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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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ausgelegt worden, doch wurde es von der Korianimatriarchin verschmäht. Zusammengekauert unter Tüchern wie eine Krähe, die von ihrem nassen Gefieder herabgezerrt wird, wartete sie mit einer Geduld, die ihre Erste Zauberin nie aufzubringen imstande gewesen wäre, im flackernden Licht der Harzfackeln.
    Bestärkt von ihren unersättlichen Ambitionen, ergötzte sich Lirenda daran, als einzige für die aktive Pflichterfüllung erwählt worden zu sein. Obwohl es weit nach Mitternacht war und ihre Schwestern sich schon längst zurückgezogen hatten, war sie zu stolz, Schwäche zu zeigen und sich in Gegenwart ihrer Obersten zu setzen.
    Gemeinsam mit ihr kümmerte sich der große Schwachsinnige, der üblicherweise ihre Tür bewachte, um Morriels Bedürfnisse. Der Mann, der Zeuge von mehr Geheimnissen geworden war, als irgendeine lebende Korianischwester, saß mit überkreuzten Beinen in einer Ecke und ließ den Kopf hängen, während er gegen den Schlaf ankämpfte. Die Straßen der Stadt lagen überwiegend in tiefer Stille. Nur manchmal ging ein Nachtarbeiter der Brauerei pfeifend vorbei. Die Ruhe verstärkte noch das Zischen des brennenden Harzes und den fernen Schlag der Wellen in der Instrellbucht. Plötzlich erklang das Klappern eisenbeschlagener Hufe, als ein Pferd sich dem Haus näherte, den Schwachsinnigen aus seinem Dämmerschlaf aufschrecken und zur Tür hasten ließ.
    Elairas Stimme wurde vom Wind hereingetragen, der über die Türschwelle wehte, als sie den Pferdeknecht fortschickte, der ihr Pferd in den Stall bringen sollte. Einen Augenblick später trat sie ein. Ihr Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst und war von der feuchten Seeluft strähnig geworden; ihre Haut war vor Erschöpfung weiß wie Kalk.
    Sie war hundert Meilen in nicht einmal drei Tagen geritten. Pferdeschweiß hatte das Leder ihrer Hose verhärten lassen, und so mußte sie mit wunden Knien ihrer Matriarchin huldigen. Die Worte des formellen Grußes kamen mit beherzter, ruhiger Stimme über ihre Lippen.
    Lirenda sah begierig zu, wie Morriel Elaira näher zu sich heran winkte. Unter der Wölbung ihrer haarlosen Brauen schienen die tief in den Höhlen liegenden Augen der Obersten die auf ihren Befehl hin vortretende Reiterin nicht allein zu studieren, sondern ihre Miene peinlich genau zu analysieren.
    Im Licht der Fackeln in voller Größe den Blicken freigegeben, hielt Elaira der Inspektion stand. Ihr war bewußt, daß der den Schwestern eigenen Kunst der Beobachtung nichts entgehen würde; nicht die Kratzer auf ihren Stiefeln, die sie verursacht hatte, als sie voller Ungeduld gegen Kieselsteine getreten hatte, während sie vor einem Stall darauf wartete, endlich ihr neues Pferd zu bekommen; nicht den Schmutz auf ihrem Mantel, die sie einem Betrunkenen in einer Taverne auf der Reise verdankte, der ihre Suppe verschüttet hatte.
    »Deine Reise war anstrengend, wie ich sehe«, bemerkte die Oberste Zauberin.
    Befreit ob dieser unerwarteten Freundlichkeit, richtete Elaira ihre schmerzenden Schultern auf. »So schlimm war es nicht.« Mit dem ihr eigenen trockenen Humor, der Lirenda ganz besonders unangenehm war, fügte sie hinzu: »Sollten Läuse in der Bettwäsche der Gasthäuser gewesen sein, so ist mir jedenfalls erspart geblieben, das herauszufinden.«
    Morriels Lippen zuckten, möglicherweise im Geiste eines Lächelns. »Deine Lebensgeister sind offenbar intakt. Wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?«
    Elaira mußte über die Frage nachdenken, was allein Antwort genug war. Die Alte winkte ihrem schwachsinnigen Diener zu. »Quen, geh nach nebenan zu den Brauern und kauf etwas Brot und Wurst!« Dann wandte sie sich wieder an Elaira und fragte mit entwaffnender Besorgnis: »Möchtest du Bier?«
    Nicht müde genug, eine Falle zu übersehen, schüttelte Elaira den Kopf. »Im Angesicht eines Notrufes besser nicht, danke. Es sei denn, ich dürfte anschließend zu Bett gehen?«
    »Das darfst du nicht.« Klar und deutlich war die Anerkennung der Obersten Zauberin zu verspüren, daß das Mädchen seinen scharfen Verstand beisammen hatte. »Obwohl du die Ruhe selbstverständlich verdient hast. Mir ist durchaus bewußt, daß du dich gegen die Kuriere der Handelsgilden hast durchsetzen müssen, so wie die Mietställe derzeit von den Überbringern schlechter Nachrichten bedrängt werden.«
    Auch auf den Straßen waren unzählige offizielle Boten unterwegs gewesen, doch Elaira hatte selbst zu wenig Zeit gehabt, um dem Gerede zu folgen. »Sind schlimme

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