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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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offenbarten.
    »O Elaira, das hast du gut gemacht!« murmelte Morriel.
    Neben ihr fühlte sich Lirenda, von den wabernden Rauchschwaden aus der Pfeife ebenfalls zu einer feinsinnigeren Wahrnehmung getrieben, von diesem Band konflikthafter Empfindungen getroffen und gerührt. Sie sah nicht nur, sie fühlte, wie der Gerechtigkeitssinn derer zu s’Ilessid mit der Hellsichtigkeit derer zu s’Ahelas rang, die Lysaer von seiner Mutter geerbt hatte.
    Seine Lippen zeigten in diesem eingefangenen Moment nichts von der Sanftheit, welche die Frauen in Amroth erfahren hatten, wenn sie ihn in ihrer Bewunderung mit Küssen überhäuft hatten. Unnachgiebig wie gehärteter Stahl vermischte sich Schläue mit seiner höfischen Erziehung und den latent wirksamen Machenschaften Desh-Thieres. Das Ergebnis trieb die Nerven zur Unruhe, als wäre für die Dauer eines Herzschlages das Mitgefühl verloren und Erbarmen eine vergessene Idee.
    »Wir haben gesehen, was wir sehen mußten«, erklärte die Oberste Zauberin plötzlich. Zu Elaira sagte sie: »Es ist dir nun gestattet, dich aus der Trance zu lösen.«
    Als das Bild schwand, blickte Lirenda auf, sprühend vor ungelöster Erregung. »Was für ein Unglück. Beide Prinzen haben die Gaben zweier königlicher Geschlechter geerbt.«
    Allmählich vom Zittern ihrer Glieder überwältigt, schob Morriel ihre Arme unter die Tücher. »Ein gefährliches Unglück. Arithon ist ein unverträglicher Erbe. Sein Geist ist von verhängnisvoller Schwäche geprägt. Die Bruderschaft hätte ihn nie als Thronerben anerkennen dürfen, denn das Leiden wird sich an seine Fersen heften, so sicher, wie die Jahreszeiten einander abwechseln müssen.«
    Elaira erschauderte im Übergangsstadium zurück zur vollen Bewußtheit. Blaß öffnete sie die Augen, während sie bereits gegen die ersten Entzugserscheinungen des Tienellekrautes ankämpfte: »Meine Gebieterin, Ihr irrt Euch in ihm«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    Verblüfft ob dieser Widerrede warf Lirenda schnell einen Blick auf die Oberste Zauberin.
    Doch Morriel zeigte sich über diese Unverschämtheit nicht verärgert.
    Diese stillschweigende Erlaubnis nutzte Elaira. »Lysaer ist derjenige, der beobachtet werden muß. Aths Gnade, ich habe ihn getroffen. Er ist eine leibhaftige Inspiration, ein Beispiel für menschliche Freundlichkeit in Fleisch und Blut. Die Menschen werden seinem Vorbild folgen, denn er wird sein Handeln mit Leidenschaft und aufrechtem Idealismus begründen. Dann wird es tatsächlich große Umwälzungen und viel Leid geben, denn die Neigung zu edlen Grundsätzen gibt ihm eine Waffe in die Hand, wie sie für einen Mann von seinen Gaben nicht besser sein könnte. Prinz Lysaer muß sich nur bequem seinem Edelmut hingeben, und ihm wird durch den Fluch Desh-Thieres kein anderer Weg offen bleiben, als ein Blutvergießen auszulösen.«
    »Das ist vorausberechenbar«, unterbrach Lirenda, bis über die Grenzen der Selbstbeherrschung hinaus verärgert ob der unfaßbaren Großzügigkeit der Obersten Zauberin. »Wir wissen, was Lysaer tun wird und was er dadurch auslösen wird. Was aber voraussehbar ist, das kann auch kontrolliert oder verhindert werden. Arithon verfügt nicht über diese Stabilität.«
    Gepeinigt durch ihre vom Gift erweiterte Wahrnehmung schrie Elaira ihren Protest hinaus. »Aber Arithon ist ein Mann, der sich ganz der Harmonie unterworfen hat, ein Musiker mit der Wahrnehmung eines Sehers. Er ist sich seiner Taten so bewußt, wie Lysaer es niemals sein kann.«
    »Das gerade ist es, was ihn so gefährlich macht, Elaira«, korrigierte Morriel bekümmert ihren Gedankengang. »Denn Lysaers Sinn für Gerechtigkeit und seine Weitsicht werden den Gesetzen der Logik folgen und sind damit auch für Kompromisse offen. Aber seit wann kann Barmherzigkeit Leiden verzeihen? Das s’Ahelas-Blut gibt Arithon die Möglichkeit, Ursachen und Wirkungen genau zu erkennen; seine magische Ausbildung verbindet sich mit seiner Kenntnis zukünftiger Reaktionen auf seine Macht. Dieses Merkmal steht der s’Ffalenn-Gabe feinfühligen Mitgefühls entgegen und vernichtet den Selbstschutz seines Geistes. Die Zuflucht in den Haß wird ihm so verwehrt. Arithon ist ein Hellseher im Knotenpunkt der Verantwortlichkeiten. Desh-Thieres Fluch wird ihn in einen Strudel der Gewalt hineinziehen, dem er weder entgehen kann, noch wird er mit ihm fertigwerden. Der Druck wird sich als sein Verderben erweisen, denn die Empfindsamkeit der Poeten war von jeher von

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