Der Fluch des Volkstribuns
der Faust auf den Tisch. »Ich brauche mehr als deine großen Fortschritte. Ich brauche jemanden, den ich öffentlich des Mordes an diesem erbärmlichen Tribun anklagen kann! Ich hatte ohnehin schon schlechte Laune, und das unglaubliche Chaos in Ägypten macht mich noch ungeduldiger!«
»Und«, sagte Claudius, der Rex sacrificus, »da diese heikle Angelegenheit ohnehin nicht mehr geheimzuhalten ist, muß ich wissen, wer ihm den Geheimen Namen verraten hat.«
»Scheint, als hättest du dir eine große Aufgabe aufgeladen«, sagte Clodius, der offensichtlich sehr zufrieden über meine mißliche Lage war.
»Laßt uns hören, was er zu sagen hat«, warf Milo ein. »Also, die Sache verhält sich so«, begann ich die sorgfältig redigierte Version meiner Erkenntnisse. Ich hielt es nicht für besonders klug zu erwähnen, daß ich Pompeius persönlich in starkem Verdacht hatte. Genau genommen befanden sich in diesem Raum nur zwei Männer, die ich von jedem Verdacht freisprach.
Cato war zu aufrecht und der Rex sacrificus zu weltfremd.
Clodius traute ich zu, in jedwede Schurkerei verwickelt zu sein.
Milo war mein Freund, doch ich wußte nur zu gut, daß er in seinem Ehrgeiz, die Stadt zu kontrollieren, vor nichts zurück schrecken würde.
»Glaubst du, daß dieser Ariston Ateius den Geheimen Namen verraten hat?« wollte Claudius wissen.
»Sein Verhalten legt diesen Verdacht zumindest nahe. Ich hätte ihn gerne mehr dazu gefragt. Wenn sogar Cicero ihn wegen uralter kultischer Praktiken konsultiert hat, dann ist er von allen Nichtrömern derjenige, der den Namen am wahrscheinlichsten kannte.«
»Und er stammt aus Cumae«, sagte Claudius. »Die Sibylle dort weiß angeblich alles, was Italien und die Götter betrifft, obwohl sie es normalerweise für sich behält. Vielleicht hat er den Namen von der Sibylle erfahren.«
Es hatte schon immer eine Sibylle in Cumae gegeben. Die Nachfolge wurde dem Vernehmen nach per Adoption geregelt.
Einige von ihnen waren berühmte Prophetinnen, aber viele auch längst vergessen. Ich hatte ihnen nie viel Beachtung geschenkt.
»Ich werde die ganze Halbinsel nach ihm absuchen lassen«, erklärte Pompeius. »Wenn der Kerl noch lebt, werde ich ihn zum Verhör nach Rom schleppen lassen.«
Oder ihn, wenn er ein weiteres deiner Werkzeuge ist, bei seiner Festnahme ermorden lassen. Doch ich hütete mich, das laut auszusprechen.
»Konsul«, sagte ich, »Ateius hat vor zehn Jahren im Stab deines Proquaestors Marcus Aemilius Scaurus in Syrien gedient.
Ist es möglich, daß sie Kontakt zu den Parthern hatten?«
Er strich sich nachdenklich übers Kinn. Offenbar befürchtete er nicht, daß ich ihm mit diese Frage persönlich zu nahe kam.
Ich hoffte es jedenfalls nicht.
»Laß mich überlegen... Ich habe in jenem Jahr in einem Grenzstreit zwischen Armenien und Parthien vermittelt. Damals war Phraates, der Vater des amtierenden Königs, noch König von Parthien. Ich weiß nicht, ob ich Aemilius damals in den Süden geschickt habe.«
»Aemilius hat auf dem Weg nach Judäa in Damaskus Station gemacht«, sagte ich. »Dort hat er sich mit Elagabal beraten. Ist es möglich, daß Orodes damals mit ihm in Damaskus war?«
»Alles ist möglich«, sagte Pompeius ungeduldig. »Glaubst du, Orodes könnte hinter all dem stecken? Er hätte jedenfalls jede Menge Gründe, Crassus zu verfluchen.«
»Ich möchte diese Möglichkeit nicht ausschließen«, sagte ich.
Pompeius stieß ein humorloses Lachen aus. »Ich hoffe, er ist es nicht. Ich hege bestimmt keine große Zuneigung für ihn, aber es ist ein wenig schwierig, einen ausländischen König zu verhaften. Die einzige Möglichkeit, ihn in Ketten heim zu führen, wäre hinter dem Wagen eines Triumphators.«
»Vielleicht tut Crassus ja genau das«, sagte Clodius mit seinem üblichen vollkommenen Mangel an Taktgefühl.
Pompeius warf ihm einen giftigen Blick zu. Mir war es nur recht, daß sein Zorn kurzfristig ein anderes Opfer gefunden hatte.
»Wir brauchen etwas Besseres«, sagte Cato. »Decius, dir bleibt noch ein Tag, konkrete Ergebnisse zu präsentieren, sonst wird die Stadt vermutlich in Flammen aufgehen.«
»Morgen abend habe ich ihn«, versprach ich. Es war eines der leersten Versprechen, die ich je gemacht habe, aber damals waren meine Optionen äußerst begrenzt.
Wir plauderten noch eine Weile mit einander, in der Hauptsache über die Unzulänglichkeit meiner Ermittlungsbemühungen, bevor sich die Runde auflöste. Ich verließ das Gebäude mit
Weitere Kostenlose Bücher