Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
wir ins Haus, Joss. Es ist dumm, da hinauszulaufen. Wir wissen nicht, wo er ist, und in der Dunkelheit würden wir ihn nie finden.«
Endlich war der Riegel aufgesprungen, und das Tor ging auf. Hoch oben verbarg sich der Halbmond hinter einem Schleier
vorüberziehender Wolken, aber das spärliche Licht genügte, um den von Laub bedeckten Rasen zu erkennen – ein blasses Grau in einer schwarzweißen Welt. Joss lief darauf zu und blickte sich suchend um. Die Stellen, auf die kein Mondlicht fiel, lagen in tiefem, undurchdringlichem Dunkel, das alles und nichts verbarg.
Janet trat zu ihr und faßte sie wieder am Arm. »Kommen Sie jetzt ins Haus, Joss.« Sie klang drängender, als sie eigentlich wollte. »Bitte.«
»Er ist da draußen, Janet.«
»Nein.« Janet war sich nicht sicher, ob sie von Luke sprach oder von – von wem? Erneut lief ihr ein eisiger Angstschauer über den Rücken. »Joss, die Kinder brauchen Sie. Sie müssen sich um sie kümmern! Sie müssen jetzt packen und mit mir zurückfahren. Jetzt sofort. Ich habe das Gefühl, daß wir Luke auf der Farm finden; wenn wir hinkommen, wird er dort sitzen und auf uns warten.«
»Wahrscheinlich.« Aber Joss zögerte noch immer. Während sie in die Schatten hinausstarrte, bewegte sich etwas ganz in ihrer Nähe; sie fuhr zusammen und fühlte ihr Herz bis zum Halse schlagen. Im ersten Augenblick konnte sie nichts erkennen, außer daß Janet auf denselben Fleck starrte, doch dann zerriß deren erleichtertes Lachen die Stille. »Es sind Kit und Kat, schauen Sie!«
Mit aufgerichteten Schwänzen kamen die beiden Katzen aus dem Dunkel gesaust; sie jagten einander im Spiel, machten dann zusammen einen hohen Satz durch die Luft und verschwanden schließlich in den Rosenbeeten jenseits des Rasens.
Die beiden Frauen atmeten erleichtert auf. Wortlos folgte Joss Janet zurück in den Hof und sah ihr zu, wie sie das Tor verschloß. Sekunden später waren sie beide im Haus.
Am Tisch ließ sich Janet auf einen Stuhl fallen und vergrub den Kopf in den Händen. »Wenn Sie mir jetzt einen schwarzen Kaffee anbieten, würde ich wahrscheinlich nicht nein sagen«, meinte sie.
Ohne ein Wort setzte Joss den Kessel auf.
Janet rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. »Was war das da eben bloß, Joss?«
»Ich hab’s Ihnen doch gesagt.«
Janet sah sie eine Weile forschend an, dann stand sie auf und ging zum Telefon. »Ich rufe auf der Farm an. Vielleicht ist Luke dort. Er weiß, wo ich den Schlüssel verstecke.«
Sie ließ es ein paar Minuten lang klingeln, bevor sie auflegte. »Natürlich – als er gemerkt hat, daß wir nicht da sind, ist er wohl gar nicht reingegangen.«
»Er ist nicht dort, Janet.« Joss starrte auf ihre zitternden Hände. »Er ist irgendwo da draußen.«
Wie John Bennet. Wie ihr Vater.
»Packen Sie die Sachen für die Kinder, Joss.« Janet stellte sich hinter sie und massierte kurz ihre Schultern, um sie etwas zu beruhigen.
Joss nickte und stand auf; das seltsame Widerstreben, das Haus zu verlassen, versuchte sie zu ignorieren. »Lyn hat die Kinder bestimmt nach oben gebracht. Ich packe einen Koffer. Wollen Sie hier warten?«
»Ich komme lieber mit und helfe Ihnen ein bißchen.«
Die warme und stets freundliche Küche kam ihnen wie ein Hort der Sicherheit vor, als sie die Tür zum Gang öffneten. Die Zugluft, die unter der Haustür hereinwehte, war eisig kalt.
Die beiden Frauen eilten durch den großen Saal zur Treppe, und ohne einen Augenblick nachzudenken, ging Joss voran nach oben. Lyn war in Neds Zimmer und wickelte ihn gerade. Tom saß in seinem Zimmer auf dem Boden, fröhlich mit dem Inhalt seiner Spielkiste beschäftigt, die er einfach umgekippt hatte.
»Lyn, ich nehme die Kinder für ein paar Tage mit zu Janet.« Joss bückte sich, um an der Tür einen kleinen Pullover aufzuheben. Und da spürte sie es wieder – dieses Widerstreben, das Haus zu verlassen; die Gewißheit, daß es leichter wäre, hierzubleiben.
»Sie können natürlich gern mitkommen, Lyn«, fügte Janet lächelnd hinzu, während Lyn mit einer Dose Babypuder in der Hand aufsah.
»Es wäre nett, wenn du mitkämst«, fuhr Joss fort; begeistert klang sie allerdings nicht. »Oder vielleicht möchtest du auch ein paar Tage ausspannen und Mum und Dad besuchen; sie würden sich sehr freuen, das weiß ich.«
Lyn wandte sich wieder dem Baby zu; sie legte ihm geschickt die Windel an, klebte sie zu, zog ihm einen sauberen Overall an
und setzte ihn auf. »Ist Luke denn inzwischen
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