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Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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fest. Er feuerte einen Schuß
ab. Wir stießen aneinander und gerieten an den Rand des Kais. Ich
kehrte die Walther gegen ihn. Wieder fiel ein Schuß. Er
stieß einen Schrei aus, hielt die Waffe aber immer noch
umklammert und fiel dann über die Uferkante in den Fluß.
      Ich wandte mich um und rannte, wie
von Höllenhunden gejagt, los. Als ich am Hotel ankam, war der Bus
bereits abgefahren.

    Eine Stunde später hatte ich besagte Kneipe
gefunden. Mittlerweile war es stockdunkel. Die Kneipe, wie zu dieser
frühen Abendstunde nicht anders zu erwarten, war leer. Hinter der
Theke stand ein alter, schurkenhaft wirkender Mann mit grauem Haar und
einer Narbe, die seine linke Wange durchschnitt und bis zu einer leeren
Augenhöhle reichte. Ich bestellte einen Klaren.

      »Hören Sie«, sagte
ich auf englisch, »meine Unterbringung ist unzulänglich, und
deshalb will ich sofort abreisen.«
      Das Ganze schien völlig absurd
zu sein, aber zu meiner Überraschung nickte er und erwiderte auf
englisch: »Okay, setzen Sie sich ans Fenster. Heute abend gibt's
Eintopf. Ich bringe Ihnen eine Portion. Wenn es Zeit ist, zu gehen,
sage ich Ihnen Bescheid.«
      Ich aß den Eintopf, kippte noch
ein paar Schnäpse runter, und dann tauchte der Mann plötzlich
auf, um das Geschirr abzuräumen. Mittlerweile war eine Handvoll
anderer Gäste eingetrudelt.
      »Überqueren Sie die
Straße zum Kai, zu den Kränen am Fluß. Schwarzer
Volkswagen. Das Essen kostet nichts, gehen Sie nur rüber.«
      Ich tat, wie mir geheißen,
überquerte im Regen die Straße und fand tatsächlich den
Volkswagen. Irgendwie war ich nicht einmal sonderlich überrascht,
Konrad Strasser am Steuer vorzufinden.

    »Fahren wir«, sagte er.
    Ich stieg ein. »Und was soll das jetzt, Sonderbehandlung?«

      »Habe beschlossen, selbst zu
kommen. Wie war noch mal dein Kontostand an der Grenze? Zwei Russen?
Tja, inzwischen scheinst du ja ein echter Meisterschütze zu sein.
Ein Agent der Stasi ist heute abend in der Spree gelandet.«
    »Er hat mir keine Wahl gelassen«, sagte ich.

    »Das denke ich mir.«
    Wir durchfuhren ein Gewirr von Gassen und Straßen.
    »Daß du persönlich kommst, war das so geplant?« fragte ich.
    »Eigentlich nicht.«
    »Ziemlich riskant, würde man meinen.«

    »Tja nun, du gehörst ja praktisch zur Familie. Betrachte das
    Ganze doch irgendwie als eine
Familienangelegenheit. Du, die Grenze, dein Onkel, ich, der alte
Gestapo-Mann. Manchmal haben wir noch die Wahl. Wie ich heute abend,
und deshalb bin ich hier und hole dich. Egal, wir kehren jetzt durch
einen Seitenstraßen-Grenzübergang zurück. Ich kenne den
diensthabenden Feldwebel. Leg dich einfach hin, und tu so, als ob du
schläfst.« Er reichte mir einen Flachmann. »Cognac.
Schütte den über dich.«
      Kurz darauf regnete es
Bindfäden, und wir fuhren durch eine Gegend, in der jedes einzelne
Haus zerstört war, ein Niemandsland, das durch
Stacheldrahtzäune vom Westen abgeschirmt war. Die Berliner Mauer
war in jenen Tagen natürlich noch nicht gebaut worden. Wir kamen
an einen rotweißen Schlagbaum, wo zwei Vopos in Regenmänteln
der Wehrmacht und mit umgehängten Gewehren standen. Ich lehnte
mich zurück und schloß die Augen.

      Konrad hielt an, und einer der
Männer, wohl der erwähnte Feldwebel, trat vor. »So
schnell schon wieder da, Konrad?« sagte er. »Wer ist denn
das da?«

      »Ein irischer Verwandter von
mir.« Konrad hielt ihm meinen irischen Paß hin.
»Sternhagelvoll.« Der Duft guten Cognacs sollte Beweis
genug sein. »Ich habe die amerikanischen Zigaretten, die du
wolltest. Marlboros. Konnte leider nur fünf Stangen
besorgen.«

      »O watte!« sagte der
Feldwebel, schleuderte den Paß regelrecht ins Auto und nahm
Konrad die Zigaretten ab. »Kannst mich mal wieder beehren.«
    Der Schlagbaum wurde hochgehoben, und wir tauchten in die grellen Lichter West-Berlins ein.
      In der Wohnung meines Onkels schenkte
Konrad sich einen Whisky ein und hielt mir die geöffnete Hand
entgegen. »Gib mir bitte den Umschlag.«

    Ich tat, wie mir geheißen. »Was ist eigentlich da drin?«
    »Sollte dich nichts angehen.«

      Ich war drauf und dran, mich
beleidigt zu fühlen und meiner Empörung Luft zu verschaffen,
sagte mir dann aber, daß er recht hatte.

      »Paß auf«, sagte
ich. »Da ist etwas, was ich dich schon die ganze Zeit fragen
wollte. Du hast gesagt, ich sei Bote des SAS. Mir wurde der Job von
einem Major Wilson erteilt, aber durch irgendeinen seltsamen

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