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Der Fluch des Salamanders

Der Fluch des Salamanders

Titel: Der Fluch des Salamanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Bertram
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kann sogar ich riechen. Für einen Puma ist das eine Kleinigkeit«, erklärte Pablo, dann blickte er Lea an. »Und du auch! Deine Seife riecht nach Ananas.«
    Lea und John sahen sich an. Pablo aber hatte sich schon wieder umgedreht und war mit langen Schritten den Pfad vorausgegangen. John ließ seinen Zeigefinger an seiner Stirn rotieren und Lea konnte sich ein Nicken nicht verkneifen.
    Schon bald jedoch merkten sie, dass Pablo recht hatte. Der Regenwald roch anders als die Wälder daheim. Es war eine Mischung aus alten faulenden Blättern, üppig blühenden Blüten und dem braunen, brodelnden Wasser des Flusses, dessen stetiges Rauschen ihr ständiger Begleiter war. Es roch nach Verwesung oder zumindest so, wie sich die Zwillinge den Geruch von Verwesung vorstellten. Und manchmal war es ihnen tatsächlich, als würden sie zwischen den vielen Düften des Waldes auch den herben Geruch eines großen Tieres bemerken.
    Plötzlich blieb Pablo regungslos stehen. Lea und John taten es ihm nach, obwohl sie keinen blassen Schimmer hatten, wen oder was Pablo gehört oder gerochen hatte.
    Sie starrten an ihm vorbei nach vorne, konnten aber nichts entdecken.
    Mit winzigen Schritten bewegte sich Pablo rückwärts.
    »Was ist da? Der Puma?«, flüsterte John. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug.
    Pablo antwortete nicht. Er legte die rechte Hand auf seinen Mund.
    Lea und John verstanden sofort. Auch sie begannen, schweigend zurückzuweichen, obwohl sie immer noch nicht wussten, was da vorne auf sie wartete.
    Sie rochen es, ehe sie es sahen. Es war der beißende Geruch von Schnaps und Zigarettenrauch, der ihnen entgegenwehte.
    Kurz darauf stand ein Mann vor ihnen auf dem Pfad. Keine zehn Meter von ihnen entfernt. Der Fremde wirkte genauso überrascht wie die Zwillinge, hier mitten im Urwald auf andere Menschen zu treffen. Sein Gesicht war unrasiert und seine Hose zerrissen. In der Hand hielt er ein Gewehr, das er langsam, ganz langsam hob und auf die drei Kinder richtete.
    »Lauft!«, brüllte Pablo so laut, dass sogar die Brüllaffen für einen Moment verstummten.
    Im nächsten Moment hatte er die Zwillinge schon an der Hand gefasst und vom Pfad weg in den Urwald gezerrt. John und Lea blieb keine Zeit, zu fragen, warum oder weshalb. Sie rannten einfach, so schnell sie konnten.
    (aus Johns Notizbuch)
    Hinter sich hörten sie Rufe in einer Sprache, die sie nicht verstanden. Andere Stimmen antworteten. Der Mann war nicht alleine und die Rufe wurden nicht leiser. Im Gegenteil: Die Stimmen kamen näher. Atemlos hetzten Lea und John hinter Pablo her. Sie hatten Seitenstechen und das Luftholen fiel ihnen von Schritt zu Schritt schwerer. Pablo musste immer häufiger stehen bleiben, um auf sie zu warten.
    »Los! Los! Beeilt euch!«, trieb er die Zwillinge an. Die beiden liefen, ohne zu fragen.
    Die Stimmen kamen jetzt aus verschiedenen Richtungen. Die Männer hatten sich offenbar aufgeteilt, um den Urwald besser nach ihnen durchkämmen zu können. Ab und zu ertönte ein Schuss, der die Zwillinge zusammenzucken ließ und sie anfeuerte weiterzurennen. Blätter und Zweige schlugen ihnen ins Gesicht, aber das kümmerte sie nicht. Vor ihnen stürmte Pablo leichtfüßig einen Hügel hinauf. Die Zwillinge hatten Schwierigkeiten, ihm zu folgen. Auf allen vieren krabbelten sie ihm nach. Dabei griffen sie nach Ästen und Wurzeln, um Halt zu finden, immer bemüht, Pablo nicht ausden Augen zu verlieren, denn das war ihre größte Angst: den jungen Indio zu verlieren und im Dschungel allein zurückzubleiben. John stolperte und rutschte auf dem matschigen Boden ein paar Meter den Hang hinunter. Lea lief zurück, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. Als sie ihn erreicht hatte, sahen sie beide am Fuß des Hügels einen Mann. Es war nicht derselbe, der auf dem Pfad gestanden hatte. Auch er hatte sie entdeckt.
    »Komm schon! Schnell!« Lea griff John unter die Arme und zog ihn hoch. John schrie auf. Er hatte sich den Knöchel verstaucht. Unten brüllte der Mann und schoss in die Luft, um seine Gefährten zu sich zu rufen. Lea und John liefen weiter. John stöhnte bei jedem Schritt vor Schmerzen und auch Leas Lungen brannten von der Anstrengung. Sie wollten zu Pablo, aber von dem war weit und breit nichts mehr zu sehen.
    »Wo ist er?« Lea versuchte, ruhig zu klingen und die Panik in ihrer Stimme zu unterdrücken. Aber John kannte sie lang genug, ein Leben lang, um genau zu sein, und auch er spürte den gleichen riesigen Kloß in seinem Hals.
    Unten

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