Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
Von einem Teufel besessen, fest entschlossen, jede Anfängerberührung, die ihm nicht behagte, zu bekämpfen, scheute und schnaubte die Kreatur. Ständig tänzelte sie zur Seite, in ihrem unablässigen Streben, durchzugehen. Dakar knirschte mit den Zähnen und bemühte sich, nicht auf die niedergemähten Stoppeln eines Heufeldes zu stürzen, auf das Arithon sie geleitet hatte, nachdem er die Hauptstraße verlassen hatte, um, verborgen hinter einer Hecke, einen Blick auf die grimmige Festung zu werfen, die gleich einer Klette auf dem vor ihnen liegenden Hügel klebte.
»Alestron«, sagte Dakar mit einem Hauch gepeinigter Selbstgefälligkeit. »Die Brüder s’Brydion schützen ihre Geheimnisse wie Austern und ihre Tore wie ein Bauer seine jungfräulichen Töchter. Habt Ihr schon einen Plan?«
»Was, noch ehe ich auch nur einen Fuß in die Stadt gesetzt habe?« Kaum mehr als eine Silhouette vor dem Nebel, der noch immer die Niederungen bedeckte, beugte Arithon sich vor und stützte sich auf den Nacken seines grauen Wallachs. Nachdem er schon seit Farsee die Gäste jeder Taverne am Straßenrand gemolken hatte, hatte er genügend über die Herrschaftsfamilie zu Alestron vernommen, um vorbereitet zu sein. Vor dem heller werdenden Tageslicht nahm sich die Zitadelle auf den ersten Blick als vollkommen uneinnehmbar aus, ein Horst, umgeben von mächtigen Zinnen, die das Tal überragten.
Die Brüder s’Brydion waren keine Freunde von Belagerungen, wie ein jeder sogleich erkennen konnte.
Das Tal war seiner Bäume beraubt worden, um einen ungehinderten Blick zu gewährleisten. Hinter den dicht an dicht liegenden Feldern mit ihren späten Heuhaufen, hinter Steinmauern, verwoben wie die Zwingen einer moosbewachsenen Falle, lagen getünchte Nebengebäude, Handwerkslagerstätten und ein abgegrenztes Freigelände, auf dem das Vieh weidete. Schußanlagen und eingelassene Glassplitter waren bereit, angelegten Leitern einen grausamen Empfang folgen zu lassen. Angreifer, die den unterirdischen Weg bevorzugten, würden sich durch massiven Fels graben müssen, um die gewaltigen Wehranlagen zu untergraben, die nun wie schmückende Pailletten auf einem Damenschleier in der Sonne glänzten oder, von harten Schatten bedeckt, mit ihren Schießscharten an ein Sieb aus Wurmlöchern erinnerten.
Von allen Städten auf dem Kontinent war allein Alestron nicht dem Aufruhr zum Opfer gefallen, der die alten Hohekönige ihrer Throne enthoben hatte. Vor fünf Jahrhunderten war das Bemühen der Händlergilden, die Clanherrschaft zu stürzen, auf den zertrümmerten Splittern des Südtores gewaltsam niedergeschlagen worden. Die ausgesprochen zähen Herzöge des Geschlechts der s’Brydions hatten ihre Macht während der ganzen Zeit niemals eingebüßt. Sie unterwiesen ihre Erben in der rauhen Kunst der Kriegsführung und tobten ihren räuberischen Einfallsreichtum aus, wann immer die rivalisierenden Städte, die sich an dem schmalen Meeresarm drängten, Blockaden errichteten, um ihren Handel zum Hafen voranzutreiben.
In jenen seltenen Ruhezeiten zwischen den Kämpfen pflegte die Herrscherfamilie Alestrons ihr wahnsinniges Mißtrauen gegenüber ihren Nachbarn, bis sie ihre erstarrten Nerven trösteten, indem sie Waffen aller Art und Güte anhäuften.
Getarnt als beiläufige Konversation, sagte Dakar: »Ihr wißt, daß wir keinen Fuß durch die inneren Stadttore setzen werden, wenn wir nicht nachweisen können, daß wir nur unseren Geschäften nachgehen wollen.«
»Nun, für dieses Problem habe ich einen Plan.« Die geschickten Hände mit festem Griff um die Zügel gelegt, als ein Schwarm Amseln von seinem Raubzug an den Ähren aufschreckte, blickte Arithon verstohlen zur Seite. »Der erste Teil davon wird dir nicht gefallen. Ich brauche deine Hilfe. Du mußt dich in diese protzige Hose und das flatterhafte Wams zwängen.«
Dakar verdrehte die Augen. »Ath sei mir gnädig. Wozu um alles in der Welt?«
Die scheußlichen, bebänderten Kleider waren das aufdringliche Geschenk einer Wirtin, die von Arithons Spiel ganz hingerissen gewesen war. Die schlichte Tatsache, daß der Schnitt eher für die hünenhafte Gestalt eines Söldners gedacht war, hatte bereits seit Tirans Anlaß zu allerlei deftigen, lästerlichen Scherzen geliefert.
Ausladend, da wo der Schnitt eng war, empfand Dakar wenig Freude bei der Aussicht, sich dem langsamen Erstickungstod auszusetzen. Für den Fall, daß Arithon lediglich einen Scherz auf seine Kosten gemacht hatte, fügte er
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