Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
der Kette und dem Medaillon in die Truhe. Obenauf kamen die Wachsfiguren, noch in den blauen Schal gehüllt, aus der Schublade in der Anrichte. Schließlich schloß sie den Deckel.
Luke nahm die Kiste an sich und trug sie langsam die Treppe hinauf.
Der Garten war feucht und kalt, als sie ihm über den regennassen Rasen zu dem kleinen Grab unter der Pergola folgten. Keuchend setzte er die Kiste ab. »Willst du etwas sagen?«
»Ich weiß nicht, was«, erwiderte Joss. »Ich glaube nicht, daß sie Gebete von uns hören will.«
»Sie möchte Frieden, Joss. Frieden und Vergebung«, murmelte Natalie. »Dann können all die anderen Geister auch hier
ruhen – die Jungen und ihre Väter, die über die Jahrhunderte hier gestorben sind, die armen Männer, die sie verflucht und mit ihrem Schmerz und ihrem Haß in den Tod getrieben hat.«
»Und der König«, fügte Joss hinzu. »Was ist mit dem König?«
»Ich glaube, du wirst feststellen, daß er schon fort ist, Joss. Vergiß nicht, er stand dir besonders nahe.« Joss wußte, daß sie keiner Person jemals davon erzählen würde, worüber sie mit Edward von England gesprochen hatte, mit der Sonne Yorks, der, wenn er ein Mann gewesen wäre, Joss’ ungeborenes Kind gezeugt hätte und der ihr Vater hätte sein können, und der Vater ihrer Mutter und ihrer Großmutter und der, zusammen mit Katherine de Vere, ihr Vorfahre war, ein Blutsverwandter.
»Ich wünschte, der Mond wäre zu sehen.«
»Er kommt gleich.« Janet war die einzige, die den Himmel beobachtet hatte. Hinter dem Dunst schien der Vollmond wie ein verstorbener Geist hoch über dem Grab zu schweben. Während alle hinaufsahen, wanderte er zu einer Lücke zwischen den treibenden Wolken und strahlte für einen Moment lang sein Licht auf den Garten.
Gemeinsam ließen David und Luke die Truhe in die Erde sinken, und Joss und Natalie warfen eine Handvoll Erde hinterher. Sie blieben stehen, während die Strahlenfinger des Mondes über das geschnitzte Holz wanderten, und als sich der Dunst wieder wie ein Schleier über den Garten legte, nahm David den Spaten zur Hand. Während die erste Erde auf die Kiste fiel, sahen sie alle einen Stiel üppig weißer Rosen aufleuchten, dann wurde es wieder dunkel.
Es war die Herrin Ka-the-rine.
Die Stimme schien, vom Nebel gedämpft, über den See zu treiben.
Es war die Herrin Ka-the-rine.
Es war die Herrin Ka-the-rine.
Jedesmal erklang die Stimme aus größerer Entfernung.
Sie sahen sich an.
»Sie werden mir fehlen«, sagte Joss mit einem Lächeln.
Natalie schüttelte den Kopf. »Schelme«, sagte sie. »Laß sie zu ihrer Mutter gehen. Die einzigen Kinder in Belheddon sollten echte Kinder sein.«
»Es ist vorüber, Joss.« David hatte die letzte Erde mit dem Rücken des Spatens festgeklopft. »Willst du die Stelle kennzeichnen? «
Joss schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht. « Sie seufzte tief auf. »Ich kann einfach nicht glauben, daß es wirklich vorbei ist. Daß keine Gefahr mehr besteht.«
»Die Gefahr ist vorüber«, sagte Natalie mit Nachdruck und griff nach Joss’ kalter Hand. »Kommt. Wir sollten ins Haus gehen und Katherine dem Mondlicht überlassen.«
Langsam wanderten sie über den Rasen zum Haus. Auf der Terrasse blieb Joss stehen und warf einen Blick zurück. Es war still im Garten.
Das hallende Echo war verstummt.
Daily Telegraph
17. Juli 1995
Luke und Jocelyn Grant haben eine Tochter bekommen (Alice Laura Katherine), Tom und Ned eine Schwester.
Sunday Times
September 1995
Sohn des Schwertes von Jocelyn Grant – Hibberds, £14,99
Ein hochkarätiger Erstlingsroman, witzig und flott geschrieben. Ort des Geschehens ist das Haus der Autorin zur Zeit der Rosenkriege: Die atemberaubende Geschichte von Richard Mortimer und Ann de Vere, die sich auf dem schmalen Grat zwischen Liebe, Abenteuer und dem Abgrund der Katastrophe bewegen und schließlich doch zu einem befriedigenden Ende finden. Der Leser ist von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Äußerst lesenswert. Von dieser Autorin erwarte ich mir noch einiges.
Anmerkung der Autorin
B elheddon Hall existiert nicht, ebensowenig wie der hier vorkommende Zweig der Familie de Vere. König Edward IV. hatte im Lauf seines Lebens zahlreiche Mätressen. Die Namen seiner letzten beiden Geliebten sind nicht bekannt, und die Geschichte von Katherine de Vere, die sich durch diesen Roman zieht, ist frei erfunden. An Edwards Hof wurden nicht nur seiner Gemahlin
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