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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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nicht«, murmelte Talith. »Seine Verbündeten sind einfache Handwerker, Matrosen und ein Rudel halbverhungerter Schäfer, die ihn unterstützen, ohne sich berufen zu fühlen, eine Schlacht zu schlagen.«
    »Mein Feind wird dafür gesorgt haben, daß du so denkst.« Lysaer löste seine Finger aus ihrem weichen Haar, nahm sie bei der Hand und zog sie durch den Raum. Gemeinsam überquerten sie den Mosaikfußboden, auf dem Delphine und Meeresbrandung in zarten Pastellfarben dargestellt waren. Ein Bett mit seidenen Vorhängen und edlen Kaschmirdecken war von der Dienerschaft für sie hergerichtet worden. Neben dem Bett stand ein Tisch mit Intarsienarbeiten aus Lapislazuli, auf dem Kerzen in Haltern aus geschnitztem Sandelholz neben einer Schale mit süßen Trauben und einer Karaffe Weißwein brannten. Rosarote Rosen verströmten ihren Duft in einer kunstvollen Vase. Es war alles getan, ihnen eine behagliche, intime Atmosphäre zu schaffen.
    Lysaer zog seine geliebte Gemahlin in die Arme und setzte sie dann auf die duftenden Laken. Weder Wein noch frisches Obst war annähernd so verlockend wie das, was bei jedem Atemzug unter der Verschnürung ihres Kleides wogte.
    Der Prinz beschloß, sie in feierlicher Zeremonie zu entkleiden und ihr währenddessen Gelegenheit zu geben, ihr Redebedürfnis zu befriedigen. Gemächlich löste er die Schnüre aus den goldenen Ösen, während seine Augen ihre Gestalt gierig betrachteten. »Du warst nicht in Merior, meine Geliebte. Du kannst nicht wissen, was dort geschehen ist. Einer Witwe sind die Kinder gestohlen worden. Ein Gardist, der seine Stellung bei der Zerstörung der Waffenkammer Alestrons eingebüßt hat, wurde gefangengehalten und schrecklich gefoltert. Dieser Schattengebieter, für den du Vergebung wünschst, hat Messer erhitzt, um sein Opfer zu brandmarken.«
    »Aber ich bin Tharrick ebenfalls begegnet.« Den Anblick dieser Narben würde sie gewiß nicht vergessen. »Er selbst hat mir erzählt, daß Arithon keine Schuld an dem trägt, was ihm widerfahren ist.«
    Ein Knoten öffnete sich unter Lysaers Händen. Vorsichtig tastend schob er seine Finger unter den edlen Stoff. »Wird die Maus, verhext von der Schlange, die Wahrheit sagen? Wir sprechen von einem Zauberer, der nicht davor zurückschreckt, kleine Kinder zu verderben und von ihren Müttern fortzulocken.«
    »Du meinst die Zwillinge von Jinesse? Fiark und Feylind?« Talith richtete sich auf. Urplötzlich wich das sanfte Beben ihres Leibes unter der zärtlichen Berührung einem sorgenvollen Schaudern. »Aber Arithon hatte recht. Die Frau hat ihren Gemahl verloren. In ihrer Not und ihrem Kummer wollte sie die Kinder an ihre Rockzipfel ketten.«
    Ein mildes Frösteln trübte Lysaers Glück. Er stützte seinen Oberkörper auf einen Ellbogen und betrachtete seine Gemahlin, deren Reiz in all den unverschnürten, wogenden Stoffen ihm den Atem rauben wollte. »Geliebtes Weib«, seufzte er mit milder Nachsicht. »Der Prinz von Rathain ist ohne Zweifel überaus subtil, an diesen Zug wirst du dich gewiß aus Etarra erinnern. Außerdem ist er ein Meister der Täuschung, der mit List und Tücke die Menschen in seinen Bann zu schlagen versteht.«
    Talith streifte sich das Oberteil von den Schultern und schüttelte die mit Bändern verzierten Stulpen von ihren Unterarmen. »Es ist schwer, seinen Geist auszuloten, aber ich bin nicht überzeugt, daß er ein Verbrecher ist.«
    Nun würden sie den Wein doch brauchen. Lysaer griff nach der Karaffe und füllte zwei Kristallkelche. Sanft legte er die Finger seiner Gemahlin um den Fuß des Kelches, ehe er, tiefes Mitgefühl in den saphirblauen Augen, zusah, wie sie trank. »Auch mich hat er einmal getäuscht, und es wäre beinahe mein Untergang gewesen. Ich habe dir nie erzählt, was ich in einer Gasse im Armenviertel sah, an dem Tag, bevor die Zauberer der Bruderschaft versucht haben, den Mann zum Hohekönig von Rathain zu krönen.«
    Lysaer lehnte sich mit dem Rücken an das Kopfbrett des Bettes und zog sie an sich, bis ihr Kopf an seiner Schulter ruhte. Seine freie Hand legte er auf ihre Hüfte, während er sein Kinn in ihrem Haar vergrub. »Zum Vergnügen eines Rudels Zwangsarbeiter aus den Abdeckereien hat Arithon einst ein winziges Schiff aus seinen Schatten geformt. Es waren Kinder, unterernährt und mißbraucht, und seine listige Zauberei brachte sie zum Lachen. Ich ließ mich zu dem Glauben verführen, er würde sich unbeobachtet wähnen, und ich liebte ihn für sein Mitgefühl mit

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