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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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waren, befiel ihn eine sorgenvolle Unruhe. Die Eingeweihte hatte ihn mit ihrem heimtückischen Netz aus Illusionen beinahe vom Kurs abgebracht. Doch noch immer quälten ihn nagende Zweifel, die sein Unbehagen noch weiter steigerten, bis all die Stabsbesprechungen zu einem wenig feinsinnigen diplomatischen Kampf gegen schmeichlerische städtische Gildeminister wurden, die versuchten, aus der Anwesenheit seiner Armee Profit zu schlagen, oder gegen die eigenen widerspenstigen Offiziere, die es nicht erwarten konnten, sich einzuschiffen, um ihren Feldzug zu beginnen.
    Wenig geneigt, sich zur Ruhe zurückzuziehen, brachte der Schlaf ihm doch nur allerlei ärgerliche Alpträume, überdachte Lysaer all die wenig erfreulichen Fakten.
    Nur ein Narr konnte glauben, daß die Verzögerungen seinen Plänen nicht zuwiderliefen. Jeder Tag, an dem seine Spurensucher Hinterhalte aufstöberten, jeder Tag, an dem sein Heer marschierte, um seinen Platz in dieser Schlacht einzunehmen, gab seinem Feind mehr Zeit, seine gewissenlosen Intrigen zu spinnen.
    Der Vorfall in der Minderlbucht hatte ihnen allen eine grausame Lektion in bezug auf ihre Sicherheitsvorkehrungen erteilt. Lysaer würde sich so lange nicht zu einem Blutvergießen drängen lassen, bis das Risiko bei der Einnahme von Arithons Zuflucht auf ein Minimum gesunken war.
    Geduld selbst erwies sich mehr und mehr als brutale Folter.
    Den Ellbogen auf die verzierte Marmorbalustrade gestützt, strich sich der Prinz des Westens das Haar aus dem Gesicht. Er konnte sich nicht an dem milden, südlichen Klima erfreuen, solange sein Heer gegen den Schlamm und die durch das Tauwetter beinahe unpassierbaren Straßen zu kämpfen hatte. Ihm blieb nur, seine Gedanken in die Ferne schweifen zu lassen, sich zu fragen, wie die Männer vorankommen mochten, während um ihn herum Rauchschwaden aus den Fässern des Handwerksviertels aufstiegen, in denen die Handwerker Terpentinöl aus Harzen gewannen.
    Die derbe Überschwenglichkeit in den Kneipen des Hafenviertels drang nicht bis in die Oberstadt, in der die Reichen ihre schmucken Villen erbaut hatten. Und doch war es in Southshire auch nachts niemals wirklich still.
    Die Kutsche eines Galans holperte über die gepflasterte Straße hinter dem Palast. Eisenbeschlagene Wagenräder schlugen gelbe Funken aus dem Gestein. Der Lärm veranlaßte einen Pfau in goldenem Käfig – irgendwo in dem Lustgarten einer Hausdame – zu einem verärgerten Schrei. In dem Raum, der an den Balkon grenzte, hing ein schaler Kräutergeruch in der Luft, der sich mit dem Duft des Zitronenöls vermengte, mit dem die intarsiengezierten Möbel poliert wurden. Eine Hintertreppe knarrte unter den gemessenen Schritten eines Bediensteten, als die alte Tante des Statthalters nach Wein schicken ließ. Eine Etage tiefer weinte ein von Koliken geplagtes Kleinkind, begleitet von dem einschläfernden Gesang seiner Amme.
    Von dem Gefühl erfaßt, daß er schon im nächsten Augenblick eine zarte Berührung zwischen seinen Schulterblättern würde spüren können, richtete sich Lysaer auf. Der Instinkt, nicht die Vernunft, veranlaßte ihn, sich umzudrehen.
    Die Gestalt, deren Silhouette er in der offenen Tür erkennen konnte, jagte ihm einen heftigen Schrecken ein. Sofort ging Lysaer in die Knie, die Hand am Heft seines Schwertes. Trotz der späten Stunde hätten zwei Wachen und ein Page vor seiner Tür stehen und jeden Besucher ankündigen müssen. Mit einem schaurigen Klirren zog der Prinz seine Klinge, ehe er vorsprang, um sich gegen den Eindringling, der nur ein Attentäter sein konnte, zur Wehr zu setzen.
    Der Stahl drang in Hüfthöhe in die verhüllte Gestalt – und widerstandslos durch sie hindurch. Die Silhouette hätte eine schattengewirkte Illusion sein können, wäre da nicht die Stimme gewesen, die ihn in gestrengem, ärgerlichen Ton tadelte. »Ich bin kein Handlanger Eures Halbbruders, und Euer Stahl wird Euch nicht weiterhelfen. Mein Leib ist schon vor fünf Jahrhunderten verstorben.«
    Doch die ungezügelten Reflexe des Prinzen ließen keinen Raum für die Vernunft. Längst schon hatte er seine Gabe des Lichts herbeigerufen.
    Ein Blitz flammte auf seiner gespreizten Hand auf. Mit einer gleißenden Helle, die einen sengenden Windhauch hervorrief, erleuchtete er den Balkon, bis die Dunkelheit vertrieben war und die rosafarbenen Samtvorhänge in seinem Schlafgemach an ihren Haken zerfielen.
    Von diesem weißen, strahlenden Licht als der bloßgestellt, der er war –

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