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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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ihnen haben Ateius vermutlich aufgehetzt, um sich seiner anschließend zu entledigen.«
    Wie die meisten mächtigen Männer sah Pompeius überall Intrigen und Verschwörungen. Wenn man sich natürlich aufführte, wie er, Caesar und Crassus es getan hatten, forderte man Verschwörungen förmlich heraus.
    »Ich kann nicht sagen, ob es gegen dich persönlich gerichtet war«, erklärte ich ihm, »aber auch ich vermute, daß er eher von seinen Verbündeten als von einem Feind eliminiert wurde. Ich habe Ateius nur einmal persönlich getroffen, und da machte er einen recht labilen Eindruck auf mich. Jedenfalls war er bestimmt kein Mann, den Verschwörer um sich haben wollen, wenn er seinen Zweck erst einmal erfüllt hat.«
    »Und mit der Ermordung eines Tribuns kann man die ganze Stadt in Hysterie versetzen und so von dem Eigentlichen ablenken, dem Fluch.«
    »Wie wahr«, räumte ich ein. Dieses Gespräch war vielleicht doch nicht ganz unfruchtbar.
    »Nun, dann mach dich wieder an die Arbeit. Und laß es mich unverzüglich wissen, wenn du auf etwas Substantielles gestoßen bist.« Er wandte sich wieder den Papieren auf seinem Schreibtisch zu. Ich widerstand dem Drang, zu salutieren und wie ein entlassener Soldat auf dem Absatz kehrt zu machen.
    Ich fragte mich, ob mir Pompeius seine privaten Überlegungen mitgeteilt oder aus persönlichen Gründen weitere Verwirrung gestiftet hatte. Da ich nicht dazu neigte, Pompeius irgendeine positive Absicht zu unterstellen, erschien mir die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher.
    Als ich die Tempeltreppe hinabstieg, drängte sich mir eine Frage auf, die mir schon seit geraumer Zeit im Hinterkopf herumschwirrte. Man hatte Ateius' Leiche auf der etruskischen Seite des Flusses gefunden. Warum gerade dort? Er trug jene seltsame Robe, doch hatte ihn seit dem Fluch kein Mensch mehr gesehen. War er in seinem auffälligen Gewand tatsächlich bei hellem Tageslicht den weiten Weg von der Porta Capena bis zum Fluß und weiter über eine der Brücken gelaufen, ohne gesehen worden zu sein?
    Ich studierte den Stand der Sonne. Bis zum Einbruch der Dunkelheit blieb mir noch reichlich Zeit. Außerdem konnte ich einen Spaziergang gut vertragen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Also machte ich mich auf den Weg zur Porta Capena.

X
    Der Hauptmann der Torwache lehnte an einem der massiven Torpfosten aus Eiche, die Arme verschränkt, den Körper mit einem gestiefelten Fuß nach hinten abgestützt, den Kopf gesenkt, eine halb aufrechte Position, in der er offenbar sein Nickerchen machte. Als ich mich näherte, gab ihm einer seiner Untergebenen einen Stoß.
    »Tut mir leid, deine Ruhepause zu stören, Hauptmann«, sagte ich, »aber ich muß dir einige Fragen stellen.«
    Der Mann blinzelte verschlafen und nahm dann eine ziemlich nachlässige Haltung an, aber immerhin. »Jawohl!« Er trug eine rote Tunika, darüber ein Flechtwerk aus adrett polierten Lederriemen, das ihn soldatisch aussehen ließ, obwohl es keinen erkennbaren Zweck erfüllte, weil er weder eine Rüstung noch Waffen trug. Offensichlich war er ein Freigelassener, der diesen lockeren Posten durch Beziehungen ergattert hatte.
    »Hattest du an dem Morgen Dienst, an dem der Konsul Marcus Licinius Crassus seinen denkwürdigen Abgang hatte?«
    »Ja, das hatte ich«, erklärte er nickend.
    »Ausgezeichnet. Du erinnerst dich doch bestimmt noch an den Auftritt des verstorbenen Tribuns Ateius Capito auf diesem Tor?«
    »Wie könnte ich das vergessen, Senator«, meinte er.
    »Um so besser. Hast du zufällig beobachtet, wie der Tribun diesen Ort wieder verlassen hat?«
    »Um ehrlich zu sein, war ich wie gelähmt, Herr, bis der Konsul Pompeius und die Virgo maxima die Situation wieder unter Kontrolle hatten«, gestand er.
    »Ich verstehe. Hat vielleicht einer deiner Männer seine Flucht beobachtet?«
    »Diese Penner?« sagte er lachend. »Die haben sich schon verkrochen, als Ateius begann, seinen Fluch aufzusagen.«
    »Ich hätte erst gar nicht danach fragen sollen«, bemerkte ich selbstkritisch. »Was ist mit den Leuten vor dem Tor? War irgend jemand auch an jenem Morgen dort?«
    »Es gibt eine ganze Menge Händler und Bettler, die jeden Tag dort sind, Senator.«
    »Prächtig. Und ist einer von ihnen ein einigermaßen zuverlässiger Informant?«
    »Na ja«, meinte er, »Lucius, den Wurstverkäufer, würde ich gar nicht erst fragen. Und die Ausländer sind alle Lügner, die kannst du auch vergessen. Aber vielleicht haben die anderen was gesehen, wenn

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