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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Blick zu maßregeln. Als aber Lysaer seinem Zorn mit schamloser Belustigung begegnete, schimpfte Diegan stirnrunzelnd: »Ath, ich habe gesehen, wie du ganze Bäume zu Kohle verbrannt hast, nur mit der Kraft eines flüchtigen Gedankens!«
    Lysaer schwieg.
    Nun hegte Diegan einen Verdacht, und er fügte hinzu: »Du hast deinen Schlag gegen die Bogenschützen an den Hängen absichtlich in die Binsen gehen lassen. Du hast diese ganze Sache geplant, richtig?«
    Ein ersterbender Sonnenstrahl überzog Lysaers goldenes Haar mit einem roten Schimmer, als er vage mit den Schultern zuckte. »Nicht ganz.« Nicht länger leichtfertig, senkte er plötzlich den Blick. »Man könnte sagen, ich habe damit gerechnet, daß die Dinge sich so entwickeln würden. Mein Versuch, zu einer glücklicheren Lösung zu kommen, hat das Ergebnis schließlich am Ende nicht in Mitleidenschaft ziehen können, und nun kann niemand mehr behaupten, daß ich den Clans von Tysan nicht eine faire Chance geboten habe, dem Erben zu s’Ilessid die Treue zu geloben.«
    Doch Lysaers Absichten gingen noch weit tiefer, wie Lord Diegan mit ehrfürchtigem Respekt feststellen mußte. Als verarmtes Opfer eines Barbarenüberfalls, hatte Lysaer sich ein Anrecht auf Beileid erworben. Hatten sie Erdane erst erreicht, würde selbst der jähzornige Gouverneur der Stadt sich den Anforderungen der Nächstenliebe unterwerfen müssen und gewiß nicht den mindesten Zweifel an der Notwendigkeit hegen, Truppen zusammenzustellen. Selbst die Gilden würden sich durch diesen Aufmarsch nicht bedroht fühlen, sondern ebenfalls geneigt sein, die Unterstützung Lysaers zu billigen. Der Prinz würde aus purem Mitgefühl jede gewünschte Hilfe bekommen. Etarraner, der er war, bewunderte Diegan diesen meisterlichen Zug diplomatischer Staatskunst. Lachend stemmte er sich nun gegen den Wind.
    »Bei Ath«, sagte er, so frohgestimmt wie anerkennend. »Du wirst den Thron dieses Reiches besteigen, und dann wird deine Armee den Herrn der Schatten unschädlich machen. Nach allem, was wir heute verloren haben, werden sich die Gilden und Stadträte gegenseitig übertrumpfen, dich dabei zu unterstützen, eine neue Garnison aufzubauen.«

 
Ein Bote
     
    Vier Tage nach dem Überfall im Paß von Orlan, der Prinz Lysaer an den Bettelstab gebracht hatte, wurde ein Bote eilends von dem Außenposten der Clans im Gebirge entsandt. Doch gleich, wie sehr auch der Hufschlag seines Pferdes von spätem Schnee gedämpft wurde, verfolgte doch ein Geist, hundert Wegstunden entfernt, die dumpfe Vibration seines Rittes.
    Während der fünf Jahrhunderte, seit die paravianischen Rassen aus Athera verschwunden waren, hatte es ein Bruderschaftszauberer übernommen, den Turm zu hüten, der dazu errichtet worden war, ihre Kunstgegenstände und ihre Kultur zu bewahren. An den meisten Tagen hielt er sich in einem Raum mit schwarzen Deckenbalken auf, die unter dem steten Druck des Windes ächzten. Dort verbrachte er seine Zeit, die Ellbogen aufgestützt, an einem Tisch, der an ein Vogelnest erinnerte, weil er mit allerlei Pergamenten und aufgeschlagenen Büchern überhäuft war. In jeder Nische, jeder Ecke, häuften sich neben von Tee verfärbtem Geschirr, gläserne Tintenfässer, deren Korken überall im Raum verteilt lagen, und zusammengerollte Schriftstücke, von denen mottenzerfressene Bänder herabhingen. Inmitten des Durcheinanders hatte es sich Sethvir bequem gemacht; er saß auf einem Stuhl und hatte die Füße auf dem nächsten abgelegt. Während sein Haar in wirren Büscheln wuchs und sein kastanienbrauner Umhang den Staub aufsammelte, befaßte er sich damit, die Aufzeichnungen zu verwahren und zu katalogisieren und den Vorgängen überall in Athera just zu den Zeitpunkten zu folgen, während derer sie sich zutrugen.
    Während Athera noch unter dem Nebel gefangen gewesen war, hatte er die Mondphasen anhand der Gezeiten verfolgt. Derzeit erfaßte er das Getrampel der gut gedrillten Armee Etarras, das die Erde erschütterte, ebenso wie die Abdrücke, die eine winzige Feldmaus im Staub hinterlassen hatte. Mit vierfacher Vibration erreichte ihn eine Botschaft, geschrieben mit Blut, getrocknet über einer Flamme und schließlich ins Meer geworfen und vom salzigen Wasser der See von seiner Schieferplatte gespült; unter den Stimmen Millionen fortgeworfener Steine widmete er nur diese einer eingehenderen Betrachtung. Er fühlte die großartige Musik der zwölf Wege der Macht, die den Planeten durchzogen, tastete das

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