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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Mutmaßungen der Seeleute in Sticheleien übergingen, begegnete er einer jeden mit einer treffenden, lästerlichen Ironie, die ihm den neiderfüllten Respekt der Mannschaft eintrug.
    Tage vergingen. Sonnenstrahlen verbrannten des Prinzen Leib, bis seine Haut die bronzene Farbe eines shandischen Fischers angenommen hatte, und da die Frau, deren Gefangener er war, ihm den Luxus von Kamm und Rasierzeug vorenthielt, trug er bald Bartstoppeln, die einem Piraten wohl gestanden hätten. Der stete Luftzug vom Besansegel zerzauste sein schwarzes Haar, das ihm in Locken über die Schultern fiel. Die Tatsache, daß er sauber war, als er sich nun aufmerksam der Betrachtung eines hölzernen Geräts widmete, welches der wortkarge Schiffsschreiner angefertigt hatte, verdankte er dem Gewitter, das sie an diesem Morgen passiert hatten.
    Seine Geistesabwesenheit erwies sich als irreführend; wiewohl diese Versunkenheit ihm auch dazu dienen mochte, seine magisch geschulte, streitbare Wachsamkeit zu schärfen, zuckte sein Kopf doch beim geringsten Scharren eines Stiefels auf den hinter ihm liegenden Planken herum. Im Angesicht schmalgebauter Konturen vor dem beißenden Licht der Morgensonne glättete sich seine gerunzelte Stirn sogleich. »Ihr scheint ein wenig ungeduldig zu sein. Das ist nicht nötig. Der Kanal zum Hafen von Farsee wird noch vor Sonnenuntergang in Sicht kommen.«
    Ausgestattet mit dem schneidigen Flair, das man von einem Kapitän auf einem Schmugglerschiff erwarten sollte, schob Dhirken ihre Daumen hinter die bronzebeschlagenen Riemen, die sich kreuzweise über ihr Kalbslederwams zogen. »Das werden wir, oder du stirbst. Der Einsatz hat sich nicht verringert.«
    Der Schreiner betrachtete zweifelnd die endlosen Wellen, die den ganzen Horizont ausfüllten. Dann seufzte er, leckte sich über einen aufgerissenen Knöchel und fuhr mit seiner Nörgelei fort: »Ich bin kein Juwelier, diese Messingstücke mit den feinen Gravuren anzufertigen.«
    Arithon reichte ihm die halbfertige Kopie eines der Instrumente Anithaels zurück. »Irgendwo auf dem Vorderdeck muß es doch jemanden mit künstlerischem Talent geben. Die Scala könnte in den Schienbeinknochen eines Rindes eingeritzt und dann mit Tinte geschwärzt werden.«
    »Daran habe ich nicht gedacht«, gestand der Schreiner düster, doch respektvoll. Er nahm das Originalgerät wieder an sich und stopfte das überragende Stück Handwerkskunst in seine pechverschmutzte Schürze. »Ich werde mich darum kümmern.« Noch immer kopfschüttelnd über seine phantasierten Unzulänglichkeiten, schlenderte er grollend über das Achterdeck. »Aber quatscht mich bloß nicht blöd an, wenn die Markierungen dann nicht Eurem Kunstsinn entsprechen.«
    Mißtrauen erfüllte das Schweigen des Kapitäns des Schwarzen Drachen und ihres Gefangenen, als würde die Luft zwischen ihnen brennen. Wenig erfreut, in ihrer Mitte gefangen zu sein, schaute der Steuermann überallhin, nur nicht auf seine Kommandantin, während das Rasseln der Takelage und das Kreischen des Ruders die Spannung noch weiter anheizten. Kontrolliert bis hin zu ihren frisch gestutzten Fingernägeln, die Hand am Heft ihres Entermessers, knisterte heftige Kampfeslust in der Stille. Ob er sich nun ihrer Stimmung beugte oder einfach nur überheblich war, Arithon lehnte sich bequem an die Reling und hielt die Augen geschlossen, als wollte er ein Nickerchen im Sonnenschein halten. Nur auf seinen Lippen zeigte sich ein schwaches, ironisches Lächeln, bis der Ausguck am Mast laut brüllte.
    »Land! Land in Sicht! Voran, drei Striche nach Steuerbord.«
    Sein Ruf vereinigte sämtliche Seeleute auf Deck in aufgeregtem Gespräch.
    Ungerührt bemerkte der Herr der Schatten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken: »Der Schlüssel für die Fußschellen wäre jetzt nett.«
    Dhirken lachte. »Du bist zu schnell. Kein Schlüssel, keine Freiheit, ehe wir nicht die Leuchtfeuer sichten und wissen, wo wir an Land gehen werden. Wie soll ich wissen, ob du uns nicht vom Kurs abgebracht und nach Varens geführt hast?« Doch ihre Stimme verriet ihre freudige Erregung.
    »Wie Ihr es wünscht, gnädige Frau.« Arithon blickte treuherzig auf. Stahl kreischte auf, von seinen Händen gedämpft, als er seinen angeketteten Fuß unter den Oberschenkel des anderen Beines schob. »Aber wir sind nicht die Küste hinab vom Kurs abgekommen, und das wißt Ihr. Ihr selbst habt die heutigen Sichtungen vorgenommen und den Kurs des Drachen korrigiert. Sind wir also im

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