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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Dinge geschehen, seit ich Etarra verlassen habe?«
    »Viele.« Nebel drang durch die Tür herein, als Quen mit einem dampfenden Päckchen zurückkehrte. Während die Fackeln im Dunst zischten und Funken versprühten, deutete Morriel auf das Faß. »Bring dein Essen mit, während du das Wasser studierst. Ich möchte, daß du auf dem neuesten Stand der Ereignisse bist, damit du verstehst, wie wichtig der Anlaß war, dich herbeizurufen.«
    Quen zu danken, hätte bedeutet, sich der Peinlichkeit unterwürfiger Dankbarkeit zu ergeben. Elaira tätschelte nur seine rissige Hand und nahm das Essen, halb mitleidig, für den Fall, daß sein kriecherisches Benehmen die Oberste Zauberin erzürnen sollte. Doch Quen senkte nur in einer Geste kläglicher Verzückung ob ihrer Freundlichkeit den Kopf, ehe er sich wieder in seine Ecke zurückzog.
    Elaira packte eine ölige Wurstkette aus und folgte ihrer Herrin zu dem Faß.
    Bitterkeit erfüllte Lirenda bei dem Gedanken, daß gerade die unbeugsamste Novizin sich ganz zwanglos den Hals vollstopfen sollte, während sich Morriel, die Oberste Zauberin, nebenher darauf vorbereitete, sie in die bedeutsamsten Angelegenheiten des Korianizirkels einzuweihen, und das alles nur wegen einer ungehorsamen Eskapade mit einem Mann.
    Ohne einen Gedanken an Lirendas Unzufriedenheit zu verschwenden, zog Morriel ein Bein hoch, setzte sich auf den Rand des Fasses und zerrte die schwere Wolle ihres Gewandes mit sich. Begnadet mit einem Gleichgewichtsgefühl, das so gar nicht zu ihrem Alter passen mochte, zog sie den Kristall hervor, der an einer zarten Kette von ihrem Halse baumelte und informierte Elaira: »Die Bilder, die du nun sehen wirst, geben die Ereignisse des heutigen Tages wieder.«
    Morriel ließ das Juwel über der gekräuselten Wasseroberfläche baumeln, ehe sie ihren Trick mit Hilfe von Zauberei vervollständigte. Elaira beugte sich über das Wasser, das nun glatt wie ein Spiegel vor ihr lag, während die Vision, die von den hellseherischen Fähigkeiten der Obersten Zauberin herbeigeführt wurde, die von Pflanzenfarben verunreinigte Tiefe des Wassers überlagerte …
     
    Die Morgensonne schien auf die massiven Steintürme der Befestigungsanlagen von Etarra herab und hinterließ helle Streifen in dem Staub, der von der Garnison aufgewirbelt wurde, die zum Nordwesttor der Stadt hinausmarschierte. Reihe um Reihe erhobener Speere und Lanzen reckte sich dem fahlweißen, dunstigen Himmel entgegen.
    Im Bild des Wassers marschierten die Männer wie zum Leben erweckte Spielfiguren, und die goldenen und roten Banner der Stadtgarde raschelten wie Stoffbänder im Wind.
     
    »Herr des Schicksals, hab Erbarmen«, murmelte Elaira, und die Wurst kühlte zwischen ihren Fingern ab, die plötzlich zu keinerlei Gefühl mehr fähig schienen. »Dann gibt es also Krieg?«
    Statt einer Antwort veränderte Morriel den Bildausschnitt, um Elaira Etarras Heerscharen in voller Stärke zu zeigen. Zehntausend Mann stark, angeführt von einer Angriffsspitze der Lanzenreiter, gefolgt von leichter Kavallerie unter dem Banner der Kopfjägertruppen, schob sich die Armee über die gewundene Straße gleich einer Schlange, die hungrig aus ihrer Höhle hervorkriecht. Menschen drängten sich auf den Schutzwällen der Stadt, um ihrem Heer zuzujubeln, und ganz vorn unter ihnen stand eine Frau mit braunem Haar in einem golddurchwirkten Seidengewand. Herolde erhoben ihre troddelgeschmückten Trompeten zu einer stillen Fanfare für die lächelnde, juwelenbehangene Gestalt Lysaer s’Ilessids auf seinem haselnußbraunen Roß, flankiert von Lord Diegan und dem Kriegshauptmann der Stadt, dem grimmig blickenden Löwen Gnudsog.
     
    Zu schockiert, sich um Fragen des Protokolls zu scheren, sprach sie ihre Oberste an: »Lysaer hat Etarra in den Aufstand geführt? Daelion behüte! Warum bloß?«
    Ein Luftzug fauchte durch das undichte Lagerhaus und wehte den säuerlichen Gestank getrockneten Seegrases herein. Lirenda bereitete sich auf den augenblicklichen Unwillen der Obersten Zauberin vor, doch Morriel seufzte nur, während sie mit ihren dünnen Fingern die schweren Tücher zurechtzupfte. Das Bild in dem Färberfaß löste sich auf, und die Alte sagte mit brüchiger Stimme: »Ich denke, das nächste Bild wird deine Frage beantworten.«
    Erneut ließ sie ihre Magie wirken.
     
    Die glasklare Wasseroberfläche zeigte nun den sanften Dunstschleier eines Frühlingsnachmittages. Schatten durchzogen gleich Pockennarben das Stoppelfeld eines

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