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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Knabe ihn angstvoll anstarrte, fügte er hinzu: »Ich werde bei dir sein. Geh jetzt.«
    Mit einem leichten Klaps auf Jierets Schulter verlieh er seiner Anweisung Nachdruck. Dann, gestützt auf Alithiel, um nicht sein Gleichgewicht zu verlieren, ging er langsam in die Knie, senkte den Kopf und begann, Illusion zu wirken.
    Selbst in diesem Zustand der Erschöpfung ließ seine Gabe ihn nicht im Stich. Nun, da er allein war und das Risiko nur mehr ihn selbst betraf, wagte er es, in begrenztem Umfang Schatten herbeizurufen. Gleich Wasser durch einen Katarakt strömte Dunkelheit aus ihm hervor. Und so, wie er es in einer Nacht in Steivens Waffenlager getan hatte, so fügte er die Schatten auch jetzt zur Gestalt von Kriegern.
    Aus Strauchwerk und Dickichten traten sie mit schimmernden Waffen hervor, gespannte Bogen in ihren Händen. Mochte es ihren Gesichtern auch an Eigenart mangeln, mochte ihr Auftritt von unmenschlicher Stille sein, so gingen derartige Feinheiten doch in den Schreien und den Kampfgeräuschen unter, die aus den Schluchten des Tal Quorin herüberhallten. Nach dem Auftauchen der Verstärkung der Clankrieger, die doch nur der heimlichen Flucht dreier Überlebender diente, waren die Kopfjäger, die nicht bereits dem Schlafbann anheimgefallen waren, nicht geneigt, sich Zeit für eine eingehende Betrachtung zu nehmen. Gegenüber einer Überzahl Bogenschützen, Schattenmännern, die in die Knie gingen und mit ihren Pfeilen auf sie anlegten, griffen diejenigen unter Pesquils Männern, die noch klar bei Verstand waren, zu der einzig klugen Strategie, sich schnellstens eine Deckung zu suchen.
    Hätten die Pfeile nicht lediglich aus der Verzweiflung entsprungenen Phantasiegebilden bestanden, wäre die panische Hast der Männer beinahe lustig gewesen.
    Arithon sah auf, bemühte sich, die Kraft zu finden, sich zu erheben und Jieret zu folgen. Beides gelang ihm nicht. Seine Fehleinschätzung war nicht verwunderlich, bedachte man die Grenzen, die er überschritten hatte. Vor seinen Füßen, die sich seinem Willen widersetzten, lag Madreigh, und aus einer Wunde in seiner Brust ergoß sich mit jedem Atemzug ein Schwall frischen Blutes auf sein Rehlederwams.
    »Ath«, stöhnte Arithon und blieb sitzen. Von dumpfer Schwäche erfüllt, blickte er in die Augen des Mannes, die noch immer klar waren, trotz des Leidens, das ihn jeglicher Erkenntnis hätte berauben sollen.
    »Mein Gebieter.« Madreigh atmete rasselnd ein. »Geht. Folgt dem Knaben. Ihr habt einen Eid geschworen.«
    Eine vernichtende Wahrheit; eine, der Arithon verpflichtet war. Und doch war er durch den unrechten Gebrauch seiner magischen Kräfte vollkommen erschöpft. Da es ihm nicht gelang, sich zu diesem Zeitpunkt aufzuraffen, tat er, wonach es ihn verlangte, und griff nach Madreighs Handgelenk. Flüsternd, einem geisterhaften Hauch gleich, sagte er: »Ich bin auch an Rathain durch einen Eid gebunden, doch du stirbst dafür.«
    Unfähig zu sprechen, blickte Madreigh ihn an.
    Arithon spreizte die erschlafften, schon jetzt kalten Finger des Clankriegers und preßte sie an die Rinde der Buche. Seine eigenen Hände legte er über die des Mannes. Dann, mit einer Anstrengung, die seinen Geist in Dunkelheit zu hüllen drohte, rief er das rasch verblassende Glimmen seiner Magie herbei und ließ es gleich einem Gnadenstoß in das Bewußtsein des Sterbenden fließen.
    Schlaf erfaßte die gepeinigte Gestalt Madreighs. Die Züge in dem Gesicht unter den wirren grauen Haaren glätteten sich, und alle Sorgen verflüchtigten sich in der sonnendurchfluteten Heiterkeit alter Bäume.
    Erschöpft und voller Bedauern entspannte Arithon seine Finger. Halbbenommen von der Ermattung betrachtete er den Kreis still daniederliegender Toter, gekleidet in Leder und Blut; andere trugen die feine Wolle der Städter und Kettenhemden, in denen sich Grashalme und allerlei Schmutz verfangen hatten. Der einzige Tadel, dem sich ein Zauberer fügen mußte, so erkannte Arithon betrübt, lag in seinem eigenen Verhaftetsein mit der Wahrheit und der Selbstdisziplin. Kein visionärer Geist war davon befreit. Schöpfung und Zerstörung lagen auf derselben Linie, und niemand konnte Aths Energien nutzen, ohne ein ebenbürtiges Maß zersetzender Mittel freizulegen.
    Das Blut war aus seinem Kopf gewichen. Würde er nun versuchen, sich zu bewegen, so würde er lediglich einen spektakulären Sturz riskieren. Ohne die Schreie und das Kreischen des Metalls noch länger wahrzunehmen, stützte er sein Kinn auf

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