Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
so erschöpft, daß ich nicht einmal die Energie aufbringen könnte, um einer Dame zu imponieren. Ich hoffe, der Nebelgeist erfordert weniger Zartgefühl.« Seine Narretei löste sich unter einem Seitenblick des Zauberers auf. »Ich werde jedenfalls mein Bestes geben.«
Doch noch ehe Asandir den Blick abwandte, erinnerte sich der Prinz: Kharadmons Präsenz verhielt sich in seinem Inneren zwar ruhig, doch sie war noch immer da. Die Bruderschaft würde mehr als nur sein Bestes bekommen, selbst wenn der Preis dafür am Ende sein Tod sein sollte.
Gedemütigt von seinen Zweifeln, von der Sorge, daß die folgende Anstrengung ihn zerbrechen könnte, riß Lysaer die Initiative wieder an sich. »Was nun?«
Asandir schenkte ihm ein gequältes Lächeln. »Laßt niemanden jemals daran zweifeln, daß Ihr über die Kraft der s’Ilessids verfügt. Die schwierigste Aufgabe liegt noch vor uns.« Er deutete auf ein schmales Steingefäß, das in einer Vertiefung des Steinbodens innerhalb der oberen Zinnen des Kielingturmes stand.
Lysaer drängte die Erkenntnis zurück, daß seine Courage sich in würdelose, jämmerliche Fetzen aufgelöst hatte. Weder der Behälter noch die Vertiefung hatten zuvor existiert, und die zylindrische Form schien aus demselben körnigen Jaspis zu bestehen wie die Befestigungsanlagen des Turmes.
»Ja, das Gefäß, in dem wir Desh-Thiere gefangenhalten werden, wurde aus dem Stein dieses Turmes geformt«, erklärte Asandir vollends unerwartet. »Seine Wards tragen das Muster paravianischer Bande, und darin liegt der Kern unseres Problems. Der Nebelgeist ist sich seiner Selbst bewußt genug, um die Gefahr zu erkennen. Wir dürfen also mit einem erbitterten Kampf rechnen, ehe wir ihn endgültig einsperren können.«
Arithon äußerte sich nicht dazu. Angesichts der Tatsache, daß er in der Nutzung seiner Gabe geschult war, gab seine Reglosigkeit Anlaß zur Sorge. Lysaer schlang die Arme um seine Brust. Wenn er nachdachte, wenn er zögerte, dann konnte er nicht kühl und vernunftgemäß weitermachen. Die Furcht saugte ihm alle Kraft aus dem Leib. Erzogen zu strenger Pflichterfüllung, hatte er auf den Knien seines Vaters gelernt, daß ein König stets selbstlos handeln mußte. Die Bedürfnisse des Landes und seiner Menschen genossen unbedingten Vorrang. Wenn er auch im Herzen nur ein Mensch und voller Angst war, so hielt doch der Sinn für Gerechtigkeit, der dem Geblüt derer zu s’Ilessid innewohnte, sein Gewissen in eisernen Fesseln gefangen. Lysaer hob die Hände, von denen er wünschte, sie würden nicht zittern. Aus dem Teil seiner Selbst, der ein Prinz war, der standhaft war, ließ er seinen Selbsterhaltungstrieb fallen und übergab sich ganz und gar seiner Gabe.
Das ausströmende Licht schmerzte ihn sogleich, als würde sein Fleisch eine Gabe bergen, die zuviel von ihm verlangte. Die Finsternis hatte sein Zeitgefühl ausgeschaltet. Es mochte Nachmittag oder auch schon späte Nacht sein, ja, es mochten Tage vergangen sein, seit sich das Leichentuch über das Ende der Welt gebreitet hatte. Die finsteren Rauchgesichter aus dem Nebelgeist verschleierten das Innere des Turmes, undurchdringlich dicht und voller Bösartigkeit.
»Versucht es jetzt«, drängte Asandir. »Ihr werdet keine bessere Gelegenheit bekommen. Wenn Eure Kraft Euch verläßt, dann wird Desh-Thiere sich frei im Inneren des Kielingturmes aufhalten können. Möge Ath uns beistehen, wenn das geschieht, denn der Zylinder und seine Wards der Beschränkung werden erst stabil sein, wenn das letzte Siegel gesetzt ist.«
Kurz zürnte Lysaer, daß noch eine weitere Schwäche ihre grausige Aufgabe gefährdete, und er zwang sich zu sprechen. »Bruder, bist du bereit?«
Statt einer Antwort brachte Arithon neue Schatten hervor. Gleich einem Netz entsprangen sie seinen Händen, und Lysaer sah das zarte Muster aus Runenketten und Siegeln. Gemeinsam hatten der Herr der Schatten und Luhaine Banne geschaffen, um ihren Angriff auf den Nebelgeist zu verstärken.
Schäumend wie Dampf wich Desh-Thiere zurück. Voller Bösartigkeit peitschten seine Geister aus ihm heraus. Selbst als Lysaer sein Licht aufflammen ließ, krümmten und kreisten, sausten und wirbelten die dämonischen Aspekte, die in dem Nebel gefangen waren, um ihn herum. Ihre Berührung rieb über seine Haut, als würde sie verätzt werden, und jeder Lufthauch schien mit gesplittertem Glas bewehrt zu sein.
»Jetzt!« schrie Arithon.
Und Lysaer schlug zu, sein Licht, ein Stachel, der den
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