte, dann dürfte er im Althainturm unter großem Mangel an alkoholischen Getränken leiden, auch wenn es sich um einen medizinischen Notfall handelte.
     
    Der magische Schlaf, den Asandir ihnen verabreicht hatte, verlief für Arithon nicht ungestört. Erst durchströmte ihn der Energiefluß, dann reagierte seine geschulte Empfindsamkeit trotz des Schleiers der Bewußtlosigkeit auf die kreisförmige Ausstrahlung des Zaubers. Seine Reflexe veranlaßten seine Wahrnehmung, die Quelle dieser Strahlung zu suchen. Allmählich vernebelten sich die Vibrationen, denen sein Geist folgte, und er durchstreifte eine Landschaft, als träumte er und träumte doch nicht.
    Auch im Schlaf erkannte ein Teil von ihm, daß die Energie, die ihn in diese Vision hineinzog, nicht seiner Phantasie entsprungen, sondern wirklich, gefährlich und so erbarmungslos wie die Klinge eines Schwertes war.
    Arithon glitt durch Reetgrasbüschel, durch stille, morastige Gewässer, die keine kleinen Tümpel waren, sondern eine ausgedehnte Wasserwüste, durch die sich kreuz und quer die Überreste alter Mauern zogen. Der Nebel und die kalte Nachtluft waren erfüllt von den Ausdünstungen verrottender Pflanzen. Kein Stern war am Himmel zu sehen, aber über dem dahintreibenden Nebel erkannte er sanft glimmende Bannglyphen, äußerst fahle, doch messerscharfe Zeichen, deren Kräfte sich zu einem Netz verflochten. In der Tiefe aber brodelte es; im Sumpf schossen Schlangen hervor und tauchten wieder ab, giftige Schlangen mit spitzen Fangzähnen, die von einer bewegungslosen Gestalt in rostbrauner Kleidung bewacht wurden. Aufgeschreckt, als hätte er Schritte gehört, in einer Gegend, die zu betreten kein Mann wagen dürfte, blickte der Wächter ruckartig auf.
    Die Vision wurde verzerrt, als die Augen des Wächters auf die Wahrnehmung des Träumers trafen; dann wurde der Morast aufgewirbelt, und ein hochgelegenes Turmzimmer erschien, dessen Wände vollends hinter ledergebundenen Büchern verschwanden. In der Mitte des Raumes stand ein Ebenholztisch, auf dem sternengleich das Licht in einer Kohlenpfanne aufglühte. In der Umgebung dieser Machtkonzentration benutzte er die Energiesignatur Asandirs und die wirre Widersprüchlichkeit des Wahnsinnigen Propheten. Außerdem war hoch ein dritter Magier anwesend, der auf sonderbare Weise im Schatten der gespreizten Flügel eines Raben kauerte. In diesem Moment fühlte Arithon, wie seine Wahrnehmung von einer unfaßbaren Freundlichkeit umfangen wurde, und die Vision konzentrierte sich auf das Gesicht eines vierten Magiers, der bei den anderen saß.
    Das Gesicht mit der kleinen Stupsnase hatte eine runzlige Haut, die an altes Pergament erinnerte, und drückte eine großväterliche Güte aus, während das wollige, weiße Haar und der wirre Bart, der dringend nach Pflege verlangte, der Gestalt einen Hauch von Zerbrechlichkeit verliehen. Der Eindruck infantiler Senilität entpuppte sich als trügerisch. Halbverborgen unter den buschigen Brauen spiegelten seine grüngrauen Augen alles Wissen der Schöpfung wieder.
    »Teir’s’Ffalenn«, sprach eine Stimme, die gleich dem sonoren Klang eines Gongs durch Arithons Geist hallte.
    Der Herr der Schatten erwachte. Seine Augen öffneten sich, und er fand sich in einem Zimmer mit roten Teppichen und einem wärmenden Kaminfeuer wieder. Von einem eisernen Haken in Form eines Drachen baumelte ein Kessel herab. Ganz in der Nähe des Kamins stand ein Marmortisch, auf dem jedoch kein Porzellangeschirr, sondern nur eine Teedose zu sehen war, die irgend jemand gedankenloser Weise offen zurückgelassen hatte.
    Arithon blinzelte. Ohne recht zu wissen, wo er sich befand, bewegte er sich mit großer Umsicht. Dann erinnerte er sich an Asandirs verzauberten Trank. Sollte während seines Schlafes von dem Kraftkreis aus ein Ortswechsel erfolgt sein, so mußte er sich jetzt im Althainturm befinden. Er lag auf einer Pritsche unter warmen Decken. Seine Stiefel waren ihm ausgezogen worden, ebenso seine Tunika, sein Gürtel und seine Kniehosen. Das noch immer regennasse Hemd klebte an seinem Leib. Mühsam unterdrückte er einen Fluch und sah sich nach seinen Kleidern um. Er entdeckte sie auf einem Stuhl, gleich neben einem reparaturbedürftigen Zaumzeug und einer Rolle gewachsten Garnes. Aus einem kostbaren, samtenen Sitzkissen ragte respektlos eine Nähahle

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