Der Fluch von Melaten
müssen, wie die Kräfte der Hölle die Oberhand gewannen.
Der Mönch starb!
Er war in das glühende Reisig gefallen, und ihm wurde das Schicksal zuteil, dass er den drei Hebammen zugedacht hatte. Sie aber standen in der Glut, als wären sie kurz zuvor wie Siegerinnen daraus hervorgestiegen.
Heldinnen im blutigen Schein der Glut. Sie hatten das überwunden, was sonst zerstörte.
Bleiche Gesichter schauten über die verkohlte Leiche des Mönchs hinweg. Münder verzerrten sich zu einem triumphierenden Grinsen. Ein Windstoß brachte wieder den Geruch der nahen Pestinsel und ließ ihn wie eine Fahne über die Köpfe der Gaffer wehen, die ihn als Odem der Hölle ansahen.
Keiner ging!
Etwas hielt die Menschen fest. Selbst die Pferde, die noch niemand vom Karren losgespannt hatte, blieben mit gesenkten Köpfen auf der Stelle stehen.
Es war, als hätte eine andere Macht die Regie übernommen, und die Furcht der Menschen zeichnete sich in ihren Gesichtern ab. Sie waren auch nicht mehr in der Lage, ein Wort zu sprechen. Sie standen verkrampft da. Die Frauen drückten ihre Kinder an sich, aus Angst, sie zu verlieren.
Das Grauen hatte sie stumm werden lassen. Aber Marietta, Sibilla und Hanna standen noch immer wie die Siegerinnen auf ihrem Scheiterhaufen. Nichts deutete darauf hin, dass die Flammen noch einmal zugreifen und sie vernichten würden.
Und so vergingen die Sekunden, die schließlich zu Minuten wurden, bis plötzlich ein weiteres Unheil wie ein Orkan über die Hinrichtungsstätte kam.
Ein einziger Schrei aus drei Kehlen gellte gegen den düsteren Nachthimmel.
Er hing noch als Echo in der Luft, als etwas anderes passierte. Das Feuer schien noch mal hochzukochen und die drei Frauen zu erfassen, die sich in drei gleißende Lichtsäulen verwandelten und mit einer kometengleichen Geschwindigkeit dem Himmel und damit auch den düsteren Wolken entgegenjagten, um darin zu verschwinden.
Jeder der Gaffer bekam es mit, aber keiner wusste, wie er es deuten sollte.
Hatte der Teufel die Frauen geholt?
Sie konnten es nicht glauben, denn für sie lag die Hölle woanders. Erst recht nicht im Himmel, sondern tief, sehr tief unten.
Sie waren nicht mehr zu sehen, verschwunden für die Ewigkeit, und nur der zu einer dunklen Mumie zusammengeschrumpfte Körper des Mönchs lag noch im glühenden Reisig.
Es war vorbei, und es war anders gelaufen, als sich das jeder Zuschauer hatte vorstellen können.
Und doch war es noch nicht zu Ende. Mit einem letzten Krachen fielen die drei Pfähle in sich zusammen. Noch einmal stob die Glut auf. Unzählige Funken schossen wie winzige Sternschnuppen in die Höhe, bevor sie als kalte Asche wieder zu Boden regneten.
Mehr geschah nicht.
Die Stätte der Hinrichtung blieb, wie sie war, und auch die Glut erkaltete allmählich.
Die Menschen gingen. Sie zogen schweigend davon. Keinem der Zeugen war danach zumute, auch nur ein Wort mit seinem Nachbarn oder seiner Nachbarin zu sprechen. Die Menschen verschwanden wieder in den Häusern und Hütten.
Schließlich blieben nur die beiden Brandschergen zurück. Sie kümmerten sich um die Pferde und den Gitterwagen und entfernten sie so schnell wie möglich von diesem Platz des Unheils.
Stille kehrte ein. Die Nacht eroberte ihr Revier. Der einzige Zeuge war ein kalter Mond, der sein bleiches Licht auf die Erde streute, als wollte er diese versilbern.
So hatte die Vergangenheit ihre Zeichen gesetzt, die erst in einer fernen Zukunft zu neuer Wirkung kommen sollten, denn die Hölle vergaß nichts...
***
Ich hatte tatsächlich das Glück gehabt, auf dem kleinen Hotelparkplatz noch eine Lücke für den Rover zu erwischen, aus dem ich ausstieg und mir dabei über die Stirn wischte, denn wir hatten ein Wetter, das zu allem taugte, nur nicht zum Arbeiten.
Herbst! Aber wie! Goldener Oktober, der in diesem Jahr seinem Namen wirklich gerecht wurde, wobei die Temperaturen eigentlich schon zu warm waren.
Zwar stand auch mir der Sinn nach Urlaub, aber daran war nicht zu denken, denn die »andere« Seite schlief nie, auch wenn ich momentan mit Geistern, Dämonen und ähnlichen Abarten nichts im Sinn hatte und nur einem Freund einen Gefallen tun wollte.
Harry Stahl, der Mann aus Germany, hatte mich darum gebeten, mich um einen guten Kollegen zu kümmern, der ein paar Tage in London verbrachte.
Halb Urlaub, halb dienstlich, jedenfalls wollte er in dieser Zeit auch Scotland Yard besichtigen. Da war ich Harry’s Meinung nach der richtige Führer, vorausgesetzt,
Weitere Kostenlose Bücher