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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Peinigerin äußerte kein mitfühlendes Wort. Oben auf der Kuppe trug der Wind hektische Schreie heran, vermengt mit dem klirrenden Spiel des Stahls. Bogenschützen aus den Sippschaften flohen über den Gipfel, in ihrer graubraunen Kleidung im zunehmenden Zwielicht kaum auszumachen. Dakar brachte einen ausgesprochen obszönen Fluch über alle Söhne hervor, die in Jaelot das Licht dieser Welt erblickt hatten, ballte seine Hände zu Fäusten und schloß krampfhaft die Augen.
    Er formulierte drei Rufe, zeichnete Runen in die eisige Luft und formte seine lebhaften, wirren Traumbilder zu einer Vision puren Schreckens.
    Die unüberlegte Vermischung magischer Kräfte löste eine unheilverkündende flammende Explosion am Himmel aus.
    Dakar schmückte sie mit den schlimmsten Erinnerungen an alkoholgenährte Alpträume aus. In greller, betäubender Pracht entstieg dem Licht eine Erscheinung, manifestiert durch eine verantwortungslose Explosion magischer Kräfte.
    Eine grausige Verkündung des Streitwagens Dharkarons brauste über das Himmelsrund.
    Der Besuch wurde von fünf prachtvollen Rappen, den Fünf Pferden Sithaers, gezogen, geschmückt mit urgewaltigem Zaumzeug leibhafter Blitze, das Fell schwarz wie Ebenholz und die Nüstern in dunkelroter Glut entflammt. Hufe unter weißen Fesseln schlugen Funken aus dem himmlischen Dach. Ihnen folgte eine bedrohliche, glänzendschwarze Kutsche mit Intarsien aus den Gebeinen der Toten, deren schmale Speichenräder auf ihrem Weg die Wolken durchtrennten wie Rauch im Wind.
    Aths Racheengel hielt die Zügel in seinen Händen. Nicht zufällig zierten die Züge des Kronprinzen von Rathain das Antlitz unter dem rabenschwarzen Haar.
    Dharkaron öffnete die wächsernen Lippen und lachte in den Wind, der an seinem silbrigen Umhang zerrte. Blutrot breitete sich das Rad des Schicksals auf seiner Brust aus, als er sich zu voller Höhe aufrichtete und auf seine wild galoppierenden Rösser hinabschaute. Die Silhouette ihrer Leiber verdunkelte den dämmerigen. Himmel nach Sonnenuntergang. Drohend schwang der Rächer seinen Ebenholzspeer, schleuderte den traumverlorenen Söldnern, die sich über den Hang verteilten, schaurige Flüche der Verdammnis entgegen. Schnaubend traten die Rappen aus, und auf einen Peitschenschlag und einen Aufschrei ihres Meisters rasten sie donnernd auf Alestrons verwirrte Streitmacht zu.
    Aus lasziven Träumen in ein Szenario grausamer Furcht gezerrt, nackt und unbewaffnet, einige aus dem Schlaf gerissen, andere aus Anfällen trunkener Freßgier erwacht, heulten Keldmars Söldner vor Grauen. Sie fielen auf die Knie, stürzten und blieben flach an den Boden gepreßt liegen, stemmten sich dann auf Hände und Knie, um in grenzenloser Panik die Flucht zu ergreifen. Ob barfuß oder mit Stiefeln, trampelten sie über abgelegte Rüstungen und unordentliche Kleiderhaufen, vergessenes Schuhwerk und liegengelassene Schilde hinweg. Schwerter und Lanzen blieben zurück, wo sie gelegen hatten. Von einer Massenpanik erfaßt, zerstreuten sich all die kampfgestählten Söldner vor Dakars Augen auf ihrer verzweifelten Flucht hinab in die Niederungen.
    Nicht einer blickte zurück, selbst dann nicht, als Streitwagen und Pferde sich unter einem letzten Donnerhall über dem verlassenen Berghang auflösten.
    Arithons Hirten und Clankundschafter waren nun frei, zu entschlüpfen und sich in den zerklüfteten Bergen und Schluchten zu verbergen, in denen die Nacht und die Schatten sie schützen würden.

 
Bitternis
     
    Hinter einer verschlossenen Eisentür saß die Oberste Zauberin des Ordens von Koriathain in einem kahlen, von Steinmauern umgebenen Raum innerhalb des von den Jahren gezeichneten Leuchtturmes der Küstenstadt Thirdmark. Die Spitzbogenfenster, die einen strategisch wertvollen Blick über die Gewässer des Felsenbuchthafens gewährleisteten, waren mit steifem Filz verhängt. Zugluft wirbelte den uralten Staub auf. Die Mauersteine rochen nach moderndem Mörtel und Meersalz, und in den Vorhängen hing ein an alte Wollkleider erinnernder Gestank nach Schweiß und morastigem Wasser.
    An diesem Ort konnte niemand sagen, ob es heller Tag oder tiefste Nacht war. Keine noch so kleine Öffnung gestattete einen Blick auf den Himmel außerhalb des Gebäudes. Geräusche wurden von den dicken Mauern so sehr gedämpft, bis nur eine unheilvolle Stille zurückblieb, eingebettet in die unterschwellige Resonanz alter Kriege, während derer dieser Turm den Angriffen ungezählter, namenloser Belagerer

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