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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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ausgeschickt wurden, Kräuter oder Feuerholz zu sammeln.
    Muskeln, befreit von der Anforderung absoluter Ruhe, verkrampften sich, als er sich erhob. Die Lahmheit seiner Bewegung erschreckte ihn, zwang ihn, sich selbst zu rügen, für seine Selbstdisziplin, die so erbärmlich nachgelassen hatte seit seiner Ausbildung in Rauven. Er zitterte nicht wenig, als er niederkniete. Allein an einem der vielen Seitenläufe des Tal Quorin, der sich dunkel glänzend an hochaufragenden Eichen und wirren Dickichten aus Zaubernußgewächsen vorbeischlängelte, tauchte er seine Hände in das Wasser und trank.
    Das eiskalte Wasser rann durch seine Kehle und verursachte ihm Schauder. Während er noch eine Weile hocken blieb, um seinem Körper Zeit zu geben, sich zu beruhigen, verzerrte ein verunglücktes Lächeln seine Lippen. Seine ungeklärte nächtliche Abwesenheit hatte, so hoffte er zumindest, den Eindruck der Charakterschwäche noch verstärkt, den er unter den Clanangehörigen von Deshir erweckt hatte. Sollten sie ruhig denken, er wäre davongeschlichen, um Trübsal zu blasen. Wenn es ihm aber nicht gelingen würde, sich nicht von der scharfen Wahrnehmung der gnädigen Frau Dania und der aufdringlichen Neugier des Meisterbarden Halliron fernzuhalten, würde es ihm unmöglich sein, seinen Geist zu reinigen, ohne in ein Sithaer angemessenes Chaos unerwünschter Fragen verstrickt zu werden. Keine noch so phantastische Ausrede könnte die gewaltigen Erfordernisse erklären, die die Zauberei ihm abverlangte. Würden die Clans aber herausfinden, daß er über magische Fähigkeiten verfügte, so wären all die kleinen Täuschungen, mit deren Hilfe er seine Freiheit erringen wollte, sofort nichtig. Nun, verborgen vor den Blicken anderer und ohne seine Absicht zu offenbaren, gab sich Arithon seiner Magie hin und konzentrierte methodisch seinen Willen.
    Wenn die Clans des Nordens entschlossen waren, gegen das Heer von Etarra in den Krieg zu ziehen, so verlangte sein Eid gegenüber Rathain ihm ab, dafür zu sorgen, daß keines Mannes Leben unnötig in Gefahr geriet. Dank seiner Ausbildung in Rauven und dem Tienellekraut, das er Sethvir abgenommen hatte, war er befähigt, die Zukunft vorauszusehen und zog das gestohlene Gefäß. Sich der Gefahr für sein eigenes Leben nur allzu bewußt, packte er die Steinpfeife aus und stopfte sie mit den silbrigen, gezahnten Blättern, deren stechender Geruch in die Waldluft emporstieg.
    Mit vom Gift erweiterten Sinnen konnte er herausfinden, ob Caolles Kampfstrategien die Clans gegen den Angriff Lysaers zu schützen vermochten, doch auch die Gefahren durfte er nicht ignorieren. Solange er dem Einfluß des Krautes ausgesetzt war, war seine Wahrnehmung extrem empfindlich, jeder Nerv war ungeschützt dem Risiko einer zufälligen Störung ausgesetzt. Dies war nicht Rauven oder der Althainturm, und er war nicht umgeben von Schutzzaubern und komplizierten Bannen, die den offengelegten Geist zu bewahren vermochten. Überdies mußte Arithon auch auf eine zweite Vorsichtsmaßnahme verzichten, die sein Großvater ihn während seiner Ausbildung gelehrt hatte: Niemals durfte eine Trance mit dem Tienellekraut eingegangen werden, wenn kein Zweiter zugegen war. Wenn er seine eiserne Selbstbeherrschung verlieren sollte, wenn seine Konzentration im Labyrinth drogeninduzierter Visionen nachlassen sollte, so wäre niemand da, der ihn in die wirkliche Welt zurückholen konnte.
    Arithon schob das letzte Blättchen in die Pfeife und stopfte sie fest. Mehr als nur persönliches Streben nach Glück hielt ihn aufrecht. Die Ereignisse mochten ihn durch die ihm angeborene Gabe der Barmherzigkeit, derer er sich nicht entledigen konnte, in eine Ecke getrieben haben, doch ihn verfolgte noch eine weit schlimmere Gefahr. Er konnte sich der Gewißheit nicht verschließen, daß sein Eid gegenüber Deshir eine unsichere Angelegenheit war, solange der Fluch des Geistes Desh-Thieres noch immer in seinem Sein lauerte. Auf seinen Schultern ruhte die Verantwortung seinen treuen Untertanen gegenüber, während gleichzeitig in jeder Minute der Drang an seinem Herzen nagte, das Vertrauen der Clans zu mißbrauchen und zu einer Waffe zu formen, die Lysaer niederringen vermochte. Nur seine magische Feinsinnigkeit gestattete es Arithon, diesen giftigen Trieb von seinem aktiven Willen zu trennen; und die vorüberziehenden Tage erschöpften ihn durch die stete Mühe, die eine solche Trennung erforderte. Solange er sich nicht aus seiner königlichen

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