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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Südtor angeschlossen war, zu dem Ort, an dem sich die Bruderschaft wieder versammelte. Sethvir hatte inzwischen die schweren Türen beider Räume gesichert. Die ununterbrochenen Attacken, die Gnudsogs Männer mit ihrer Ramme verübten, hallten nur mehr als gedämpftes Donnern durch die dicken Eichenbohlen. Sollten die Lampenpfosten, die sie als Stützen eingesetzt hatten, schließlich doch nachgeben, so blieben noch immer die magischen Banne, die niemanden hindurchlassen würden, der sich nicht auf Magie verstand.
    Im Inneren des Raumes, der nur von einer einzelnen Fackel beleuchtet wurde, hing der schale Geruch alten Schweißes, vermengt mit den Ausdünstungen von Öl und Leder und dem verbliebenen Hauch des Schreckens vergangener Kriege in der Luft. Staub von vertrockneten Bogenfedern bedeckte den Boden, und in ihm zeichneten sich die Fußabdrücke Sethvirs und die Spuren der Bogen und Blasrohre ab, die er zur Seite geschoben hatte, um zwischen den fest verschlossenen und verkeilten Türen Platz zu schaffen.
    Danach erst hielt er inne, und seine Robe leuchtete in der Finsternis wie geronnenes Blut. Es war, als hätte er, von einem Traum überwältigt, zwischen zwei Schritten vergessen, sich zu bewegen. Das Gegenteil war der Fall, denn hinter seiner Erscheinung verbarg sich eine Konzentration, so tief, daß nichts ihr entgehen konnte. Weit davon entfernt, sich durch das Donnern der Rammen ablenken zu lassen, dirigierte er seine Wahrnehmung hinter Festungsmauern, um den Pulsschlag allen Lebens in Etarra zu erfassen.
    Gleich einzelnen Strömungen in einem Katarakt ertastete er den Mob, der, verborgen unter den Schatten, in den Straßen wütete; ruhelose Stadtgardisten, die ihre Waffen gezogen hatten, um jeden Zauberer aufzuschlitzen, den sie finden konnten, ihn zu quälen, bis sie endgültig mit ihnen allen abgerechnet hätten. Sethvir sah Familien, die sich in verschlossenen Häusern verbarrikadiert hatten; er berührte das vergossene Blut Unschuldiger, hörte die Schreie von Vergewaltigten, wußte um den Zorn und die Verzweiflung der Überfallenen. Not ließ nur wenig Raum für Kummer. Er konnte nur untergeordnete Siegel des Friedens anbringen.
    Die Auswirkungen waren äußerst gering: inmitten staubiger Spinnweben in einem Weinkeller, stellte ein Kind, das von seinen Eltern dort versteckt worden war, sein hysterisches Kreischen ein. Drei zusammengekauerte Geschwister verstummten erleichtert, als die Furcht von ihnen abließ, während am Himmel der Rabe Traithes aus seinem blinden Kreisen errettet und durch die tiefschwarzen Lüfte in die sichere Zuflucht geleitet wurde. Doch unter vielen Leidenden, die dem Hüter des Althainturmes begegneten, vermochte er nur für wenige den Schmerz zu lindern. Doch um der Notwendigkeit willen mußte er den größten Teil seiner Reserven aufrechterhalten, während er, still wie ein Stein, die Wogen von Etarras verstimmter Menschlichkeit untersuchte, innerhalb derer sich ein Flecken erstaunlicher Ruhe befand, dort wo Traithe seinen magischen Bann über die Würdenträger gelegt und sie in der Ratshalle in tiefen Schlaf versetzt hatte.
    Möglicherweise hätte Sethvir ihrer mißlichen Lage sogar eine gewisse Komik abgewinnen können, hätte ihn das erwartete Signal nicht gerade in diesem Augenblick erreicht.
    »Komm«, entgegnete der Hüter des Althainturmes.
    Auf einem Balkon über dem verdunkelten Platz nickte Asandir, ehe er in ein Netz aus Energie trat, daß bereitgehalten wurde, ihn aufzunehmen. Sein Fuß verließ die Galerie, auf deren Boden verschüttete Weinschläuche und angeschlagene Äpfel lagen, und glitt durch ein Wirrwarr räumlicher Verzerrungen und landete schließlich in einer Wolke aus Staub und Stahlspänen auf dem Boden der südlichen Waffenkammer.
    Sethvir trat zur Seite, als die Schatten der Waffenhalterungen sich neu arrangierten und die hochgewachsene Gestalt seines Bruders offenbarten. In seinen Armen hielt Asandir Lysaer s’Ilessid, bewußtlos. Ein juwelengeschmücktes Handgelenk baumelte herab, und goldene Haarsträhnen verteilten sich über die Schultern des Zauberers in der dunklen Robe.
    Rein geschnitten wie das Gesicht einer Statue spiegelte des Prinzen Profil seinen angeborenen Edelmut wider; kein Schatten des Bösen, dessen Pesthauch sich über sein Leben und seine Ehre gelegt hatte, zeigte sich in seinen Zügen. Unwissentlich zu einer Marionette unglücklicher Umstände geworden, mußte Lysaer erst noch erwachen und die Veränderung erfühlen, die

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