Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
wollte sie nur dahinterkommen, weshalb sich alle so seltsam benahmen, sobald die Sprache auf sie kam. Weshalb es sogar so schien, als redeten sie nicht von derselben Person. Vielleicht liegt es daran, dass sie nicht ganz sauber tickt. Aber zwischen Nymphomanin und sexueller Niete liegt ein weites Feld. Sie war so sehr in das merkwürdige Schicksal der Pisus versunken, dass sie Tanos lautloses Eintreten nicht bemerkt hatte. Als er ihr die Hand auf die Schulter legte, fuhr sie erschrocken zusammen.
    »Na, Nelly, in Trance?«
    »Ich musste gerade an diese komische Sache mit den Pisus denken.«
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Der einzige wirkliche Fall, mit dem wir es hier zu tun haben, ist der Giftmord an dem Filmemacher. Der ganze Rest ... puff!« Er blies sich in die offene Hand, um zu zeigen, wie halt- und substanzlos alles andere war.
    Nelly blickte ihn an und versuchte, seiner Nähe zu widerstehen.
    »Schon, aber du musst zugeben, dass die Familie seit einigen Monaten verdächtig viel Pech hat. Der Vater kommt unters Auto, der Fahrer flüchtet, verschwindet spurlos. Okay, es hat geregnet, und es war dunkel. Keiner weiß, was der Alte um elf Uhr abends bei diesem Wetter auf dem Corso Italia zu suchen hatte, aber egal. Unfall. Sechs Monate später stürzt der älteste Sohn die Treppe runter, fällt ins Koma und stirbt. Noch ein Unfall. Der Enkel bringt in einem Anfall von Schizophrenie seine Exfreundin um und landet im Knast. Wollen wir das auch als Unfall durchgehen lassen? Okay. Kaum sind Anselmo und die arme Gioia unter der Erde, rührt jemand Zyanid in Alceos Malzkaffee. Kurz zuvor hat die Familie, und zwar alle Familienmitglieder, Drohbriefe erhalten, wenn auch mit vagem Inhalt. Zufall? Zum Teufel mit dem Zufall!«
    Tano ging zum Fenster, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Stirn gerunzelt.
    »Ich hab die Schnauze von diesen Pisus so was von voll! Als hätten wir nichts anderes zu tun, als uns um deren Irrsinn zu kümmern. Dabei haben wir schon genug Scheiße am Hals, nicht zuletzt den Global-Prozess, durch den uns plötzlich ein Haufen besserwisserischer Lackel aus Rom auf die Pelle rückt, bei denen man nicht weiß, ob es Bullen oder Verbrecher sind. Überall schnüffeln sie herum wie Trüffelschweine. Wir versuchen rauszukriegen, wer diesen berühmten Regisseur kaltgemacht hat, und basta. Gibt’s dazu irgendwas Neues?«
    Nelly musterte sein schönes, genervtes Gesicht und spürte Wut in sich aufsteigen. Ich hab dich noch gar nicht gefragt, wieso du am Freitagabend nicht erreichbar warst, du Aas.
    »Übrigens, wo warst du eigentlich am Freitagabend, als Alceo Pisu ins Jenseits befördert wurde? Ich hab dich ein paarmal versucht anzurufen, aber dein Handy war aus. Ganz abgesehen davon, dass das nicht besonders professionell ist, würde ich schon gern wissen ...«
    Tano presste die Kiefer so fest zusammen, dass Nelly meinte, die Gelenke knirschen zu hören.
    »Was willst du eigentlich? Du hast einen Freund, du hast einen Sohn, dass da ja keiner dran rührt, aber wenn ich mal einen Abend lang mein Ding mache, muss ich dir Bericht erstatten, oder was? Ich wusste doch, es ist ’ne Scheißidee, was am Arbeitsplatz anzufangen.«
    Nelly war schon aufgesprungen und hatte sich Tasche und Jacke geschnappt.
    »Keine Sorge, das können wir sofort ändern. Ciao, Tano, ich hab einen Termin. Mit Maria Grazia Pisu.«
    Er wollte sie am Ärmel festhalten.
    »Hör mal, ich wollte nicht ... Mir gehen gerade alle so dermaßen auf den Sack, Volponi inklusive ...«
    »Leck mich, Tano.«
    Die Tür schlug zu, und Nelly war fort. Tanos Gesicht glühte. Er versetzte dem Heizkörper einen wütenden Faustschlag. Unverständliches in sich hineinmurmelnd verließ er das Büro und rauschte, ohne sie anzusehen, an Valeria vorbei, die offenbar gerade etwas sehr Wichtiges an ihrem Computer zu tun hatte und ihn gar nicht zu bemerken schien.
    Chefassistent Gerolamo Privitera war gerade auf dem Weg in Nellys Büro, als Nelly ihm auf der Treppe in voller Fahrt entgegenstürmte und ihn beinahe umgerissen hätte.
    »Ach, da bist du ja, Gerolamo. Los geht’s«, war ihr einziger Kommentar, und er folgte ihr wortlos.
    Gerolamo Privitera war der schweigsame Typ, was Nelly ebenso angenehm wie zuweilen irritierend fand. In diesem speziellen Moment hatte Gerolamo gerochen, woher der Wind wehte, und so schlich er, ohne Fragen zu stellen, hinter ihr her. Die Kommissarin schwang sich hinter das Steuer eines Dienstwagens und umklammerte das Lenkrad

Weitere Kostenlose Bücher