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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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und gab sich dem Schaudern hin, das ihn so machtvoll peinigte. Er hatte nicht aus Habgier oder Selbstsucht gehandelt, sondern seine Pflicht erfüllt, wie es sein Eid gegenüber den Deshans von ihm verlangt hatte. Doch die Pflicht reichte nicht aus, zu rechtfertigen, welche Leben einfach im Stich gelassen und welche geopfert werden sollten, um andere zu schützen: Steivens Clanmitglieder, die letzten Überlebenden einer grausamen Verfolgung, oder Pesquils Kopfjäger, die noch immer erhitzt waren von der Orgie ihrer Bluttaten. Keine Antwort war wirklich zufriedenstellend. Kein Gesetz besagte, daß Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit einhergehen mußte.
    Die Vergehen dieses Tages nagten an seinem s’Ffalenn-Gewissen, wie das Wasser imstande war, selbst Granit zu Sand zu zermahlen. Durch einen Nebel, der sich dem Lauf der Zeit entzog, erkannte Arithon, daß der rhythmische Fluß aus der Brust Madreighs versiegt war. Es mangelte ihm an Kraft, festzustellen, ob der Tod dies verursacht hatte, oder ob sich die Lebenssäfte auf einen langen Winter vorbereiteten.
    Endlich gelang es ihm, sein Schwert wieder an sich zu nehmen und die Kontrolle über seine Beine zurückzuerlangen, ehe die Orientierungslosigkeit, die ihn mit sich gerissen hatte, schwand und die Kette betäubender Gedanken riß. Seine Sinne wandten sich wieder dem Augenblick zu. Die klirrenden Geräusche der Schlacht umgaben ihn nun von allen Seiten, und Pfeile flogen in flachem Bogen vorbei und rissen die rottende Laubdecke des Waldbodens auf.
    Dies waren keine Schatten. Die Buche an seiner Hüfte war massiv. Noch immer nicht sehr sicher auf den Beinen, lehnte Arithon sich mit dem Rücken gegen den Stamm. Wenngleich er erwacht war und sich wieder den Notwendigkeiten seiner Verpflichtung zuwenden wollte, befand sich doch sein Geist in einem Stadium der Verwirrung. Unzusammenhängende Details glitten durch seine Wahrnehmung: Die Sonne stand tiefer; kupferne Blätter bebten im Abendrot, als wären sie blutbenetzt; das Krakeelen und Lärmen war beunruhigend, weil es von echten Kämpfern verursacht wurde, nicht von schattengewirkten Illusionen. Clankrieger, Kopfjäger und unzusammenhängende Gruppen von Garnisonssoldaten waren damit beschäftigt, sich gegenseitig mit einer Grausamkeit zu bekriegen, die einem Kampf zwischen Bulldoggen nicht nachstand.
    Caolle hatte Verstärkung geschickt. Arithon erkannte, daß die Clankrieger zu Steivens Truppe gehörten, und sie schlugen eine glücklose Schlacht. Für ihre Frauen, ihre Kinder, für die Söhne, die niedergemetzelt im Flußtal lagen, verlangten sie von Rache getrieben nach den Leben der Kopfjäger.
    Selbst wenn es sie ihren letzten lebenden Clanangehörigen kosten würden, sie würden nicht zulassen, daß Pesquils Männer den Strakewald mit den Skalps ihrer Liebsten verließen, um sich ihre Belohnung abzuholen.
    Vergeudung über Vergeudung, dachte Arithon bei sich, und der Zorn brachte ihn wieder zu klarem Verstand. Als beeidigter Herrscher Rathains mußte er sie aufhalten, sie auseinanderbringen, sicherstellen, daß Jieret ein Erbe antreten konnte, für das es sich zu leben lohnte.
    Vorsichtig, um nicht auf die Leiber der Gefallenen zu treten, begab sich Arithon mitten hinein in das Kampfgetümmel, das zwischen den Bäumen hindurch in Strauchwerk und Unterholz stattfand. Wie Silber hob sich das Hackern der Schwerter und Kettenhemden vor der aufziehenden Dunkelheit ab. Bald lenkte er die Aufmerksamkeit des ersten Kopfjägers auf sich. Er kämpfte, parierte, tötete in rhythmischen Hieben, und die ganze Zeit über suchte er mit Blicken das Handgemenge nach wenigstens einem von Steivens Offizieren ab. Er hatte einen vagen Plan, wie er, mit ein bißchen Unterstützung, seine Magie einsetzen konnte, um Verwirrung zu säen und die Kämpfenden voneinander zu trennen. Er mußte die rasenden Clankrieger unter seine Kontrolle bringen, mußte sie bezwingen, notfalls mußte er sie alle mit einem Schlafzauber belegen. Dann jedoch, während seine überanstrengten Muskeln unter der Wucht seines Parierschlages schmerzten, mußte er erkennen, daß das Letzte nichts als eine Narretei war. Seine vorangegangenen Banne hatten einen Schaden hinterlassen, und er konnte sich glücklich schätzen, überhaupt auf seinen Füßen zu stehen.
    »Arithon! Herr!«
    Der Ruf kam von rechts, aus der Richtung des Hanges, der zu der Schlucht hin abfiel. Der Herr der Schatten schlug einen Angreifer zurück und wirbelte herum. Hier und dort streifte ein Pfeil

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