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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Wildnis aufgespürt. Aus ganz persönlichen Gründen verabscheute Talith großspurige Erzählungen von Hinterhalten und Feldzügen, Erinnerungen an vergangene Heldentaten. Und so lehnte sie all die Einladungen ab, mied die Gesellschaften und stand statt dessen an der massiven Backsteinlaibung, das Kinn auf ihre pelzbesetzten Ärmelaufschläge gestützt, und starrte auf die Berge.
    Als die ersten Truppen einmarschierten, hatte sie bereits von Diegan erfahren, was geschehen war: Die Divisionen, die ausgezogen waren, die tiefen Schluchten des Halwythwaldes zu durchforsten, waren mit bemerkenswert geringem Erfolg zurückgekehrt. Kein einziges Barbarenlager war ihrem Schwert zum Opfer gefallen.
    Wieder einmal hatten die Banditen unter Caolle und Jieret Rotbart die Kopfjägertruppen in die Irre geführt. Von einem einzigen Zwischenfall abgesehen, waren all ihre Clankundschafter entkommen, obgleich es wiederholt zu Klagen über Raubüberfälle gekommen war, und Kuriere selbst auf der Mathornstraße Wegelagerern zum Opfer gefallen und ermordet worden waren.
    Lysaer s’Ilessid hatte befürchtet, daß die Barbaren sich organisieren würden und daß Arithons fortdauernde Abwesenheit ein sicheres Omen für weit schlimmere Vorhaben sein mußte. Wenn Talith dem Herrn der Schatten auch nur einmal begegnet war, so teilte sie doch Lysaers Sorgen.
    Eine unbeschwerte Stimme unterbrach ihr Grübeln. »Ich dachte mir, daß ich dich hier finden würde.«
    Geräuschlos hatte sich hinter ihr eine Seitentür geöffnet, und die Schritte, die sich ihr näherten, waren so leichtfüßig wie die eines Tänzers. Talith drehte sich nicht um, wenngleich sie unter ihren Locken, die sie mit perlbesetzten, goldenen Nadeln hochgesteckt hatte, eine erregende Hitze ihren Nacken hinaufkriechen spürte. In braunen Samt gehüllt blieb sie hochmütig stehen, umrahmt von dem flackernden Licht der Fackel, mit welcher der Laternenwart auf seiner abendlichen Runde die Straßenlampen anzündete, und ein tonloser Seufzer entrang sich ihrer Kehle.
    Der Mann, der in den besseren Häusern Etarras mehr als alle anderen bewundert und begehrt war, Lysaer s’Ilessid, genannt der Prinz des Westens und Retter der Stadt, trat mit gebührendem Anstand neben sie. Eine Pause trat ein, während er sie bewunderte. Ein Mann, dem beim Anblick ihrer Schönheit nicht der Atem stockte, mußte wohl tot sein.
    Im Licht der Fackeln glitzerten seine Saphire wie Eissplitter, als er erneut das Wort ergriff: »Nach langer Zeit habe ich endlich etwas Neues erfahren.«
    Talith rieb mit den Zähnen über ihre Unterlippe, um ihrem Schmollmund zu mehr Röte zu verhelfen. »Dann hast du deinen Feind entdeckt? Der Herr der Schatten wurde gefunden?«
    Sein anhaltendes, stures Schweigen setzte sie ausreichend darüber in Kenntnis, daß es sich um etwas anderes handeln mußte.
    Hinter ihnen klirrte Glas, als der arthritisgeplagte alte Diener sich bemühte, den Schirm der Lampe neben der Seitentür abzunehmen. Lysaer stieß sich von den Zinnen ab und schnalzte beiläufig mit den Fingern. Ein Funke löste sich von seiner Hand, sprang durch die Luft und entzündete den Docht unter dem schmutzigen Glasschirm.
    Furchtbar erschrocken wirbelte der alte Diener um die eigene Achse. Als ihm bewußt wurde, wer dort neben der gnädigen Frau stand, schluckte er heftig, erbleichte vor Ehrfurcht und sank auf die Knie. »Euer königliche Hoheit.«
    »Ath bewahre, du mußt dich nicht verbeugen.« Lysaer grinste den Mann freundlich an und schickte ihn mit einer stillen, verschwörerischen Geste davon, seine Runde wieder aufzunehmen. Der Prinz, der seine Gabe noch nie gern zur Schau gestellt hatte, war in dieser Nacht besonders auf Zurückgezogenheit bedacht.
    »Ah«, seufzte der Diener erleichtert. Dann winkte er dem Prinzen zu und ging eilends seiner Wege, gefolgt von dem öligen Rauch der Fackel, der ihm um die Ecke des Torhäuschens folgte. Im Wachraum quittierte ein Gardist seinen verlorenen Zug beim Würfelspiel mit lautstarken Flüchen, die bald im Rumpeln eines Wagens untergingen, der die Hauptstraße hinunterrollte.
    Hartnäckig, trotz der Störungen, fragte Talith: »Was vermag dich außer deinem Herzenswunsch, herauszufinden, wo Arithon sich verbirgt, zu bewegen? Ath weiß, daß du jeden Winkel von Rathain nach ihm abgesucht hast.«
    Der Prinz, der geholfen hatte, das Sonnenlicht aus dem Nebel zu befreien, hatte sich noch nie leicht aus der Reserve locken lassen. »Wenn ich das Versteck dieses Zauberers

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