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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Auswirkungen auszugleichen.
    Dakar krabbelte zur Koje, zerrte die wattierte Decke herunter und wickelte sie um Arithons reglose Gestalt. Die Lampe, deren Ölvorrat erschöpft war, begann nun immer wilder zu flackern, doch der Wahnsinnige Prophet ließ die Flamme unbeachtet verlöschen. Durch Tasten und magische Wahrnehmung fand er Wasserfaß und Krug, die zur Linderung der Nebenwirkungen des Tienellekrautes bereitgestellt worden waren. Auch eine Kohlenpfanne war vorbereitet, wenngleich nicht entflammt, um Aufgüsse heilender Kräutertrünke zu bereiten.
    Dakar kniete neben Arithon nieder und hielt seine zarten Finger in den Händen, besorgt, die kräftezehrenden Symptome könnten längst über den Punkt hinaus sein, da sie noch durch einfache Heilanwendung zu lindern waren.
    Furchtbarer Kummer erschütterte sein Wesen, als ihm die Gefahr bewußt wurde, in die Arithon auch das Vermächtnis geführt hatte, das Halliron Athera hinterlassen hatte.
    Denn noch war der körperliche Schaden nicht allzu schlimm. Auch eine tödliche Dosis Tienellerauch benötigte einige Stunden, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Weit größere Gefahr drohte dem bewußtlosen Geist, der unkontrolliert im Strudel einer visionären Trance herumwirbelte, ohne Aussicht auf wissende Führung, die ihm helfen konnte, den sprunghaften Flug erweiterter Wahrnehmung zu stabilisieren. Und auch der geübte Magier, der dem umhertappenden Geist zu Hilfe eilen wollte, ging stets das Risiko ein, sich in demselben alptraumhaften Strudel zu verlieren.
    Dies war eine Arbeit, einem Bruderschaftszauberer angemessen, nicht aber einem wichtigtuerischen Schüler, der die Jahrhunderte seiner Lehrzeit mit Huren und sinnlosen Besäufnissen vergeudet hatte. Dakar gab sich keinerlei Illusionen hin. Da es ihm aber an Geübtheit mangelte, einen Notruf über endlose Wegestunden offenen Meeres zu entsenden, konnte er nur versuchen, den Kontakt mit Sethvir über die irdischen Kanäle aufzubauen, die die Paravianer hinterlassen hatten.
    Der Wahnsinnige Prophet hievte seine Leibesfülle in aufrechte Position, öffnete die Klappe des Kartentisches und klaubte die kleine Schieferplatte hervor, die an windigen Tagen als Papierbeschwerer für das Logbuch der Khetienn diente. Sodann durchwühlte er auf der Suche nach einer Kerze und einem Messer beinahe sämtliche Schubladen. Das Ritual, dessen er sich nun zu bedienen gedachte, war ein Ausbund an Schlichtheit: den Hilferuf in Runenform mit Blut auf die Schieferplatte schreiben, die Schriftzeichen unter der jungen Kerzenflamme einbrennen, dann das Fenster öffnen und das Meisterwerk der See übergeben.
    Die Rune, das Blut und die Prägung des Feuers auf dem extrem ruhigen Energiefluß des Steines würden die Resonanz des Wassers spalten. Wenn der Hüter des Althainturmes nicht gar zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt war, so würde er der Anomalie gewahr werden und Hilfe schicken.
    Auf seinen Hinterbacken zusammengesackt, die Ellbogen gegen den Fenstersims gestemmt, wartete Dakar, während die Minuten dahinzogen und das Kielwasser des Zweimasters sich wie eine helle Häkelarbeit auf dunklem Samt im Licht der Sterne ausdehnte. Die Schieferplatte sollte inzwischen den Meeresgrund erreicht haben. Arithons zusammengesunkene Gestalt lag noch immer reglos am Boden und atmete kaum mehr, ein entmutigendes Zeichen. Dakar wäre es zweifellos lieber gewesen, er würde sich von Alpträumen geplagt hin und her werfen. Zuckungen, deliriöse Schreie, auch die schlimmsten Qualen, die das Leben hervorbringen konnte, wären besser gewesen als diese allumfassende, orientierungslose Stille.
    Von verzweifelter Ungeduld geplagt, zappelte Dakar nervös. Das Warten dauerte zu lange. Sethvir würde nicht antworten. Irgendeine andere der unzähligen kleinen Krisen im Weltengeschehen mochte derzeit die Aufmerksamkeit des Zauberers beanspruchen, oder er hatte ihn wohl gehört, war jedoch gezwungen, sich anderen Aufgaben zu widmen und aus unerfindlichen Gründen außerstande, ihm einen der körperlosen Brüder zu Hilfe zu schicken.
    Als eine Viertelstunde dahingegangen war, kam Dakar nicht länger umhin, sich der schauerlichen Erkenntnis zu stellen, daß er mit diesem Problem allein stand. Er mochte es meistern oder versagen, es lag ausschließlich an ihm. Noch immer spukte Jilieths Geist durch seine Gedanken, schalt ihn für die Unzulänglichkeiten, die abzustellen er sich nie bemüht hatte. Schuldgefühle hielten ihn in festem Griff. Die Alternative aber

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