Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
sein, ihr Vater sei ein verkannter Heiliger gewesen. Ihre blauen Kulleraugen sind voller Tränen, und ich bin kurz davor, sie in den Arm zu nehmen wie ein kleines Kind. Sie zieht die Nase hoch, und auf meine Frage, ob der Bruder auch hier wohne, sagt sie, theoretisch schon, aber oft würde er für eine Weile verschwinden und dann würde sie sich schreckliche Sorgen machen. Jetzt zum Beispiel sei er gerade wieder unauffindbar und sie könne nur hoffen, dass er an seine Medikamente denke. Also frage ich, ob ich einen Blick in das Büro des Vaters werfen dürfe, und sie ist ganz baff, weil schon zwei Herren da waren, Kollegen, die alles fotografiert haben, im Büro auch. Alles klar, Nellyschätzchen? Der Geheimdienst. Ohne uns was zu sagen. Ich hab ein bisschen rumtelefoniert, um sicherzugehen. Alles in Ordnung, alles okay. Verstehst du? Das ist alles.«
    Nelly hatte gehofft, die seltsame Geschichte endlich los zu sein. Sollte es ihn geben, hatte der Typ, der den Anwalt umgebracht hatte, ganze Arbeit geleistet und war drauf und dran, damit durchzukommen. Andererseits hatte auch ein Anwalt, dessen Mandanten in einen hochbrisanten Fall verwickelt waren, das gottverdammte Recht, einen dämlichen, absurden Unfall zu haben und sich den Hals zu brechen. Diese ewige Hinterfragerei war zum Kotzen. Nun ja, die anonymen Briefe, der vom Fahrerflüchtigen überfahrene Vater ... Doch was hatte der alte Giacomo Pisu mit der Global-Bank-Affäre zu tun? Und wieso macht Volponi sich ins Hemd, als handelte es sich um eine Staatsaffäre? Schluss jetzt, ich brauche Luft. Sie schmiss sämtliche losen Blätter in eine Ablageschale, damit der Schreibtisch halbwegs ordentlich aussah. Besser als nichts. Sandra hatte sie fast vergessen.
     
    Die Verabredung fiel ihr erst wieder ein, als sie quasi schon vor der Haustür stand. Sie machte auf dem Absatz kehrt und steuerte eine offene Pizzeria an. Die zahllosen Focaccerien und ihre chinesischen, arabischen, jordanischen und thailändischen Pendants, die in den letzten Jahren in den Gassen der Altstadt eröffnet hatten, hatten Nelly das Leben sehr viel leichter gemacht, auch wenn sie der gesunden Ernährung nicht immer zuträglich waren. Sie nahm vier Stücke, Margherita, Peperoni, Quattro Stagioni und Gorgonzola, und kehrte nach Hause zurück. Sie wusste doch, wie Sandra tickte. Nein, bloß kein Essen, nur ein Bourbon, aber dann gab’s kein Halten mehr. Es war besser, gewappnet zu sein. Das letzte Mal, als ich Pizza in dem Laden besorgt habe, war’s ein guter Abend ... Der Gedanke verursachte ihr zu Recht Gewissensbisse. Carlo, der extra aus Hamburg angeflogen war, um bei ihr zu sein. Ihre wunderschöne gemeinsame Nacht, die Wärme seiner Nähe. Und sie hatte sich einen Liebhaber zugelegt – die Male davor mit Tano waren reine Ausrutscher gewesen und zählten nicht – und war dazu noch glücklich darüber, so sehr, dass sie sogar froh war, ihren Sohn in weiter Ferne zu wissen und freie Hand zu haben. Untreue, verlogene Rabenmutter. Aber das Leben ist so kurz. Und hat mein Großvater nicht immer gesagt, eine Freude ist mehr wert als hundert Enttäuschungen? O dolci baci ... Vor der Haustür stand mit dem Rücken zu ihr eine runde, weibliche Silhouette in zu engem schwarzem Rock und gefütterter goldfarbener Steppjacke. Sandra. Auf Highheels.
    »Ein Wunder, dass du dir auf dem Genueser Pflaster noch nicht die Haxen gebrochen oder zumindest den Knöchel verstaucht hast, meine Liebe. Wie heißt der Schutzheilige der Leichtsinnigen?«
    Mit offenem Mund und abwehrend erhobener Hand, die sie beim Anblick ihrer Freundin sogleich fallen ließ, fuhr Sandra herum.
    »Du bist doch nur neidisch auf meine schlanken Fesseln und meine obersexy Beine, die Scharen von Männern in den Wahnsinn treiben. Wann hörst du endlich auf, immer nur Hosen und Omaröcke zu tragen, sobald es ein paar Grad kälter wird? Wie soll das erst werden, wenn du sechzig bist? Und was hast du da gerade gesungen? Das warst doch du?«
    Ohne auf die entlarvende Frage einzugehen, umarmte Nelly ihre Freundin, fuhrwerkte mit dem Schlüssel im Schloss herum und ließ sie eintreten.
    »Schade, dass du keinen Hunger hast, heute Abend gibt’s super Pizza, hier an der Ecke hat eine Spitzen-Focacceria aufgemacht.«
    Leichtfüßig stieg sie die Treppe hinauf und hörte Sandra hinter sich her keuchen. Schnaufend trat Sandra ein, stolperte über Silvestro, und Nelly konnte sie gerade noch auffangen.
    »Diese elenden Mistviecher, wann machst du

Weitere Kostenlose Bücher