Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
weit über sich vernahm, verdrehte Dakar die Augen, während hinter ihm der Steuermann und zwei Matrosen fluchend mit dem Ruder kämpften. »Bei allen Dämonen, wir werden noch sämtliche Planken im Sturm verlieren, und nicht ein Segel ist gerefft.«
    »Ich bin gewiß nicht so ungeschickt, die Segel zu zerfetzen«, entgegnete Kharadmon tadelnd. Als sein Vorwurf keine Entschuldigung hervorbrachte, fügte er eine böige Schmähung hinzu, die an den losen Säumen und der unordentlichen Verschnürung der durchnäßten Hofkleider des Wahnsinnigen Propheten zerrte.
    »Wir sind in Eile, weil zu Innish eine Schuld auf der Khetienn lastet«, ertönte ungefragt die Erklärung. »Ich will sie begleichen, bevor sie fällig wird.«
    Durch Dakars mürrisches Grübeln zwängte sich die Erkenntnis, daß Arithon s’Ffalenn hinter ihm stand, möglicherweise lange genug, seinen letzten Kommentar mit angehört zu haben. Auf Unannehmlichkeiten gefaßt, wirbelte er um die eigene Achse, um sich dem Übel zu stellen.
    Höfisches Wams und Seidenhemd waren einem schlichten Matrosenkittel gewichen, auf dem unzählige Teerarbeiten ihre Flecken hinterlassen hatten. Unter dem windzerzausten schwarzen Haar drückte sich keinerlei Vorwurf in den Zügen des Schattengebieters aus, sondern eine gehetzte Offenheit, wie Dakar sie nie zuvor gesehen hatte.
    Arithon richtete eine Frage an die unsichtbare Präsenz des Zauberers im Wind. »Wenn Dhirken für die ehrbare Heuer ihres Schiffes mit dem Tode bestraft werden konnte, was in Aths Namen wird dann Talith widerfahren?«
    »Wollt Ihr das wirklich wissen?« Kharadmons vorübergehende Unaufmerksamkeit gegenüber dem von ihm gerufenen Wind zog eine kleine Verwirbelung nach sich, die eine Flut Spritzwassertropfen über das Deck jagte.
    »Ich muß es wissen«, beharrte Arithon.
    »Wozu die Sorge?« mischte sich Dakar ein. »Talith war unerträglich arrogant, und sie hat ihre Schönheit zur Schau gestellt, um eine Intrige gegen Euch zu inszenieren.« An den Geist aus der Bruderschaft gewandt, der wie ein Pfeil über die Masten hinwegschoß, fügte er hinzu: »Ich habe alles mitangesehen. Arithon hat stets Distanz zu der gnädigen Frau gewahrt, als wäre sie giftig und von Dämonen besessen.«
    »In der Tat«, stimmte Kharadmon zu. Der Wind heulte in den Tauen, und der Zweimaster glitt durch eine tiefe Dünung. Grün schimmerndes Wasser schlug über die Reling und lief gurgelnd durch die Speigatt wieder ab. »Doch trotz dieser Vorsorge, hat Talith Arithons mitfühlende Seele erkannt, und sie war zu stolz, ihrem Gemahl etwas vorzumachen. Auch hat sie nicht damit gerechnet, daß Lysaers Urteilsvermögen gelitten haben könnte. Desh-Thieres Fluch hat ihr deutlich gezeigt, wie fehlplaziert ihr Vertrauen war, doch es war zu spät.«
    »Ihre Ehe ist ruiniert«, folgerte Arithon mit einem Ausdruck des Schmerzes, der gegen jede Hoffnung um einen Widerspruch zu flehen schien.
    Kharadmon war nicht gewohnt, sich über Ursache und Wirkung hinaus um die Heftigkeit der letzteren zu sorgen. »Lysaer wird nie wieder das Lager mit ihr teilen. Er wird ihren Rang respektieren und nicht mit einer Mätresse durch die Gegend stolzieren, aber die Beziehung zu seiner Frau wird bis zu ihrem Tod nur noch eine höfische Formalität sein.«
    »Er legt sie einfach ab?« Ungläubig richtete Dakar sich auf, während die Khetienn durch die Dünung rollte. Mühevoll den heftigen Schwankungen des Schiffes standhaltend, fühlte er sich durch Arithons überstürzten Abgang in einen Interessenkonflikt gestürzt.
    »Das kannst du ruhig glauben«, sagte Kharadmon. »Als die gnädige Frau zurückkehrte, hatte sie bereits zuviel gesehen. Und die zerstörte Gabe der Gerechtigkeit derer zu s’Ilessid wird Lysaer keine Möglichkeit lassen, einen Zustand innerer Unklarheit zu ertragen.«
    Frierend, zitternd vor Mißtrauen, das sich gleich einer schauerlichen Vibration in seinen Knochen zu manifestieren schien, verschränkte Dakar die kurzen Finger über seinen Knien. Bruderschaftszauberer neigten von jeher zu subtilen Spielchen. Ganz gewiß durfte er die Möglichkeit nicht ignorieren, daß Kharadmon ihn aus gutem Grunde gegen Lysaer einzunehmen versuchte, ganz besonders dann, wenn es Sethvir gelungen sein sollte, ein Echo aufzufangen, in dem sich eine geheime Weissagung über Arithons weiteres Leben verbarg.
    Dakar fehlte es an Mut, seinen Verdacht offen zu äußern; und zu einem unbestimmbaren Zeitpunkt in der folgenden Stunde verließ Kharadmon die

Weitere Kostenlose Bücher