Der Fluch von Colonsay
heraus.
Nirgendwo waren Spuren des Hundes zu entdecken, den die Polizisten im Garten gesehen hatten. Rosamund und Kerry hatten am nächsten Morgen vergeblich nach ihm gesucht. Entweder war er nach Hause gelaufen, oder er hatte sich einen anderen Unterschlupf gesucht. Rosamund dachte nicht mehr darüber nach. Sie fühlte sich gleichzeitig auf eine Art müde und gestärkt, wie man es tut, wenn man etwas geschafft hat. Wohlbehagen durchströmte sie. Vielleicht tut mir Colonsay doch gut, dachte sie.
Eigentlich sollte das ein Scherz sein, aber die Wahrheit, die sich darin verbarg, wurde ihr schlagartig bewusst. An dieses Gefühl musste sie sich erst gewöhnen. Sie ließ es auf sich wirken. Ja, Colonsay war wirklich gut für sie, und es gehörte ihr. Nicht Mark. Obwohl er das dachte, und obwohl es auch sein Geld war, das in die Restaurierung floss. Doch nach dem Buchstaben des Gesetzes war es Rosamunds Haus. Sie lächelte. Vielleicht hatte sie einen Grund, Ada dankbar zu sein.
Sie erhob sich und wischte sich über die Stirn. Die Luft war ruhig und klar, der Himmel kurz vor der Abenddämmerung tiefblau. Freds Leute waren immer noch auf dem Dach zugange, und sie hatte zwei von ihnen gesehen, die sich zum Westflügel vorgearbeitet hatten. Eine Frau war dabei gewesen. Sie hatte Rosamund zugegrinst, als ob sie heimliche Verbündete wären.
Rosamund hatte festgestellt, dass Freds Leute ein bunt gemischter Haufen waren, unterschiedlich in Statur, Größe und Alter. Zweifellos hatten sie alle ihre Fehler, sogar Fred Swann. Sie stellten eine Art Miniaturausgabe der Menschheit dar. Keiner von ihnen war perfekt – keiner konnte und keiner musste das sein. Vielleicht war das ein Teil des Problems zwischen ihr und Mark. Er wollte etwas von ihr, was sie ihm nicht geben konnte, nicht geben wollte.
Es wurde langsam dunkel. Rosamund beendete ihre Arbeit und sammelte die Gartengerätschaften ein. Die Hütte lag im Schatten. Es roch nach rostigem Metall. Einst hatte dort bestimmt jemand gewohnt, ein Dienstbote vielleicht oder der Gärtner. Als sie die Tür öffnen wollte, blieb sie am Boxdorn hängen und zerriss sich das T-Shirt. Blut perlte auf ihren Arm, und sie verrieb die Tropfen mit ihrem speichelnassen Finger.
In den Pflanzen mit den blutroten Quasten raschelte es, und Rosamund drehte sich um, aber alles blieb still. Sie ergriff einen der dicken Stängel und knickte ihn in der Mitte um. Jetzt fiel ihr auch der Name wieder ein: Amarant. Das Blutrot passte gut, dachte sie lächelnd. Ein Erinnerungsfetzen schoss durch ihr müdes Hirn. Wie sie als kleines Mädchen in der Dämmerung durch den vernachlässigten Garten gerannt war, sich hinter einen buschigen Jasminstrauch geduckt hatte und dort einen Mann gesehen hatte. Sie hatte sich gefürchtet, sehr sogar. Weil der Mann da gewesen und doch nicht da gewesen war. Sie war zurückgerannt und hatte es Ada erzählt, doch die hatte nur gemeint, da hätte wohl jemand eine Abkürzung durch den Garten genommen. Die kleine Rosamund hatte das für eine schwache Erklärung gehalten, ihre Großmutter aber nicht hinterfragt. Das tat man einfach nicht. Also hatte sie sich eingeredet, sie hätte sich geirrt und Ada hätte recht. Außerdem war sie viel zu zufrieden mit sich gewesen, als dass sie sich dieses Hochgefühl mit komischen Überlegungen zerstört hätte.
Die Männer auf dem Dach waren weg. Rosamund hörte den letzten Wagen davonrumpeln. Aus der Küche duftete es köstlich, und Rosamund freute sich auf eine Flasche Rotwein. Die hatte sie sich als Belohnung für die harte Arbeit versprochen.
Zwei Flügelfenster gingen vom Haus auf den Garten hinaus, die Scheiben schmutzig und angelaufen, jedoch sonst überraschend intakt. Rosamund schaute hinauf, als sie vorbeiging. Das eine gehörte zu dem Raum, in den die Schätze vom Dachboden geräumt worden waren. Durch die Scheiben war jedoch nichts zu erkennen. Das Fenster schien mit alten Vorhängen und Laken verhängt zu sein.
Ein leises Schuldgefühl trübte ihr frisch gewonnenes Selbstbewusstsein. Das musste alles durchgesehen und aussortiert werden – nichts, was sie einem Fremden überlassen konnte. Eine Familienangelegenheit, Rosamunds Angelegenheit. »Später irgendwann«, seufzte sie. Die Düfte, die von Kerrys Kochkünsten zeugten, ließen ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Eine plötzliche Eingebung veranlasste sie, einen Blick durch das zweite Fenster werfen. Jemand starrte ihr entgegen.
Für einen Augenblick glaubte Rosamund,
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