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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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schon von vielen beschrieben worden ist, die nicht dabei waren, außerdem von vielen, die dabei waren, jedoch gute Gründe hatten, die Ereignisse zu verfälschen, sowie von nicht wenigen, die damals noch nicht einmal geboren waren.
    Viele berichten beispielsweise, daß es ein dunkler und trüber Tag war, mit niedrig hängenden Wolken und ominösem Donner, da dies vermeintlich das Wetter ist, das schreckliche Ereignisse begleitet. In Wirklichkeit war es ein frischer, klarer Novembertag. Der Wind war schon ein wenig beißend, doch die Sonne schien noch warm. In Wahrheit war es nicht das Wetter, sondern die Bürger selbst, die alle Anzeichen von Depression zeigten. In den Straßen drängten sich wie immer zu solchen Anlässen die Menschen, und auf dem Forum konnte sich kaum noch ein Hund zwischen den Beinen der Versammelten hindurchzwängen.
    Diese Menge, und nicht die Wolken, war es auch, die so bedrohlich grollte. Ateius, Gallus und viele andere hatten die Menschen in ihrem Widerstand gegen Crassus' Abreise fast zur Raserei getrieben. Es roch gefährlich nach einem Volksaufstand.
    Der Senat hatte sich schon vor Anbruch der Dämmerung versammelt; auch ich war dabei, gähnend und zum Warmwerden mit den Füßen stampfend. Es wurde besser, als die Sonne aufging und die Senatoren, die sich nach Kräften mühten, nicht so verfroren auszusehen wie die übrige Bürgerschaft, in ihrer ganzen Herrlichkeit beschien. Am heftigsten mühte sich Marcus Porcius Cato, gewandet in seiner abscheulichen, altmodischen Toga. Sie hatte noch den antiquierten, rechteckigen Schnitt, der nicht so elegant fällt wie die konventionelle, halbkreisförmige Version, und war so schmuddelig, daß er darin aussah wie ein Mann in Trauer.
    Außerdem trug er keine Tunika darunter, da die Vorfahren, die er verehrte, es für unnötig gehalten hatten, mehr als ein Kleidungsstück zu tragen. Und er war barfuß, weil dieselben Vorfahren Schuhe, Sandalen und dergleichen weibisch gefunden hatten. Zumindest glaubte Cato das und verbreitete sich bei jeder Gelegenheit langatmig darüber.
    Jeder Senator, der in oder bei Rom wohnte und in der Lage war, sich aus seinem Bett zu erheben, war an jenem Morgen anwesend. Marcus Licinius Crassus Dives legte sein Amt als Konsul nieder, trat sein prokonsularisches Imperium an und brach gen Syrien auf. Jeder wollte sehen, ob er es lebend bis zu den Stadttoren schaffte. Seine Armee war weit weg, und er hatte nur wenig Freunde in Rom. Er hatte sich seine Wahl durch Einschüchterung und Bestechung gesichert, und solcherart gewonnene Anhänger neigen nicht dazu, einem zu Hilfe zu eilen, wenn Blut, Zähne und Fleischfetzen die Straßen verunzieren.
    Wie immer zu solchen Anlässen summte die Stadt vor Omen: In Kampanien war ein zweiköpfiges Kalb geboren worden, der Aetna war wieder ausgebrochen, Blut regnete vom Himmel auf den Platz vor dem Tempel der Bellona, der erklärter maßen Feindesland war, und so weiter; all die üblichen schlechten Vorzeichen. Ich fand an jenem Morgen den Bericht über den Adler am beeindruckendsten, der angeblich rückwärts durch den Janustempel geflogen war, durch die Hintertür herein und durch die Vordertür hinaus. Man hört nur selten von einem wirklich originellen Omen. Ich überlegte, wieso eigentlich jemand wissen konnte, welche Tür welche war, da der Gott in beide Richtungen blickte.
    Beunruhigender waren verläßliche Berichte aus den Tempeln, daß die meisten Opferrituale beinahe katastrophal ausgegangen waren. Opfertiere hatten sich gewehrt, der Assistent des Priesters hatte mehr als einen einzigen Schlag mit dem Hammer gebraucht, um sie zu betäuben, unreine Tiere hatten sich Zugang verschafft, und die Priester hatten sich bei den uralten Opferformeln verhaspelt. Vor dem Tempel des Jupiter Stator hatte ein etruskischer Haruspex nach der Leberbeschau eines geopferten Bullen entsetzt die Flucht ergriffen. Ich selbst neigte dazu, vor jeder Leber entsetzt die Flucht zu ergreifen, aber von Haruspices durfte man annehmen, daß sie aus härterem Holze geschnitzt waren. Während wir am Fuße des Capitols warteten, opferte Crassus oben dem Jupiter Capitolinus.
    Meine Mitsenatoren drängten sich auf den Stufen des Saturntempels, umringt von den Mitgliedern der diversen priesterlichen Kollegien mit ihren Insignien. Die Vestalinnen standen auf den Stufen ihres Tempels, umgeben von einer artigen Menschenmenge, die in der Hauptsache aus Frauen bestand.
    Es waren Senatoren anwesend, die kaum zweimal im

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