Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
die, mit ein bißchen mehr Zeit und geschickter Zimmerarbeit, später gegen ein Steuerrad und Taue ausgetauscht werden sollte. »Wir haben einen Vorteil«, sagte er, ehe er mit boshafter Miene über die Reling spuckte. »Wir kennen die Riffe, die aber nicht. Sollen ihnen doch die Dämonen in die Hinterteile beißen. Wenn sie aber die Tiefe ausloten, dann werden sie uns verlieren.«
Die noch lockeren Segel knarrten leise, ehe sie sich mit einem donnernden Geräusch unter vollem Wind blähten. Die Feuerpfeil nahm Fahrt auf, wobei der Rumpf eine Druckwelle heftig schäumenden Wassers an der Leeseite verdrängte, als die Schleppsegel das Schiff schwerfällig vorantrieben. Bald fiel der stille Hafen in der Bucht von Merior hinter ihnen zurück, während der Ostwind Regentropfen auf die Takelage niedertrieb. Tharrick blickte weder zurück, noch gestattete er sich, an andere Verfolgungen in der Vergangenheit zurückzudenken, in denen er das Kommando über die Truppen an Bord dieser Galeeren innegehabt hatte.
Wie ein Kaninchen auf der Flucht vor einem Wolfsrudel drehte sich die Feuerpfeil in den Wind und spreizte die zusammengeflickte Takelage, um in eine Fahrrinne zu gelangen, auf der sie die Küste hinabsegeln konnte. Die Männer, denen Arithon sein letztes Schiff anvertraut hatte, waren nervenstark genug, sogar dem Streitwagen Dharkarons die Stirn zu bieten. So schneidig wie verzweifelt nahmen sie die Herausforderung an, sich mit einem nie erprobten Schiff auf hohe See zu wagen, zwangen es unter plumpe Segel, die so gar nicht zu seinem Kiel und der Grazie seiner Form passen wollten. Die Zugkraft, mit der sich das Ruder dem Kurs widersetzte, hätte wohl die meisten Steuermänner verzagen lassen, doch der Kapitän bleckte die Zähne und hielt dem brutalen Zug unter voller Muskelanspannung stand. Gemeistert durch Mut, Entschlossenheit und einen unbeirrbaren Instinkt auf See, tanzte die Feuerpfeil auf geziertem Kurs zwischen den Riffen hindurch. Das Boot schäkerte mit dem Wind und umwarb die Küste wie eine hochwohlgeborene Jungfer in Lumpen, die in einem Elendsviertel in gefährliche Gesellschaft geraten war.
Unersättlich fraßen sich hinter ihr unter dem gleichmäßigen Schlag der Ruder die Galeeren ihren Weg durch ihr Kielwasser.
Die erste von ihnen lief mit kreischendem Kiel auf einem Korallenriff auf Grund. Wie die Beine eines auf dem Rücken liegenden Käfers schlugen ihre Ruder platschend und nun vollends außer Takt im Wasser auf, prallten aneinander und verhakten sich. Rufe hallten über die offene See, und ein Hornsignal bat dröhnend um Hilfe.
»Hah!« Ein bösartiges Gelächter entglitt der Kehle des Kapitäns auf der Feuerpfeil. »Die erste sitzt fest und die nächste ist unterwegs, um ihr zu Hilfe zu kommen.«
Der einzige Seemann, der nicht damit beschäftigt war, Leinen zu entwirren, bespannte unter Deck einen Bogen, ehe er damit begann, Pfeilspitzen mit Lappen zu umhüllen, um sie in Brand zu stecken. Die aufgerissenen Hände mit Stoff verbunden, reichte ihm Tharrick kurze Zwirnfäden, die die Brandsätze auf der Pfeilspitze halten sollten. Unbeständiger Regen fügte dem Schweiß auf seiner Haut weitere Nässe hinzu. Kaltes Wasser bahnte sich einen Weg über seinen Kragen. Er beugte sich vor und sah, wie der Kapitän so verbissen wie ein gehetztes Tier auf den nächsten Orientierungspunkt zuhielt, während die Galeeren hinter ihm unentwegt aufholten.
Eine Regenwand verschleierte die Sicht auf die kürzer werdende Spanne der Fluten, die in dem trüben Licht, zwischen dem kleinen Boot und seinen Verfolgern wie Quecksilber glitzerten. Hastig sah sich der Kapitän mit wildem Blick nach den Wolken um, die schwer und tief wie die hochgerutschten Röcke einer Dirne über den dahingleitenden Schaumkronen der Wellen wogten. Die steife Brise, die nun hereinbrach, brachte keine Rettung. Jeder Vorteil, den ihnen eine schlechtere Sicht verschaffen konnte, wurde durch ein größeres Risiko am Ruder zunichte gemacht. In den vom Niederschlag aufgepeitschten Fluten waren auch die Riffe, die den Kurs der Feuerpfeil säumten, trügerisch und kaum mehr auszumachen, wich doch das warnende Grün über den Untiefen in der unruhigen See einem einheitlichen Grau.
Heftig schwankend legte sich das kleine Schiff im auflebenden Wind auf die Seite. Die schweren, breiten Schleppsegel erschwerten die Steuerung, und es war unübersehbar, daß es seinen Kurs leewärts entlang der Küste nicht beibehalten konnte. Das Labyrinth
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