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Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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dem
Reisebus zurück, obwohl ich das für eher unwahrscheinlich
halte.«
      »Du bist also irgendwie mit von
der Partie«, sagte ich. »Ich, Wilson. Onkel ist nicht da,
dafür du. Was zum Teufel geht hier eigentlich vor?«

      Ich mußte plötzlich an
meinen Schreibtisch in Leeds denken, an die Tanzabende am Freitag im
Astoria und die Mädchen in ihren Baumwollkleidern dort. Warum war ich überhaupt hier?

      »Du bist wie eine Fliege im
Spinnennetz, genau wie es mir in Sachen Gestapo ergangen ist. Man hat
dich einfach da reingezogen. Alles ganz beiläufig, wie durch
Zufall, und selbstverständlich ohne die Möglichkeit, wieder
aussteigen zu können.« Er trank seinen Schnaps aus und ging
zur Tür. »Ich bin auf deiner Seite, das solltest du nicht
vergessen.« Er zog die Tür hinter sich zu – und war
verschwunden.

      Mit dem Reisebus passierte ich den
Checkpoint Charlie, alles war eitel Sonnenschein. An Bord waren
Touristen aus aller Welt. Auf der anderen Seite wurden wir von der
Grenzpolizei kontrolliert. In meinem Fall mein Touristenvisum und mein
irischer Paß. Nicht das geringste Problem.

      Später, beim Mittagessen in
einem höchst altmodischen Hotel, wiesen die Reiseführer
eindringlich darauf hin, daß im Falle, daß sich jemand auf
einer der Besichtigungstouren verlaufen sollte, er sich zum Hotel
aufmachen solle, von dem aus der Bus sich um fünf auf den
Rückweg machen würde.

    In meinem Fall bedeuteten die Anweisungen in dem
braunen Umschlag mir, mich um vier an dem verabredeten Ort einzufinden.
Ich schlug mir also zwei langweilige Stunden mit der Reisegesellschaft
um die Ohren, seilte mich dann um halb vier ab und hielt genau zur
rechten Zeit ein Taxi an.
      Die Ostdeutschen hatten zu jener Zeit
eine komische Regelung getroffen. Die christliche Kirche war erlaubt,
aber man durfte nicht gleichzeitig Kirchenmitglied und in der
kommunistischen Partei sein – man gefährdete damit ganz
offensichtlich seinen beruflichen Aufstieg. Daraus folgte, daß
die Kirchengemeinden hier relativ klein waren.

      Die Heiliggeistkirche hatte
zweifellos einmal bessere Tage gesehen. Es war hier kalt, feucht und
schäbig. Selbst Kerzen waren Mangelware. Drei alte Frauen
saßen wartend vor dem Beichtstuhl, und auf einer Bank nicht weit
von mir betete ein Mann, der einen braunen Regenmantel trug. Ich hielt
mich an meine Anweisungen und wartete. Schließlich war ich an der
Reihe und betrat den Beichtstuhl.

      Hinter dem Gitterfenster regte sich
irgend etwas. Ich sagte: »Vergeben Sie mir, Father, denn ich habe
gesündigt«, und zwar auf englisch.

    »In welcher Hinsicht, mein Sohn?«
      Ich antwortete so, wie es mir in den
Anweisungen im Umschlag vorgegeben war. »Ich bin nur als
Botschafter Gottes hier.«
    »Dann tun Sie Gottes Werk.«

      Ein Umschlag wurde unter dem
Gitterfenster durchgeschoben. Schweigen. Auf der anderen Seite wurde
das Licht ausgeschaltet. Ich nahm den Umschlag und ging.
    Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat,
bis mir auffiel, daß der Mann mit dem braunen Regenmantel mir
folgte. Der Nachmittag ging zusehends in Dunkelheit über, und es
fing an zu regnen. Ich blickte mich verzweifelt nach einem Taxi um,
vergeblich. Ich ging nun schneller, hastete von Straße zu
Straße in Richtung Spree und versuchte, mich anhand meiner
Erinnerungen aus alten Zeiten zu orientieren, aber jedesmal, wenn ich
mich an einer Ecke umdrehte, war da dieser Mann hinter mir.
      Ich bog in eine Gasse ein, die sich
plötzlich vor mir aufgetan hatte, rannte, was die Beine hergaben,
und sah dann schließlich den Fluß. Ich bog ein weiteres Mal
ab, rannte an einer Zeile verfallener Lagerhäuser entlang und
tauchte in einen Eingang. Ein paar Sekunden darauf rannte der Mann an
mir vorbei. Ich wartete – Stille, nur der prasselnde Regen
–, trat dann wieder hinaus und schlich mich bis zum Kai.
    »Halt! Stehenbleiben.«

      Der Mann, der eine Walther PPK in der linken Hand hielt, näherte sich mir.
      »Also sagen Sie mal, was in aller Welt soll das?« sagte ich auf englisch.
      Er kam näher. »Lassen Sie
den Quatsch. Wir wissen beide, daß Sie nichts Gutes im Schilde
führen. Ich beobachte dieses alte Schwein in der Kirche schon seit
Wochen.«
      Und da beging er einen
verhängnisvollen Fehler. Er trat nämlich ganz nahe an mich
heran, um mir einen Schlag ins Gesicht verpassen zu können. Ich
packte ihn am rechten Handgelenk, schlug seinen linken Arm beiseite und
hielt ihn nun an beiden Handgelenken

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