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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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geschieht auch gar nichts«, warnte Zephyr sie vor. »Geister kommen nicht auf Bestellung wie der Pizzabote. Und noch eine Sache: Geistwesen sind meiner Erfahrung nach nicht sehr zuverlässig. Kurz gesagt – sie lügen.«
    Dann ist das alles den Aufwand wahrscheinlich nicht wert, dachte Rosamund. Zephyr lehnte sich zurück und schloss die Augen, entspannte sich gezielt. Dann begann sie tief ein- und auszuatmen. Rosamund hatte genügend Berichte im Fernsehen und Filme darüber gesehen, um zu verstehen, dass sie sich selbst in Trance versetzte. Still saßen sie da und warteten.
    Kerry blickte sie an und lächelte unsicher. Gary langte hinüber und tätschelte ihre Hand, um sie zu beruhigen. Rosamunds Gedanken waren jedoch woanders. Sie dachte an Mr Peel-Johnson, der heute Nachmittag kommen würde, und fragte sich, womit ihn Mark wohl beauftragt hatte.
    Denk nicht darüber nach, warnte eine Stimme in ihrem Kopf, doch sie konnte nicht anders. Was, wenn er zu früh käme und sie bei ihrer Séance erwischen würde? Er würde dafür sorgen, dass Mark sie sofort einweisen ließ. Aber … Kerry und Gary, Zephyr und Fred Swann – sie konnten doch nicht alle Wahnvorstellungen haben. Sie konnten nicht alle verrückt sein.
    »Hilf mir.«
    Es war absolut ruhig in der Bibliothek. Rosamund sah sich unsicher um, wer da gesprochen hatte.
    »Du musst mir helfen.«
    Das war Zephyr. Doch ihre Stimme klang ganz anders, weicher und höher. Rosamund betrachtete sie fasziniert und fragte sie, ob sie eine gute Vorstellung geboten bekam oder einer Erscheinung beiwohnte.
    »Hilf mir!«
    Stille. Der Regen trommelte leise an die Fensterscheiben. Im Zimmer war es kühl. Rosamund wünschte sich, sie hätten vor ihrer Sitzung Feuer im Kamin gemacht. Die zischenden Flammen wären bestimmt ein netter Anblick gewesen, auch wenn sie das Zimmer nicht wirklich gewärmt hätten.
    Gary beugte sich vor. Offensichtlich kannte er sich aus. »Wer ist da?«, fragte er mit sanfter Stimme. »Mit wem sprechen wir?«
    »Regen fällt.«
    »Bitte, wer bist du?«
    »Grauer Himmel.«
    Rosamund erstarrte. Die erste Zeile ihres Songs, des einzigen Hits ihrer Band:
    Grey Skies – Grauer Himmel.
    Regen fällt vom grauen Himmel.
    Ich gehe und verlasse dich.
    Der graue Himmel …
    Sie spürte Garys Augen auf sich ruhen. Zephyr begann zu summen, die Töne verklangen auf unheimliche Weise im Raum. Eine lange Stille folgte.
    »Wer bist du, kannst du uns das sagen?« Das war wieder Gary.
    »Wer bist du?«, entgegnete die Stimme.
    »Ich heiße Gary Munro und möchte dir helfen. Sag uns, was wir tun sollen, wie wir helfen können.«
    Gary klang vollkommen ernst.
    »Gary. Ich kenne dich. Ich habe dich beobachtet.«
    »Ist Colonsay dein Zuhause?«
    »Ich wohne hier.«
    »Ja, aber wer bist du? Bist du eine Cunningham?«
    Zephyr gab ein scharfes Zischen von sich, das wie ein Lachen klang. »Ich gehe und verlasse dich.«
    Rosamund konnte nicht länger an sich halten. »Woher kennst du den Song?«, platzte sie heraus. »Wie kannst du ihn überhaupt gehört haben?«
    Gary ergriff ihre Hand und barg sie in der seinen, wobei er sie leicht drückte. Aber schon sprach Zephyr wieder. Ihre Worte verhedderten sich, wurden angestrengt ausgestoßen.
    »Blut. Viel Blut. Auf dem Boden, dem Teppich, an meiner Hand. Der Blutgeruch hielt sich in meinen Haaren, egal, wie oft ich sie gewaschen habe.« Zephyrs Atem ging schneller. Sie öffnete die Augen, starrte Rosamund an. Sie waren so dunkel, dass sie wirkten wie zwei bodenlose Brunnen. »Wollte das nicht«, wisperte sie. »Ich wollte nicht.«
    »Wer ist da?«, wiederholte Gary geduldig. »Mit wem sprechen wir?«
    »Vergebung.«
    Zephyr schloss die Augen, ihr Kopf fiel nach hinten auf den Lederstuhl, ihr Mund stand etwas offen. Sie brauchte eine Weile, um ihre Atmung zu verlangsamen. Dann blinzelte sie wie eine Eule im Licht einer Taschenlampe. Was auch immer aus ihr gesprochen hatte, war verschwunden.
    »Wer war das?«, flüsterte Kerry.
    Zephyr schien erschöpft zu sein, rang sich aber ein Lächeln ab. »Eine Frau. Jung. Sehr unglücklich. Ich glaube, eine unerledigte Sache hält sie in Colonsay zurück.« Sie sah Rosamund an. »Klingelt es da irgendwo bei Ihnen?«
    »Mein Song. Wie kann sie den kennen?«
    Die Antwort kam von Gary. »Manchmal übernehmen sie das Wissen Anwesender. Gedankenlesen, wenn du so willst.«
    Rosamund versuchte das zu verarbeiten.
    »Schade, dass Ihnen der Rest nichts sagt«, sagte Zephyr matt. »Vielleicht passiert das

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