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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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zu widmen, unterließ er sein übliches Gehabe und ging zu einer Truhe hinüber, aus der er Arithons Kleider zog. Stiefel, Hose, Umhang und schließlich auch das Schwert, das noch immer ungeschützt neben dem Tisch gestanden hatte, landeten ungeordnet auf einem Haufen. »War da nicht auch eine Scheide dabei?«
    Lysaer zog die Schwertscheide des Herrn der Schatten von dem Stuhl, auf dem sie die ganze Zeit über gut sichtbar gelegen hatte, und übergab sie Dakar kommentarlos.
    Dennoch mürrisch legte Dakar den Kleiderstapel auf Arithons Reisetruhe. Dann schob er das Schwert in die Scheide und verkündete: »Ich habe schließlich genug Probleme, wie zum Beispiel Euren anverwandten Bastard die Treppe fünf Stockwerke weit hinunterzuschleppen.«
    »Halbbruder«, korrigierte ihn Lysaer. Angesichts des flehentlichen Blickes des Wahnsinnigen Propheten nahm Lysaer seine Waffen und seinen Umhang von einem Regal. »Ich bin aber nicht mehr so schlaftrunken, daß ich nicht wüßte, daß wir uns lediglich vier Stockwerke über der Erde befinden.«
    Verblüfft entgegnete Dakar: »Ich kann durchaus richtig zählen, wenn ich nüchtern bin. Wir werden den Turm nicht durch das Tor verlassen. Sethvir hat im Kerker einen Zugang zu der Macht des Dritten Weges, und Asandir hat es eilig.«
    Lysaer war dabei, seinen Waffengürtel anzulegen, doch nun stoppte er mitten in der Bewegung. Dank Sethvirs Kartensammlung war er inzwischen mit der Geographie Atheras vertraut, und die Distanz, die es zu bewältigen galt, betrug weit über zweihundert Wegstunden, von denen ein ansehnlicher Teil über das offene Meer führte. »Dann werden wir also auf magische Weise zum Ödland von Daon Ramon reisen?«
    Dakar lächelte. Sein vertrotteltes Gesicht spiegelte reine Unschuld wieder. »Ihr werdet wahre Wunder erleben. Das heißt, soweit Ihr nicht die Orientierung und Euer Frühstück unterwegs verliert. Ich persönlich finde die magische Reise über die Breitengrade beinahe ebenso unangenehm wie die Seefahrt. Andererseits versucht mein Magen bereits in der Badewanne, seekrank zu werden.« Eine letzte Inspektion ergab, daß er nichts Unverzichtbares aus Arithons Habe vergessen hatte, also machte sich der Wahnsinnige Prophet daran, sowohl die Kleider, als auch den Herrn der Schatten ganz sachlich in die Decken zu wickeln, auf denen er schlief.
    Als sich Lysaer am Fußende des Bettes aufstellte, weil er helfen wollte, den so eingepackten Körper zu heben, erklärte Dakar in vertraulichem Tonfall: »Unser Junge hier wird höllisch wütend sein, wenn er aufwacht.« Eine Pause trat ein, als Prophet und Prinz den Schlafenden hoben und sich durch Sethvirs Unordnung einen Weg zur Tür bahnten. Dakar schob die Tür mit dem Ellbogen auf, trat rückwärts hindurch und begann munter mit dem Abstieg. »Sogar ganz furchtbar wütend.«
    »Hat das etwas mit Asandirs plötzlicher Eile zu tun?« fragte Lysaer in der Hoffnung, dem Wahnsinnigen Propheten brauchbare Informationen zu entlocken.
    »Nur damit.« Dakar grinste und gab sich geradezu pervers verschwiegen. »Euer Halbbruder wird wahnsinnig vor Zorn sein.«
    Lysaer korrigierte seinen Griff um die Decken, die äußerst unpraktisch waren, soweit es darum ging, einen komatösen Leib die Treppe hinunter zu tragen. Nach dem ersten Treppenabsatz fühlte er einen unangenehmen Luftzug an den Schultern. Irgendwo klapperte ein loser Fensterladen im Wind. Durch die steilen Stufen verzögerte sich ihre Konversation, bis Dakar um eine Ecke ging und etwas sah, daß seine blasierte Selbstgefälligkeit verlöschen ließ.
    Gefangen am oberen Ende dieser prekären und unhandlichen Last, erkannte Lysaer peinlich berührt, daß Sethvir auf dem Treppenabsatz stand. Zur Abwechslung waren seine weiten Ärmel einmal frei von Staub.
    Der Anblick des Teir’s’Ffalenn, eingewickelt in sein Bettzeug, veranlaßte den Hüter des Althainturmes zu blinzeln wie eine Eule im Sonnenlicht. »Mußtet ihr ihn denn zusammenschnüren wie Diebesgut in einem Teppich?«
    »Tragt ihn doch das nächste Mal selber«, konterte der Wahnsinnige Prophet keuchend.
    Sethvir eilte ihnen voran durch den Korridor, und sein kastanienbrauner Mantel flatterte um seine Füße, die nackt in lächerlich überdimensionierten Fellstiefeln steckten. Seine Antwort schallte zu ihnen zurück, und sie klang wie die eines Einsiedlers im Selbstgespräch. »Teirain’s’Ffalenn sind durchaus fähig, ihnen widerfahrenes Unrecht selbst zu richten, und dieser wohl mehr als die meisten

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