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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gewöhnliche Platzwunden zu flicken.«
    Wir verabschiedeten uns mit dem guten Vorsatz, uns demnächst zu einem gemeinsamen Abendessen zu treffen. Er rief seine Ägypter, die über Ateius' Leiche eine Art Gebet zu sprechen schienen.
    Mittlerweile war es fast Mittag. Ohne Bedauern verließ ich den verstorbenen Ateius, der jetzt nur noch von drei oder vier unerschrockenen Clodius-Anhängern bewacht wurde, die die bösartigen Wesen der Unterwelt offenbar nicht fürchteten.
    Auf dem Rückweg in die Stadt ließ ich mir die ganze Geschichte durch den Kopf gehen. Ich hatte zwei Ermittlungen zu führen: Zum einen sollte ich heraus bekommen, aus welcher Quelle Ateius Capito den Geheimen Namen Roms erfahren hatte. Zum anderen sollte ich den oder die Mörder eben jenes Capito entlarven.
    Wenn ein Zusammenhang bestand, konnte der Mord an Ateius ein Versuch sein, die Identität seines Informanten zu verheimlichen. Wenn das der Fall war, mußte ich nur den Mörder finden und hätte damit den Verräter des Geheimen Namens; alles wäre schön sauber und ordentlich aufgeklärt.
    Leider hatte dieser Fall aber nichts erkennbar Sauberes oder Ordentliches. Im Gegenteil, er wies in zu viele Richtungen gleichzeitig. Es ging um einen ausländischen Krieg, um Innenpolitik, um die Ambitionen von großen und kleine Leuten und um Götter und Geister der Unterwelt.
    Doch was, wenn die meisten dieser Aspekte eher peripher wären, während sich hinter allem, gleichsam als tatsächlicher Beweggrund, die wahre Motivation verbarg? Ich nenne das immer den roten Faden, und dank dieses roten Fadens habe ich schon eine Reihe von Ermittlungen erfolgreich abgeschlossen, obwohl nur wenige so merkwürdig gewesen waren wie diese.
    Der Trick besteht darin, alles Irrelevante zu ignorieren, was einem überaus schwerfallen kann, vor allem wenn die Bedeutungslosigkeiten so bunt und ablenkend waren wie in diesem Fall. Jedenfalls hatte ich bestimmt noch nie zuvor die Wohlgesinnten in den Kreis der Verdächtigen einbezogen.
    Eines jedoch habe ich im Laufe der Jahre gelernt, eine Erkenntnis, die meines Wissens noch nie von einem Philosophen ausgesprochen worden ist: Kein Mensch denkt besser mit leerem Magen, also machte ich mich, um geistige Erleuchtung bemüht, auf die Suche nach etwas Eßbarem. Es ist einer der Vorzüge Roms, daß man nie weit bis zur nächsten Taverne laufen muß. Sie finden sich an jeder Ecke, und in fast allen sind ein paar Tische und Bänke aufgestellt, wo man sich niederlassen, nachdenken oder die Menschen beobachten kann. Ein solches Lokal fand ich ein paar Seitenstraßen vom Forum entfernt, setzte mich an einen Tisch und wartete, bis das Essen kam, bevor ich mich über den Wein hermachte.
    Mit der mentalen Klarheit, die einem ein voller Bauch beschert, wartete ich auf eine Eingebung. (Auch Bacchus ist im übrigen ein sehr inspirierender Gott.) Ich versuchte, die Fakten auszubreiten, soweit ich sie kannte. Womit hatte alles angefangen?
    Zuerst hatte Ateius Crassus verflucht. Oder genauer, er hatte Crassus' Expedition verflucht und alle, die daran teilnahmen.
    Das half mir nicht sehr viel weiter. Crassus war kein beliebter Mann, sondern jemand, in dessen Schuld viele Menschen standen. Der von ihm vorgeschlagene Krieg war auch nicht gerade populär. Aber reichte das für ein derart grausames Verbrechen aus? Wäre es nicht leichter gewesen, Crassus einfach zu ermorden? Wer profitierte von dieser Katastrophe?
    Zunächst der König von Parthien, Orodes, der meines Wissens in Rom keine Anhänger hatte. Die Opposition gegen Crassus in Rom kümmerte sich nicht um die Parther, die für uns bloß eine weitere Horde pferdefressender Barbaren waren. Und warum sollte Orodes, wenn er denn eine prophylaktische Maßnahme ergreifen wollte, nicht einfach einen Mann mit einem Dolch engagieren? Das wäre kostengünstiger und wahrscheinlich auch effektiver gewesen.
    Und warum Ateius töten, da Crassus allgemein verabscheut wurde? Die meisten Männer, die Crassus unterstützten, mußten doch eine klammheimliche Freude empfunden haben über die Verfluchung seiner Expedition. Der einzige Mensch, dem ich zutraute, Ateius aus Rache getötet zu haben, war Marcus Crassus der Jüngere, den diese Beleidigung seiner Familie schmerzlich getroffen und der bei einem Scheitern seines Vaters viel zu verlieren hatte. Er hatte mir gegenüber die durchaus vernünftige und lobenswerte Absicht geäußert, Ateius mit der Peitsche aus der Stadt zu jagen, sobald der sein Amt niederlegen

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