Der Flug der Adler
Flügen in Flandern begleitet, als er für das Royal Flying Corps geflogen ist. Deshalb trägt er das RFC-Abzeichen. Das Abzeichen der RAF stammt von mir. Er hat es sich redlich verdient.«
»Auf allen Flügen?« fragte Munro.
»Auf allen.«
Molly setzte Tarquin in die Tasche zurück und zog gerade den Reißverschluß zu, als Grant zurückkehrte. »Oberstleutnant Kelso hat absolut recht, Herr Brigadegeneral. Ist fraglich, ob wir heute abend starten können.«
»Ach, na ja, jetzt legen wir erst mal los.« Munro wandte sich an Harry. »Wir sehen uns in Cold Harbour.«
Der Flug verlief völlig reibungslos, aber als Harry die Hurricane zu einer perfekten Landung in Cold Harbour nach unten brachte und in Richtung der Hangars ausrollte, schob sich bereits eine Regenfront vom Meer her heran. Eine Flugbesatzung kam heraus, um ihn in Empfang zu nehmen. Sie trugen nach wie vor die Fliegermontur der Luftwaffe, diesmal jedoch mit RAF-Mützen. Er schob das Kanzeldach zurück und warf seine Taschen einem Unteroffizier zu. Als er herauskletterte, sah er wieder den Fieseler Storch, der immer noch in einer der Hallen stand.
Er rekelte sich und zündete sich eine Zigarette an, als Julie Legrande im Jeep vorfuhr. »Hallo. Springen Sie schnell rein«, sagte sie, gerade als die ersten Regentropfen fielen. »Sieht nicht gut aus, was den Einsatz betrifft, oder?«
»Lausiger Wetterbericht.«
»Die weiteren Aussichten waren aber gut.«
»Vielleicht schlägt's später ja noch um. Wie geht's Ihnen eigentlich?«
»Gut. Wie ich höre, sind die Amis hinter Ihnen her.«
»So wurde mir gesagt.« Er machte den Eindruck, als würde ihm das völlig schnuppe sein.
»Sie sind ganz schön stur, was?«
»Nun ja, ein Dickschädel halt, wie man hier wohl sagt.« Sie bog in die Dorfstraße ein. »Wohin fahren wir?«
»Sie können auch noch später mit Ihren Sachen ins Gutshaus. Die Lysander wird frühestens in einer Stunde hier eintreffen. Hab ich gerade gehört. Ich werde im Pub gebraucht. Mittagessen für die Jungs vom Rettungsboot, und ich bin sicher, daß Sie ebenfalls etwas zu essen nötig haben.«
»Soll mir recht sein. Wie geht's denn so mit der Bootsbesatzung? Hab gedacht, daß sämtliche Einwohner rausgeworfen wurden?«
»Waren sie auch, aber die Dinge haben sich geändert. Ist immer noch alles streng geheim, aber die Besatzungsmitglieder wohnen in den kleinen Häuschen dort, und ihre Familien wurden hier in der Gegend untergebracht. Bauernhöfe, Dörfer und so was. Die Männer wechseln sich turnusmäßig ab, um ihre Familien an den Woche nenden zu besuchen.«
»Tun sich da nicht Sicherheitslücken auf?«
»Sie kennen offensichtlich die Lebensretter nicht. Die sind wahrscheinlich die diszipliniertesten Männer, die es gibt. Normalerweise handelt es sich bei so einem um einen unbezahlten Freiwilligen. In unserem Fall werden sie aber bezahlt, da sie ihrem gewöhnlichen Beruf momentan nicht nachgehen können.«
Sie fuhr vor dem Hanged Man vor. Harry stieg aus und sah
sich das Schild an. »Hübsch. Eine Tarot-Figur. Woher haben sie das?«
»Selbstgemalt.«
»Ist Tarot ein Hobby von Ihnen?«
»Tarot ist kein Hobby, Herr Oberstleutnant.«
»Vielleicht können Sie mir ja mal ein Spiel deuten«, sagte Harry und warf seine Fliegerjacke in den Jeep.
»Geht nicht. Dazu weiß ich zuviel über Sie«, sagte sie. Sie wandte sich ab und ging hinein. Harry folgte ihr.
Im offenen Kamin brannten einige Holzscheite. Von den acht anwesenden Männern spielten vier Karten, einer saß beim Feuer und las Zeitung und die übrigen standen an der Theke und tranken Bier.
»Na endlich, Julie, wir sterben schon vor Hunger«, rief einer der Männer.
»Immer mit der Ruhe. Ich hab vorhin alles vorbereitet. Der Auflauf ist schon im Ofen, dazu gibt's Kartoffeln und Kohl. Zufrieden?«
Der Mann mit der Zeitung rief: »Du läßt Julie schön in Ruhe, sonst setzt es was.« Die restlichen Besatzungsmitglieder lachten alle.
»Gibt ihm nur richtig Bescheid, Zec, so ist's richtig«, sagte jemand.
Sie blickten Harry alle neugierig an. Julie führte ihn zum Kamin. »Zec Acland, der Bootsführer.«
Acland war fünfunddreißig, ein äußerst gutaussehender Mann, voller Energie, mit gegerbtem Seemannsgesicht. Er könnte seine Herkunft nicht verleugnen: ein Fischerssohn, dem das Meer ein zweites Zuhause war.
»Darf ich vorstellen: Oberstleutnant Harry Kelso«, sagte
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