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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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hervor. Sein Schwert, von der durchnäßten Scheide befreit und frisch eingeölt, lehnte an einem Tisch, auf dem sich unzählige Bücher stapelten, von denen manche aufgeschlagen mit dem Einband nach oben abgelegt worden waren. Andere waren voller Eselsohren, wieder andere hatten Risse im Pergament, und bei einigen war ein ausgefranster Bindfaden anstelle eines Lesezeichens zu sehen. In einem von Wachstropfen überzogenen, edlen, silbernen Kerzenhalter steckten die Überreste einer einstmals großen Kerze, und in jedem freien Winkel standen abgenutzte Teebecher, gebrauchte Teelöffel und Tintenfässer in allen nur denkbaren Größen.
    Geborgen inmitten eichengetäfelter Wände und von den Jahren gebleichter Gobelins, lud der Hauch friedlicher Unordnung den müden Reisenden förmlich ein, sich zu entspannen und zu ruhen. Unter dem Einfluß des brennenden, unbewußten Schmerzes, der sich in der Nähe eines donnernden Stromes der Macht bemerkbar machte, fühlte sich Arithon jedoch wie eine Katze in einem zugeschnürten Sack. Lysaer lag zufrieden zusammengerollt auf der Pritsche neben ihm. Trotzdem warf Arithon die Decken von sich, stand auf und zog seine nassen Kleider an. Da er seine Stiefel nirgends finden konnte, überquerte er den dicken Teppich barfuß und öffnete die einzige Tür des Zimmers, die aus schweren, eisenbeschlagenen Eichenbohlen bestand. Das von Fackeln beleuchtete Treppenhaus hinter der Tür zeigte deutlich, daß der Althainturm einst als Wehrturm erbaut worden war. Eisiger Wind drang durch die Schießscharten in den Wänden an seine Haut, als Arithon hinaustrat und die Tür leise hinter sich schloß. Nach einem kurzen Moment der Konzentration erkannte er, daß die Quelle der Macht sich über ihm befinden mußte. Über die ausgetretenen Steinstufen gelangte er ins oberste Stockwerk. Dort stieß er auf eine schmucklose Tür. Riegel und Klinke waren aus Eisen geschmiedet und fühlten sich eisig an, als er sie berührte und die Tür öffnete.
    Drinnen sah er den runden, von Büchern gesäumten Raum seines Traumes vor sich. Der Tisch stand auf Ebenholzbeinen, in die Khadrimabbildungen geschnitzt waren. Dort saßen Dakar, Asandir und ein schwarzgekleideter Fremder. Ihnen gegenüber saß ein weiterer Mann in einer kastanienbraunen Robe, deren Ärmel in einem ausgefransten Flechtsaum endeten. Er war weder groß noch stattlich, doch seine Präsenz strahlte die festverwurzelte Standhaftigkeit einer sturmgeprüften Eiche aus, und sein Gesicht und seine Augen glichen denen des Zauberers, der ihn bei seinem Titel gerufen und geweckt hatte.
    »Arithon von Rathain?« sagte Sethvir, der Hüter des Althainturms, freundlich. »Tretet ein und seid uns willkommen.«
    Erstaunt drehte Dakar sich um. »Ihr solltet tief schlafen. Nicht einmal Träume dürften an Euer Bewußtsein dringen«, rief er dem Herrn der Schatten zu, als dieser den Raum betrat.
    »Wie sollte ich denn?« Arithon war sich der Tatsache bewußt, daß alle Augen, ganz besonders die des schwarzgekleideten Fremden, auf ihn gerichtet waren, als er sich einen leeren Stuhl nahm und sich setzte. Er legte seine Hände auf die Tischkante und achtete sorgsam darauf, nicht direkt in die Kohlenpfanne zu blicken. Eher einem Funken als einer natürlichen Flamme gleich, erzeugte das blauweiße Licht messerscharfe, bewegungslose Schatten, doch es strahlte keinerlei Hitze aus, denn seine Quelle lag in der Kraft des Dritten Weges. Arithon wandte sich noch einmal an Dakar: »Könntet Ihr etwa im Bett liegen, während eine solch gewaltige Erdenkraft direkt über Eurem Kopf erstrahlt?«
    Nun drehte er sich zu Sethvir um. »Ich kam, um meine Hilfe anzubieten, falls es Euch genehm ist.«
    Mit der typischen Miene eines sorgenzerfurchten alten Mannes antwortete der Hüter des Althainturmes: »Wir können nicht abstreiten, daß es uns an Helfern mangelt, aber Ihr müßt Euch der Gefahr bewußt sein.« Trotz seiner Sanftmut war der Blick, mit dem er Arithon nun beäugte, auf eine nervenzerreibende Art subtil und forschend.
    Bis ins tiefste Innere durchschaut, empfand Arithon eine Berührung, zu flüchtig, um bedrohlich zu sein. Dennoch quälte ihn das Bild, das sie in ihm hervorrief: Die Schlange, die ihm zunächst nur in seinem Traum erschienen war, kehrte nun mit Tausenden von Artgenossen zurück, die alle über eine gierige Intelligenz und ein Gift, schlimmer als alles, was die Natur je hervorgebracht hatte, verfugten. Im Schutze des Althainturmes fühlte Arithon die

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