Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
wenig. »Das wird sie zufriedenstellen.« Er ordnete die Zügel des Ponys, bereit, aufzusitzen und sogleich davonzureiten.
Sethvirs Augenbrauen ruckten angesichts seines Verstoßes gegen die Gebote der Gastfreundschaft nach oben. »Kein Grund zur Eile. In der Scheune habe ich Hafer für dein Pferd. Es ist eine sehr lange Reise zurück nach Camris, und morgen wird es furchtbar regnen. Du wartest besser hier, bis das Unwetter vorbei ist. Nimm ein Bad, schlaf dich aus, und bediene dich an allem, was du in meinem Speiseschrank vorfindest. Auf jeden Fall habe ich einen großen Vorrat hochwertigen Tees.«
Während der clanblütige Kurier noch zwischen Unsicherheit und blindem Mut schwankte, zog sich Sethvir von dem Fenster zurück, und seine Stimme verklang gleich einem Echo in der düsteren Höhle, die er als Bibliothek nutzte: »Warte dort. Ich werde gleich unten sein und die Tore öffnen.«
Er bewegte sich mit einer Behendigkeit, die seine träumerische Erscheinung Lügen strafte; nähme er die Stufen zu langsam, so würde der Kurier sich in den Sattel schwingen und sein Pony in einem Tempo heimwärts treiben, das das erschöpfte Tier nicht verdient hatte. Die Gesellschaft eines Bruderschaftszauberers hatte noch nie einem Mann ein Leid zugefügt, doch die Legenden erzählten von vielen, die verändert aus dieser Erfahrung hervorgegangen waren. Wie es dem Kurier ergehen würde, ganz abgesehen davon, was das Schicksal noch mit ihm vorhaben mochte, war Sethvir nicht geneigt, vorherzusagen.
Aufräumarbeiten
Nachdem der konfiszierte braune Wallach namens Feenhuf seine Stalltür zertrümmert, jeden Stallburschen in Reichweite gebissen und den Stallknecht vom Dienst mit einem kräftigen Tritt zu Fall gebracht hatte, ergriff der zuständige Ratsherr die Initiative und setzte sein Siegel unter die Dienstanweisung, das Biest dem Abdecker zu übergeben. Grummelnd wartete er darauf, daß das Wachs aushärtete. Für Pferdeleder, Leim und Hundefutter gab es wenig Nachfrage; der Schlachterlös, den das Vieh einbringen würde, war kaum ausreichend, all die Zerstörungen auszugleichen.
Der Stallbursche pflegte mit zusammengekniffenen Augen seine Prellungen. »Dann behalten wir das Biest eben und bezahlen noch mehr zerstörte Stallungen.«
Die Dienstanweisung landete mit noch warmem Siegel in seinen Händen, während im Nebenraum Stimmen von größerer Autorität in ein erhitztes Streitgespräch verwickelt waren. Die Probleme, die sie dem letzten Eigentümer des Pferdes verdankten, dem fetten Gefangenen, der vom Gericht der Stadt verurteilt worden war, bis zur Sonnenwende Zwangsarbeit zu leisten, ließen sich nicht so einfach bereinigen. Während der Stallknecht mit dem Todesurteil für das Pferd vorüberging, verschlimmerten die Beschimpfungen, die durch die verschlossenen Türen hereindrangen, die Kopfschmerzen des Ratsherrn, wie sie es bereits seit einer Woche ohne Unterbrechung zu tun pflegten. Dakar war in der zugigen Baracke krank geworden. Das armselige Essen schwächte ihn zusehends. Seine Füße waren durch Frostbeulen so geschwollen, daß er sich des Morgens nicht erheben konnte, ohne lauthals und jämmerlich zu klagen.
Seine Mitgefangenen benutzten ihre Fäuste, um sein Gewimmer zu beenden. Jammernd und quäkend ertrug er sein Siechtum und ihre Schläge und brachte sie so um den wenigen Schlaf, den sie nach den Tagen schwerer Arbeit im Hof der Steinmetze erhaschen konnten, wo sie die massiven Steinblöcke bearbeiteten, aus denen später die Flutmauern wieder aufgerichtet werden sollten, die jedes Frühjahr von Stürmen niedergerissen wurden. Da Dakars Augen beide von den Prügeln zugeschwollen waren, konnte er kaum etwas sehen, während er seinen Fäustel schwang. Bei jedem Hieb flogen Steinsplitter wild in alle Richtungen davon. Ein Gardesoldat lag bereits mit einem arg aufgerissenen Gesicht darnieder, während ein Aufseher mit zerschmettertem Gebiß das Haus hütete.
Nunmehr in Einzelhaft, verbrachte Dakar die Stunden seiner Gefangenschaft mit Gesang. Doch selbst wenn er ganz nüchtern war, erwies er sich als vollkommen unmusikalisch. Die johlenden Echos seiner Balladen quittierten die anderen Gefängnisinsassen mit Zähneknirschen, ehe sie, vollends frustriert, miteinander zu raufen begannen. Die Wachen versuchten es mit einem Knebel. Irgendwie verschluckte Dakar den Stoff. Das grobe Gewebe verursachte ihm Magenschmerzen, schien ihn aber sonst kaltzulassen.
Der Heiler, der geschickt worden war, ihn zu
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