Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
Vom Netzwerk:
innere Stimme hören. Sie zu verleugnen kann sehr gefährlich sein.«
    War das ein Befehl? Rosamund verdrehte die Augen. Gary runzelte die Stirn, musste aber ein Lächeln zurückhalten.
    »Wie geht es dem Arbeiter, der gestürzt ist?«, fragte Zephyr.
    »Er ist inzwischen wieder bei Bewusstsein. Sie müssen aber noch ein paar Untersuchungen machen. Wir können nur abwarten.« Gary drückte fest Rosamunds Hand, ließ sie dann los und trank seinen Kaffee in einem Zug aus. »Möchten Sie sich das übrige Haus ansehen, Zephyr?«
    Zephyr nickte.
    »Soll ich Sie herumführen?«
    »Nein, Rosamund kann das tun. Bleiben Sie sitzen, Gary. Die Küche scheint mir nicht betroffen zu sein.« Sie lächelte Rosamund zu und folgte ihr in die Vorhalle.
    »Kerry, also Mrs Scott, ist auf ihrem Zimmer. Sie hat letzte Nacht nicht gut geschlafen.«
    »Es wird nicht notwendig sein, sie zu stören.« Zephyrs Augen waren ganz dunkel, die Pupille verschmolz fast mit der Iris. Ihr Blick traf Rosamunds und weitete sich. Schweigend wartete sie, dass Rosamund voranging.
    »Da ist die Bibliothek.« Rosamund öffnete die Tür, und Zephyr ging direkt zum Fenster hinüber.
    Rosamund fragte sich, ob von ihr Erläuterungen erwartet wurden wie von einem Reiseleiter. Doch dann blieb sie einfach ruhig stehen, während Zephyr ihrer Arbeit nachging. Die schien darin zu bestehen, die verschrammten Möbel und die Wand neben dem Kaminsims einer genauen Prüfung zu unterziehen, bevor sie weiterging ins nächste Zimmer.
    Am Ende der Ganges blickte Zephyr in den Raum, den Rosamund ausgeräumt hatte.
    »Ich erkenne die Schatten blutiger Gewalttaten.«
    »Wie bitte?«
    Zephyr drehte sich auf dem Absatz um und sah auf das angrenzende Zimmer mit der verzogenen Tür.
    »Gewalt. Das Zimmer hat eine gewalttätige Ausstrahlung.«
    Rosamund lief es kalt über den Rücken, was sie nach Kräften zu ignorieren versuchte. »Die Tür klemmt«, presste sie hervor. »Ich kann versuchen, sie zu öffnen.«
    Zephyr nickte. Rosamund drückte mit Hüfte und Schulter gegen die Tür, die einen Spaltbreit nachgab und sich dann nicht mehr bewegte – als ob Godzilla persönlich von der anderen Seite Widerstand leistete. Rosamund trat einen Schritt zurück und sog tief Luft in die Lungen.
    »Tut mir leid. Die bekommen wir heute nicht auf. Mir – ich mag dieses Zimmer überhaupt nicht.« Das rutschte ihr einfach so heraus.
    Zephyr bedachte sie mit einem ihrer wissenden Blicke und legte ihre Handflächen auf das Holz.
    »Ja«, sagte sie ruhig. »Das ist kein gemütlicher Aufenthaltsort. Da gibt es einen Mann, er leidet. Er ist auf der Suche und ruft. Er ruft einen Namen.«
    »Rosie.« Rosamund erschien ihre eigene Stimme fremd.
    »Ja, richtig«, seufzte Zephyr. »Im Augenblick herrscht das Übersinnliche in Colonsay, und dieser Raum ist eines der Zentren, von denen alles ausgeht. Dort drinnen sind sie gefangen, die Schatten der Gewalt, Rosamund.« Sie nahm ein Taschentuch aus ihrer Tasche und wischte damit unsichtbaren Schmutz von ihren Händen. »Gehen wir weiter.«
    Sie stiegen nach oben. Ihre Schritte störten die kühle Stille des Flurs. Rosamund schwieg und folgte Zephyr, die voranschritt. Diese trat in Rosamunds Schlafzimmer und ging dann weiter zum Ende des Ganges, zu dem bleigefassten Glasfenster.
    »Sind Sie manchmal sehr müde, Rosamund?«
    »Ja, bin ich. Hat Ihnen Gary erzählt, dass …?«
    »Nein. Ich will nicht wissen, was geschehen ist und was Sie gesehen haben. So funktioniert meine Arbeit nicht. Sie fühlen sich müde? Erschöpft?«
    »Ja.«
    »Die Geistwesen besitzen selbst sehr wenig Antriebskraft und entziehen der Umgebung, was sie bekommen können. Sie sind müde, weil Ihre Energie von den Wesen benutzt wird, um sich zu manifestieren oder Unruhe zu verursachen. Sie müssen sich so viel wie möglich außerhalb des Hauses aufhalten, sonst werden Sie krank.«
    Zephyr ging hinüber in den westlichen Flügel des Gebäudes und blickte dabei durch die Löcher in den Wänden, aus denen Frederick Swann die Fenster entfernt hatte. Dann stieg sie die enge Stiege zum Dachboden empor.
    So hatte sich Rosamund das nicht vorgestellt. Nicht einmal zuckte Zephyr zusammen oder stieß einen Laut aus. Kein einziges Mal deutete sie in die Luft und sagte in ersticktem Tonfall: »Spüren Sie das nicht?« Dass Zephyr so ruhig und kontrolliert vorging, sollte Rosamund eigentlich beruhigen. Dem war aber nicht so, im Gegenteil. Die ganze Angelegenheit wurde dadurch irgendwie noch gruseliger.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher