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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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flüsterten ihre älteren Cousins: »Er ist es. Das ist der Begleiter des Prinzen. Niemand in Etarra trägt indigoblauen Samt dieser Art.«
    Das Kind mit den klebrigen Händen wurde zurückgezerrt, um dem hochrangigen Gast Platz zu verschaffen.
    Lysaer nahm die Familie, die ihm ihre Gastfreundschaft darbot, kaum noch wahr, als sein Blick auf eine Besonderheit fiel: über dem sonnenbeschienenen Platz mit der wogenden, lärmenden Menschenmenge flatterte ein Rabe, schwarz wie ein Schatten vor der wolkenlosen Helligkeit des Himmels.
    Hitzewellen und Kälteschauer durchzogen Lysaers Leib erneut, und ein Beben lief durch sein Fleisch. Doch schon im nächsten Augenblick schien der Vogel, obschon sicherer Vorbote von Traithe und den Machenschaften der Bruderschaft, nicht mehr wichtig zu sein.
    Unter dem Raben schob sich ein einsamer Mann durch das Gedränge.
    Lysaer erkannte die Details mit außergewöhnlicher Klarheit. Der Ausreißer trug Ärmelstulpen mit grünen, silbernen und schwarzen Bändern, gesäumt mit Leopardenfell. Über seinem Rücken hing ein schlichter Umhang, der dazu diente, das königliche Wappen zu verbergen. Durch die zahlreichen Risse in dem Überwurf schimmerte das feine Gewebe hindurch. Zwar mochte das königliche Wappen dennoch nicht zu erkennen sein, doch hatte Arithon in der Eile den Silberreif vergessen, der von seinem Recht als Thronfolger kündete und selbst jetzt noch auf seiner Stirn saß.
    In dem Gesicht darunter spiegelte sich verzweifelte Anspannung, was Lysaer noch mehr erzürnte. »Er läuft davon!« murmelte er ungläubig. »Er will sich seinen Pflichten gegenüber diesem Reich entziehen.«
    »Wer rennt davon?« brüllte der Rollkutscher der Weinhandelsgilde aufdringlich und voll des guten Weines.
    Hitze, Kälte und Zittern steigerten sich zu glühendem Zorn. »Euer Prinz«, schnappte Lysaer. »Die Wahrheit muß ausgesprochen werden. Euer versprochener Teir’s’Ffalenn ist ein Krimineller und der Bastard eines Piraten, großgezogen und verdorben durch Zauberer.«
    Ihre halbgegessenen Äpfel in Händen, starrten ihn die jüngeren Kinder mit großen Augen an.
    Für Lysaer spiegelte sich in der Unschuld ihrer Gesichter die hintergangene Wehrlosigkeit einer ganzen Stadt wieder.
    Etwas in ihm schnappte ein.
    »Bringt die Kleinen hinein, sie sind hier nicht sicher!« Sein Kommando fiel ganz instinktiv, doch war es von der Privilegiertheit der Könige erfüllt, so daß niemand auf dem Balkon zu widersprechen wagte. Ein Großvater half der Dame des Hauses, die Kinder durch eine Seitentür zu schieben.
    Das verwirrte Wimmern der Kinder, das Knarren des Türriegels, der plötzliche, unterwürfige Ausdruck der Ehrerbietung auf den Gesichtern der Familienangehörigen, die sich noch immer auf der Galerie befanden, all das konnte Lysaer nicht beeindrucken.
    Ungehindert, ganz vorn am Geländer, richtete er sich zu voller Größe auf. Umrahmt von einem Nimbus der Sonnenstrahlen, glänzte sein Haar hellgülden, und seine Gestalt schien erfüllt von gerechtem Zorn zu sein, wie ihn ein jeder Engel in sich tragen mußte, der von Athlieria gekommen war, das Land von allem Bösen zu reinigen.
    Lysaer erhob die Hand und richtete sie auf den schmächtigen, zerzausten Flüchtling, der sich unter Zuhilfenahme seiner Ellbogen durch die Menschenmenge drängte, um dem Platz zu entkommen. Dann hob er die Stimme zu einem donnernden Ruf.
    »Menschen von Etarra, seht den Prinzen, den Ihr zum König habt krönen wollen, und hört die Wahrheit! Eurem Land ist das Sonnenlicht zurückgegeben worden, doch lebt einer unter euch, der einer Dunkelheit, weit unheilvoller als Nebel, zu gebieten vermag! Arithon Teir’s’Ffalenn ist der Herr der Schatten, ein Zauberer, der den Barbaren beistehen und eure schöne Stadt in Schutt und Asche sinken lassen wird!«
    Der Lärm der Massen übertönte jede weitere Anklage, doch die samtgekleidete Gestalt auf dem Balkon hatte bereits ihre Aufmerksamkeit erregt. Die Menschen, die den großen Platz bevölkerten, hielten inne und legten die Köpfe zurück, um hinaufzusehen. Lysaers deutender Finger und der kreisende Flug von Traithes Raben lenkten die Aufmerksamkeit auf eine weitere Figur in diesem sonderbaren, zweigeteilten Drama.
    Durch den festen Griff zweier unerschütterlicher Händler mitten in der Flucht festgehalten, bedachte Arithon den Vogel mit einem tief bedrückten Blick.
    Für Lysaers Augen bestätigte diese Geste nur die Schuld des s’Ffalenns. Ein Prinz, der sich keinerlei

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