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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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s’Ilessid verfügte nicht über den Vorteil derartigen Schutzes. Erstmals erkannte Dakar in erschreckender Deutlichkeit, warum die Bruderschaftszauberer den blonden Halbbruder während des Kampfes zur Gefangennahme des Nebelgeistes als Opfer erwählt hatten.
    Wäre ihre Wahl auf Arithon gefallen und hätten die bösen Geister ihn erreicht, so hätte sich seine Kraft und seine geschulte Macht jenseits aller vernünftigen Beschränkungen gegen sie wenden können.
    Von neuem Kummer angesichts alter Greuel erfaßt, saß Dakar in seinem kalten Schweiß und zehrte an dem Dilemma, das nun ganz gegen seinen Willen seinem Urteilsvermögen überlassen war. Er konnte die Tienellevergiftung nicht heilen, solange es ihm an der innerlichen Einwilligung dieses Geistes mangelte, der schon zu weit davongetrieben war, auf den Wogen der Droge zu einer Vision getragen, in der er die Vergangenheit erneut durchleben mußte. Niedergeschlagen murmelte der Wahnsinnige Prophet ein selbstmitleidiges Gebet, durchsetzt mit unzähligen Verwünschungen. Sein Magen war nicht widerstandsfähig genug, die unzähligen Lagen von Arithons persönlichen Qualen mitzuerleiden, und doch gestattete ihm der eng begrenzte Rahmen seines eigenen Wissens keinen anderen Zugriff.
    Denn jener Augenblick innerer Verbindung hatte ihm auch seinen Fehler gezeigt. Er hatte die Wege zu Arithons verlorener Macht verfolgt, die erst durch den Mißbrauch ausgedörrt und schließlich bis über alle Grenzen seiner Gabe und seiner Kraft hinaus angetrieben und ausgezehrt worden waren. Die Narben dieser Erfahrung der Vergangenheit waren über die Zeit verheilt, jedoch hatten sich seine Fähigkeiten nicht wieder erholt. Schuld blieb zurück, eine trübsinnige, verwünschenswerte Barriere, fest verschmolzen mit der königlich s’Ffalennschen Gabe der Barmherzigkeit.
    Allzu deutlich lag dies alles vor Dakars Blicken, und er weinte wegen des traurigen Verlustes. Gar zu leicht konnte die Macht der Großen Beschwörung den mörderischen Absichten des Nebelgeistes zum Opfer fallen, und Arithon fürchtete nichts mehr, als die Auswirkungen solchen Geschehens mitansehen zu müssen. Das tiefe Erbarmen, das seinem Geschlecht zu eigen war, stellte sich dem entgegen, schlug ihn mit Blindheit und Taubheit, um die strahlende Macht, die in ihm lebte, umfassend genug zu unterdrücken, daß auch der unwahrscheinlichste Zufall sie nicht wieder erwecken konnte.
    Der Abend schritt voran. Tief beschattet schaukelte die Kabine zu achtern heftig, als sich der Zweimaster in ein Wellental legte. Der Seegang wurde stärker. Durchgerüttelt von dem schauerlichen Trommeln des Windes in der Takelage, fühlte Dakar in den singenden Vibrationen des Rumpfes die ersten Anzeichen schlechten Wetters.
    Als würde ihn das Knarren und die Beanspruchung seines Schiffes bis in die Bewußtlosigkeit verfolgen, verkrampften sich Arithons Hände gequält um den Stoff der Decke. Sein Kopf bog sich zurück, und er stöhnte erbärmlich. Die Alpträume vergangenen Blutvergießens begannen, sich im Delirium aufzulösen und an seinem lebendigen Geist zu zerren.
    Doch es würde noch schlimmer werden. Mit eiskalter Gewißheit wußte Dakar, daß die Auswirkungen des Tienellekrautes ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hatten. Weder wagte er, den Geistern Arithons entgegenzutreten, noch auch nur den Versuch zu starten, sein flammendes, erweitertes Empfinden zu begleiten, solange er nicht auch seine armselige Wahrnehmungsfähigkeit vorbereitet hatte.
    »Zu Sithaer mit dir«, grollte er, als er sich erhob und nach der Steinpfeife griff. Lieber wäre er unter den Rädern des Streitwagens Dharkarons zerquetscht worden, als sich dem scheußlichen Elend bei dem Entzug nach einer durch Tienelle verursachten Vision auszusetzen.
    Dennoch stopfte er die Pfeife mit den silbergrauen Blättern, führte das Mundstück zwischen seine Lippen, entzündete das Kraut und inhalierte den Rauch.
    Schon im nächsten Moment schienen sich die Planken der Khetienn schwankend unter ihm aufzulösen. Seine Sinne stürzten in einen Funkenregen weißer Glut, und Schwindel ergriff von ihm Besitz. Wo auch immer Arithon dieses Kraut gefunden haben mochte, es war von seltener Kraft. Dakar preßte die Augenlider zusammen, alarmiert von dem plötzlichen Aufstieg in höhere Gefilde der Wahrnehmung. Er hätte die Stunden zählen sollen, seit er das letzte Mal etwas gegessen hatte, ehe er sich der Wirkung des Rauches ausgesetzt hatte; schon bald würde er wissen, wie

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