Der Flug der Aurora – Die Frontier-Saga (1): Die Frontier-Saga 1 (German Edition)
Tücher, der Boden war mit Blutflecken übersät. Dort, wo man die Schwerverletzten behandelte, waren sogar Blutspritzer an den Wänden. Diejenigen, die nicht mit der Versorgung der Patienten beschäftigt waren, versuchten aufzuräumen, so gut es ging. Nathan bemerkte, dass einer der Wissenschaftler aus Doktor Sorensons Team, der auch schon auf dem Flur geholfen hatte, die medizinischen Helfer begleitete und die Behandlung der Patienten auf einem Datenpad dokumentierte. Nathan hatte ein gutes Gefühl, was die Menschen an Bord betraf. Als alles in die Brüche ging, waren sie zusammengerückt und versuchten nun, als Team zu überleben. Unwillkürlich fragte er sich, ob die Menschen auf der Erde sich ähnlich verhalten würden, sollten sie von den Yung angegriffen werden.
Als Nathan durchs Behandlungszimmer schritt, fühlte er die Blicke seiner Bordkameraden auf sich ruhen. Zunächst war es ihm peinlich, da er nicht verstand, weshalb sie ihn ansahen. Dann begriff er, dass sie ihn anstarrten, weil er die Rangabzeichen trug, die Captain Roberts ihm in diesem Raum übertragen hatte, kurz bevor er seinen Verletzungen erlegen war. Jetzt waren sie nicht mehr seine Kameraden. Sie waren seine Crew. Und sie erwarteten von ihm, dass er sie aus dieser schrecklichen Lage herausholte und wieder nach Hause brachte. Nathan wurde wieder schummrig vor Augen, und er versuchte, unauffällig schneller zu gehen. Kam seine Übelkeit von dem vielen Blut? Oder lag es an der Bürde der Verantwortung, die ihm auf einmal bewusst geworden war? Er konnte nicht mehr klar denken und wandte sich zu dem Nebenraum, in dem er vor einer Stunde sein Frühstück ausgewürgt hatte. Dort würde ihn wenigstens niemand anstarren.
Er beugte sich über das Waschbecken. Zum Glück hatte er nichts mehr im Magen, was er hätte auswürgen können, doch er fühlte sich benommen und es widerstrebte ihm, wieder nach draußen zu gehen und all die Blicke auf sich zu ziehen. Vor gerade mal drei Wochen hatte er die Akademie abgeschlossen. Seine Noten bei den Kommando-Simulationen waren gerade noch ausreichend gewesen. Den Pilotenposten auf der Aurora hatte er vor allem seinem angeborenen Fluginstinkt zu verdanken. Und natürlich Captain Roberts, der aus irgendeinem Grund Potenzial in ihm gesehen hatte. Aber vielleicht hat Captain Roberts sich ja geirrt.
»Ich bin ein schöner Captain«, murmelte er.
»Wie bitte?«
Nathan drehte sich um. In der Ecke saß Doktor Chen, am selben Platz wie bei ihrer letzten Begegnung.
»Doktor Chen, wir sollten mit diesen Treffen aufhören«, scherzte Nathan. »Das gibt sonst noch Gerede.« Er bedachte sie mit seinem Schuljungenlächeln, doch diesmal war es etwas weniger charmant und etwas gezwungener als zuvor.
»Sie haben sich also endlich entschlossen, Ihr Bein behandeln zu lassen?«
»Ja, kann man so sagen.«
»Hüpfen Sie auf den Tisch«, sagte sie, erhob sich vom Hocker und kam zu ihm herüber. »Lassen Sie mal sehen.«
Nathan beförderte sich mithilfe seines unversehrten Beins und beider Arme auf den Tisch und drehte sich ein wenig, damit sie problemlos an seine verletzte linke Wade herankam. Doktor Chen machte einen etwas saubereren Eindruck als zuvor. Sie hatte den blutbeschmierten Arztkittel gegen einen frischen Chirurgenkittel getauscht, allerdings wirkte sie noch immer erschöpft.
»Mir ist aufgefallen, dass Sie weniger Patienten haben«, sagte Nathan, als sie sein Bein untersuchte.
»Ja, einige haben es nicht geschafft.« Sie schaute zu ihm hoch. Seiner schuldbewussten Miene war zu entnehmen, dass er diese Möglichkeit nicht bedacht hatte. »Entschuldigung. Das war eine dumme Bemerkung.« Geschickt schnitt sie seine zerrissene Hose auf und legte die Wunde frei. Nathan konnte sich denken, dass sie dies heute schon oft getan hatte. »Genau genommen haben es viele nicht geschafft«, fuhr sie fort. »Ich habe die Verletzten zur Erholung auf ihr Quartier geschickt. Einige der Marines, die überlebt haben, verfügen über eine Sanitätsausbildung, die behalten die Patienten im Auge. Wenn Sie Hilfe benötigen, können sie mich über die MedKanäle der Com-Anlage erreichen.«
»Eine gute Idee, Doc.«
»Aber die stammt nicht von mir«, entgegnete sie und legte den Verband an, während die Bindemittel bereits ihre Wirkung taten. »Das entspricht dem üblichen Katastrophenmanagement. Habe ich alles bei meinem Praktikum gelernt. Auch Betten freimachen für die schweren Fälle.«
»Gibt es Neuigkeiten zu Doktor Thomas?«
»Wird
Weitere Kostenlose Bücher