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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Khetienn, deren Reise gen Süden nun von den weltlichen Winden vorangetrieben wurde.
     
    Der nächtliche Wachwechsel der Matrosen hatte bereits stattgefunden, als der Wahnsinnige Prophet erkannte, daß etwas nicht stimmte. Arithon war nicht mehr auf Deck des Zweimasters erschienen, seit er sich so scheinbar zusammenhanglos nach dem Schicksal Prinzessin Taliths erkundigt hatte.
    Bei Sonnenuntergang war das Wetter besser geworden, und die Khetienn glitt unter vollen Segeln durch die sanfte Dünung gen Süden. Die königliche Flagge, die abzunehmen sich niemand die Mühe gemacht hatte, flatterte hoch oben am Mast in der Brise. In der Kombüse fand ein Würfelspiel statt, und die Jubelrufe des Gewinners hallten vermengt mit Faustschlägen auf die Tischplatte durch die Deckplanken herauf. Segel und Takelage hoben sich sauber und ordentlich vor dem Sternenhimmel ab; zu sauber, bildete Dakar sich ein. Als hätte der diensthabende Maat die Leinen der Khetienn in der sicheren Erwartung festgezurrt, daß keine Korrekturen verlangt werden würden.
    »Oh, seine Gnaden haben sich unter Deck zurückgezogen«, beantwortete der Steuermann lakonisch Dakars sorgenvolle Frage. »Sagt, er will in Ruhe gelassen werden. Er wollte nicht einmal informiert werden, falls der Wind dreht. Auch den Diener hat er weggeschickt. Kein Essen und keine Bedienung, bis es Morgen wird.«
    Dakars Pulsschlag beschleunigte sich in gleichem Maße, wie seine Sorge zunahm. So unnachgiebig Arithon auch sein mochte, wenn er allein sein wollte, so war er doch ein untadeliger Kapitän. Niemals zuvor hatte er darauf verzichtet, persönlich über jede einzelne Nuance der Segelstellung zu wachen und sich peinlich genau um die Einhaltung des richtigen Kurses zu kümmern. Dieser Mangel an Aufmerksamkeit ergab keinen Sinn, nicht jetzt, da die Khetienn so schnell wie möglich gen Süden segeln mußte, um Shand noch vor Lysaers Galeere zu erreichen.
    »Sithaer!« fluchte der Steuermann mit ungläubig hochgezogenen Brauen angesichts Dakars entschlossener Miene. »Oh, Mann, Ihr werdet doch nicht hinter ihm hergehen. Ich wette meinen Arsch, daß er jedem Narren, der es wagt, seinen Zorn auf sich zu ziehen, das Herz aus der Brust schneiden würde.«
    Doch wie die unglückselige Prinzessin war Dakar längst zu weit gegangen und hatte viel zu viel gesehen. Aus einer veränderten Perspektive heraus, die er kaum noch als die seine zu erkennen imstande war, kanzelte er den Steuermann wütend ab. »Denkt Ihr auch manchmal nach? Auch Arithon ist nicht unverwundbar, und wenn er sich noch so sehr darum bemüht, diesen Eindruck zu vermitteln. Gerade erst hat er erfahren, daß wieder einer seiner Freunde aus dem Rad des Schicksals gestoßen wurde, ein Umstand, der ihn kaum aufheitern wird.«
    Der gesetzte alte Steuermann bedachte ihn mit einem wachsamen Blick aus Augen, die von tiefen Runzeln umgeben waren. »Mag ja sein, daß Ihr recht habt«, sagte er schließlich, »aber auch dann ist es mir lieber, wenn Ihr an meiner Statt die Schlange am Schwanz packt.«
    Dakar reagierte mit einer Verwünschung, und nicht einmal der Gedanke, daß dies die erste Gelegenheit in seinem Leben war, die ihm ein Lob Asandirs hätte einbringen können, vermochte ihn, aufzuheitern. »Ich muß wirklich schon von Geburt her dämlich sein.« Noch immer still in sich hinein fluchend, quetschte er seine Leibesfülle durch die Luke die Kajütstreppe hinunter. »Selbst ein Hund ist weise genug zu wissen, wann er zu alt ist, sich noch zu ändern.«
    Die verschlossene Tür der Kajüte zu achtern lag in einem finsteren, überdies dunkel gestrichenen Teil des Schiffes. Dakar wog seine Feigheit gegen die unaussprechliche Furcht ab, und das Ergebnis war schreckliche Angst. Dennoch ging er weiter, durchquerte unsicheren Schrittes auf schwankenden Planken den Kajütsgang in Richtung der Kapitänskabine.
    Sein Klopfen blieb unbeantwortet, und die Tür erwies sich erwartungsgemäß als fest verriegelt.
    »Öffnet die Tür«, schnappte Dakar, dessen Unbehagen all seine Geduld besiegt hatte. »Wenn Ihr nicht öffnet, Arithon, so schwöre ich Euch, ich werde die Tür aufbrechen, aber gewiß nicht durch Zauberei.«
    Kein Geräusch erklang von der anderen Seite. Nach einem leise geknurrten Fluch und einem raschen Gebet zu Ath senkte der Wahnsinnige Prophet wie ein angriffslustiger Stier den Kopf, bereit, sich mit der Schulter voran auf die Tür zu stürzen.
    Der Riegel klickte leise, und hinter der aufgleitenden Tür kam

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