Der Flug der Aurora – Die Frontier-Saga (1): Die Frontier-Saga 1 (German Edition)

schaute aufgrund der Reaktion ihres Piloten eher besorgt drein.
    »Im Rahmen des Vernünftigen, versteht sich«, setzte der Captain hinzu.
    »Halbe Lichtgeschwindigkeit«, flüsterte Nathan Cameron zu, die widerwillig bestätigte.
    »Ich empfehle halbe Lichtgeschwindigkeit, Sir«, sagte Cameron. »In Anbetracht der momentanen Position des Planeten werden wir in ungefähr achtundsiebzig Minuten dort sein.«
    »Ein bisschen viel für den Jungfernflug«, meinte der Captain und rutschte unruhig auf seinem Sitz. »Aber wir sollen schließlich den neuen Antrieb erproben, also bleibt es dabei. Aber lassen Sie’s bitte langsam angehen. Denken Sie daran, unsere Inertialdämpfer wurden noch nicht getestet, und das Schiff ist voller Frischlinge ohne Weltraumerfahrung.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Nathan. »Ich beschleunige hübsch langsam.«
    »Starthöhe wird in einer Minute erreicht«, meldete Cameron.
    Captain Roberts drückte eine Taste an der Com-Konsole und wandte sich an die Besatzung. »An alle, hier spricht der Captain. Vorbereiten auf Beschleunigung in einer Minute.« Er schaltete die Verbindung auf den Maschinenraum um. »Leitender, wir wollen das Schiff auf halbe Lichtgeschwindigkeit bringen. Geben Sie Bescheid, falls es dort unten irgendwelche Probleme gibt?«
    »Ja, Sir, aber ich rechne nicht mit Schwierigkeiten«, lautete die verrauschte Antwort.
    Nathan stellte sich vor, wie Wladimir aufgeregt die fünfminütige Beschleunigungskurve programmierte, die das Schiff in knapp fünfzehn Minuten auf halbe Lichtgeschwindigkeit bringen würde. In Anbetracht der Möglichkeiten des Schiffes war dies eine moderate Beschleunigung, doch der Captain hatte einen triftigen Grund genannt, den Nathan nicht bedacht hatte.
    »Starthöhe erreicht. Bereit zum Verlassen des Orbits«, meldete Cameron.
    »Ausgezeichnet. Dann bringen Sie uns aus dem Orbit und fliegen Sie zum Jupiter. Halbe Lichtgeschwindigkeit, Lieutenant.«
    Cameron drückte eine Taste an ihrer Konsole, die den Schiffsstatus auf Gelb änderte.
    Während sie die letzte Beschleunigungswarnung durchgab, wechselten die Statusleuchten auf den Fluren und in den Sektoren von Grün auf Gelb. Wer stand, suchte sich einen Sitzplatz und blickte zum Bug. Wer sich nicht setzen konnte, lehnte sich an eine zum Heck weisende Wand. War auch keine Wand in der Nähe, hielt man sich irgendwo fest. Die Inertialdämpfer waren ein neues Feature der Flottenraumschiffe, doch bislang hatten sie die Bewährungsprobe in der Praxis noch nicht bestanden. Und die neuen Besatzungsmitglieder wollten auf keinen Fall beim ersten Beschleunigungsmanöver auf den Hintern fallen.
    »Verlasse Orbit«, meldete Nathan, als Cameron die Warnung durchgegeben hatte. Er löste die Beschleunigungssequenz aus, die er gerade eben einprogrammiert hatte. »Auf Kurs zum Jupiter. Beginne Beschleunigungssequenz.«
    Alle Besatzungsmitglieder auf der Brücke, die nicht nach vorn blickten, unterbrachen ihre Tätigkeit und wandten ihren Sitz dem Hauptmonitor zu, als das Schiff zu beschleunigen begann. Die Erdsichel, die den unteren Rand des Monitors eingenommen hatte, wanderte plötzlich aus dem Sichtfeld heraus, als das Schiff den Orbit verließ und Kurs auf Jupiter nahm.
    Ob es nun an der sanften Beschleunigungskurve lag oder an den neuen Inertialdämpfern, jedenfalls war von der Beschleunigung kaum etwas zu merken. Eigentlich war es ein wenig enttäuschend, und Nathan fragte sich unwillkürlich, ob die Dämpfer auch dann noch so wirkungsvoll wären, wenn er richtig Gas geben würde.
    Fünfzehn Minuten später hatten sie halbe Lichtgeschwindigkeit erreicht, und Nathan schaltete die Triebwerke ab. In etwa einer Stunde würde er mit der Verzögerung beginnen müssen, damit sie in eine Umlaufbahn um den Jupiter einschwenken konnten. Cameron würde ihm natürlich Bescheid geben, wann er wie viel Schub geben musste, doch der Rest der Besatzung würde davon vermutlich nichts mitbekommen.
    »Halbe Lichtgeschwindigkeit erreicht, Captain. Kurs auf Jupiter.«
    »Verstanden«, sagte der Captain und erhob sich. »Erster, Sie kommen mit«, sagte er und wandte sich zum Bereitschaftsraum am achterlichen Ende der Brücke. »Sie führen das Schiff, Lieutenant.«
    Cameron verdrehte die Augen, als sie Nathans breites Grinsen sah.
    Die Verzögerung bei der Annäherung an den Jupiter verlief dank Camerons präzisen Navigationsberechnungen wie geplant. In wenigen Minuten würde die Aurora von der Gravitationssenke des Jupiters eingefangen werden und