Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
Siegelring als Mitglied der geheimen Bruderschaft ausgewiesen hatte, beobachtete der Franziskaner den Gast mit Argwohn und wachsender Nervosität.
»Beschreibt mir die Reisenden«, befahl der Jesuit. Wie immer war er darauf bedacht, dass seine Kapuze nicht verrutschte.
»Es handelte sich um eine Frau und zwei Männer. Die Frau wurde unglücklicherweise überfallen und verletzt. Eine stadtbekannte Hexe hat sie brutal zusammengeschlagen, um an ihre Haare zu gelangen. Dabei wurde die Frau schwer verletzt und musste länger bleiben als ursprünglich geplant.«
»Jemand hat der Frau ihren Haarschopf gestohlen?«, fragte der Vermummte erstaunt. Auch nach Jahren der Wanderschaft gab es immer wieder Ereignisse, die in ihm Verwunderung auslösten.
»Ja, einige Heiden glauben, dass blondes Haar über besondere Kräfte verfügt. Es ist eine lange und beschwerliche Aufgabe, diese Menschen zum wahren Glauben zu bekehren. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was wir alles unternehmen, um die Indios von der Lehre Christi zu überzeugen. Sie glauben an ihre Götter, verehren die Sonne und Schlangen und weiß der Kuckuck was noch …«
Mit einer ungeduldigen Handbewegung brachte der Jesuit Carlos zum Schweigen. So genau wollte er nicht informiert werden.
»Ich bin nicht hier, um über Eure lobenswerte Aufgabe zu reden. Ich will wissen, wohin die drei unterwegs sind.«
Beleidigt lehnte sich Carlos zurück und verschränkte die Arme vor seiner schmalen Brust: »Wie gesagt, die Frau war verletzt. Sie trug immer noch einen Verband um den Kopf, als sie aufbrachen. Die beiden Männer, ich glaube, es waren Engländer, waren gesund, wobei einer ständig betrunken war.«
Angeekelt verzog Carlos das Gesicht.
»Wohin wollten die drei?«
»Nach Barinas. Sie sind mit drei Mauleseln unterwegs.«
Der Jesuit senkte den Kopf und überlegte. Etwas an dem, was der Franziskaner eben gesagt hatte, irritierte ihn. Es fiel ihm wieder ein: »Ihr sagtet, dass die Männer Engländer waren?«
Carlos nickte: »Engländer, die sich mit der Frau aber in der Sprache der Welser unterhielten: Deutsch. Ich beherrsche die Sprache ein wenig, da ich vor Jahren mit Kaufleuten zu tun gehabt habe. Jetzt versteht fast niemand mehr Deutsch. Alle Menschen unterhalten sich auf Spanisch.«
»Wie sahen die drei aus?«, wollte der Jesuit wissen. Die unnötigen Ausschmückungen des Paters begannen ihn zu nerven.
Carlos zuckte mit den Schultern.
»Alle drei hatten helle Haut. Ein Mann war groß und schlank, mit dunklem Haar und dunklen Augen. Der andere war klein mit karottenroten Haaren und einem Gesicht wie ein Kobold. Die Frau …« Carlos machte eine Pause und schien nach den richtigen Worten zu suchen.
»… war ausgesprochen hübsch, mit einem geschmeidigen Körper und langem, blondem Haar?«, half der Jesuit weiter.
Carlos lief rot an und meinte eine Spur zu schnippisch: »Ich habe sie nicht so genau angesehen. Aber es kann sein, dass Ihr recht habt.«
Natürlich hatte der Jesuit recht, und das beruhigte ihn. Auch wenn er nicht verstand, warum die Frau mit zwei Engländern reiste und nicht mehr mit dem blonden Arzt. Da sie aber nach Barinas unterwegs war, schien sie immer noch im Besitz der Karte zu sein. Er musste sie unbedingt eingeholt haben, bevor sie dorthin gelangte. Allerspätestens aber in Tunja. Seinen Informationen nach beschrieb die Karte einen Weg, der von dieser Stadt aus zum Schatz führte. Es war jedoch möglich, dass es sich um eine Fehlinformation handelte. Deshalb war es wichtig, die Frau in Barinas abzufangen. »Ich brauche ein kräftiges Pferd und einen Mann, der mich begleitet. An seiner statt lasse ich Bonifàcio hier bei Euch. Er kann mit anpacken und ist ein verlässlicher Arbeiter.«
Aus dem Gesicht des Paters wich jede Farbe. Er setzte sich gerade auf und schüttelte entschieden den Kopf: »Es tut mir leid, aber ich kann keinen Schwachsinnigen in meinem Kloster gebrauchen. Wie ich Euch bereits gesagt habe, ist unsere Aufgabe schwierig. Wir versuchen den Ungläubigen den einzig wahren Glauben zu lehren. Wir bringen den Wilden die Lehre Christi. Dabei ist uns ein Tölpel bloß im Weg. Die Menschen würden es nicht verstehen, wenn er bei uns wohnt. Missgestaltete Menschen werden von den Einheimischen nicht akzeptiert.«
»Die Nächstenliebe ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche«, entgegnete der Jesuit. Für einen Moment war er versucht, den Pater mit seinem Messer zu überzeugen. Eine Methode, die er in den letzten Jahren oft
Weitere Kostenlose Bücher